Aufstockung des Pflegepersonals in Kliniken empfohlen
Zeit:
Mittwoch, 25. November 2020,
15.30
bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Reichstagsgebäude, Sitzungssaal 2 M 001
Gesundheitsexperten empfehlen eine Aufstockung des Personals in der Krankenhauspflege. Die jetzige Personallage sei unzureichend, die eingeführten Personaluntergrenzen bildeten den Bedarf nicht realistisch ab, erklärten Sachverständige anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses unter Leitung von Erwin Rüddel (CDU/CSU) am Mittwoch, 25. November 2020, über einen Antrag der Linksfraktion. Die Experten äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.
Antrag der Linken
Der Paradigmenwechsel in der Krankenhausfinanzierung, der mit der Herauslösung der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen eingeleitet worden sei, müsse mit der Einführung einer bedarfsgerechten Personalbemessung fortgesetzt werden, heißt es in dem Antrag der Linken.
Die Abgeordneten fordern konkret die Einführung des neuen Instruments zur Bemessung des Pflegepersonalbedarfs in Krankenhäusern (PPR 2.0). Es sei von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Deutschen Pflegerat (DPR) gemeinsam entwickelt und erprobt worden und stelle einen erheblichen Fortschritt zu den bisherigen Regelungen dar.
„Einführung zum Jahresbeginn 2021 ermöglichen“
Die Einführung der PPR 2.0 sollte zum Jahresbeginn 2021 ermöglicht werden. Die vollständige Refinanzierung der Pflegepersonalkosten müsse dabei sichergestellt werden.
Zudem sollten die maßgeblichen Akteure beauftragt werden, Instrumente zur Personalbemessung für die Intensivmedizin und Pädiatrie zu entwickeln. Ferner müsse sichergestellt werden, dass die Pflegepersonaluntergrenzen in der Intensivmedizin erst aufgehoben würden, sobald sie durch das Personalbemessungsinstrument ersetzt werden könnten.
„Individuellen Pflegebedarf in den Fokus zu rücken“
Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd), der nach eigenen Angaben die Interessen von 266 Kliniken mit mehr als 67.000 Pflegevollzeitkräften vertritt, mahnte Änderungen an. Schon vor der Pandemie habe sich gezeigt, dass die Personaluntergrenzen nicht zu den erhofften Verbesserungen führten. Es komme im Gegenteil zu Mehrarbeit und mehr Bürokratie. Wichtig sei, den individuellen Pflegebedarf der Patienten in den Fokus zu rücken.
Starre Vorgaben seien nicht geeignet zur Verbesserung der angespannten Pflegesituation. Mit der PPR 2.0 lasse sich der Pflegeaufwand passgenau ermitteln, zudem sei die Anwendung einfach und schnell zu lernen. Klar sei aber auch, dass mehr Pflegekräfte benötigt würden und die vollständige Refinanzierung der Pflegepersonalkosten gewährleistet sein müsse.
„Bedarf von 80.000 zusätzlichen Pflegekräften“
Verdi sprach von einem Personalnotstand, der die Sicherheit der Patienten und die Gesundheit der Beschäftigten gefährde. Die enorme Arbeitsverdichtung treibe viele Beschäftigte aus ihrem Beruf oder in die Teilzeit. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, sei in den Kliniken mehr Personal erforderlich. Über einen Belastungscheck sei ein Bedarf von 80.000 zusätzlichen Pflegekräften ermittelt worden, die für eine gute Versorgung nötig seien.
Das System breche nur deshalb nicht zusammen, weil die Beschäftigten regelmäßig über ihre Grenzen gingen. Die PPR 2.0 sei in der Bedienung einfach, selbsterklärend und bürokratiearm.
Kritik an der PPR 2.0
Skeptisch reagierte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der freilich auch anerkannte, dass sich die Arbeitssituation der Pflegekräfte in den Krankenhäusern und damit auch die Versorgung der Patienten verbessern sollte. Das Anliegen, eine moderne Pflegepersonalbedarfsermittlung zu entwickeln, werde unterstützt.
Die Pflegeprozessdokumentation müsse so standardisiert und digitalisiert werden, dass daraus der Pflegepersonalbedarf automatisch ermittelt werden könne. Die PPR 2.0 erfülle diese Kriterien nicht. Sie definiere auch kein Mindestversorgungsniveau und könne daher die Pflegepersonaluntergrenzen nicht ersetzen. (pk/25.11.2020)