Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 25. April 2024, über eine Reihe von Vorlagen entschieden:

Generalshotel: Gegen das Votum der Antragsteller lehnte das Parlament eine Vorlage der AfD-Fraktion ab, in dem sich diese gegen den Abriss des sogenannten Generalshotels auf dem Gelände des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) aussprach (20/8422). Die Fraktion forderte die Bundesregierung auf, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung anzuweisen, den Abriss unverzüglich zu stoppen und ein Moratorium von zwei Jahren zu verfügen. Zudem müsste ein neues Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden, um das Gebäude dauerhaft als historisches Denkmal und Lernort zu erhalten, und eine Million Euro im Haushalt für die Erhaltung der Bausubstanz bereitgestellt werden. Die AfD verwies darauf, dass das 1950 fertiggestellte Generalshotel ab 1996 als Denkmal geschützt worden sei. Das Bauwerk verkörpere die frühe Ostmoderne auf dem Staatsgebiet der DDR. Der Abriss des Generalshotels sei 2011 gegen das Votum der Landesdenkmalpflege im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens beschlossen worden, da an dem Ort ein separates Flughafengebäude für die Bundesregierung entstehen sollte. Wegen der geänderten Zweckbestimmung, sprich der Unterbringung der Flugbereitschaft der Bundesregierung, könnte sich eine neue Rechtslage ergeben haben, die eine erneute Prüfung der Zulässigkeit des Abrisses notwendig mache. Zur Abstimmung lag den Abgeordneten eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien vor (20/8983). 

Antisemitismus: Ebenfalls mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Antisemitismus durch Zuwanderung klar benennen und effektiv bekämpfen Unterstützer von antisemitischem Terrorismus ausweisen“ (20/9151) ab. Der Ausschuss für Inneres und Heimat hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/9795) vorgelegt. In dem Antrag wurde die Bundesregierung aufgefordert, den „importierten Antisemitismus“ als „ernstzunehmende wachsende Bedrohung für unser gesamtes westliches Wertesystem“ dringend prioritär zu bekämpfen. Zugleich drang die Fraktion darauf, „Mitglieder der Hamas sowie der Hisbollah und ihre Unterstützer“ innerhalb des rechtlichen Rahmens neben einer gegebenenfalls durchzuführenden strafrechtlichen Verfolgung unverzüglich auszuweisen. Auch sollte die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion dafür Sorge tragen, dass Finanzströme aus Deutschland zur Terrorismusfinanzierung in palästinensische Gebiete effektiv aufgeklärt sowie schnellstmöglich unterbunden werden. Ferner sollten Bund und Länder dem Antrag zufolge die Islamverbände und islamischen Gemeinden in Deutschland auffordern, „eigeninitiativ Basisarbeit in Form von Programmen und Veranstaltungen gegen Antisemitismus und im Speziellen gegen israelbezogenem Antisemitismus durchzuführen“. Des Weiteren plädierte die Fraktion dafür, dass die zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörden bei der Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen durch vertiefte Befragungen sicherstellen, „dass keine Personen mit antisemitischen oder antiisraelischen Einstellungen im Sinne einer Verneinung des grundsätzlichen Existenzrechts Israels die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können“. Diese Ausschlusskriterien sollten ausdrücklich im Staatsangehörigkeitsgesetz verankert werden. „Zudem ist eine Gesetzesänderung am Maßstab des Grundgesetzes zu prüfen und gegebenenfalls zeitnah umzusetzen, durch die Personen mit ausländischer und deutscher Staatsangehörigkeit Letztere verlieren sollen, wenn diese nachweislich antisemitische Handlungen oder Äußerungen in Deutschland vorgenommen haben, die die Öffentliche Sicherheit und Ordnung in schwerwiegender Weise konkret gefährden“. Darüber hinaus forderte die Fraktion die Bundesregierung unter anderem dazu auf, die „illegale Massenmigration“ zu beenden und „somit einer weiteren Ausbreitung von importiertem Antisemitismus entschlossen entgegenzuwirken“.

8. Mai: Keine Mehrheit fand auch die Forderung der Gruppe Die Linke, den 8. Mai „als Tag der Befreiung“ zum gesetzlichen Gedenktag zu machen. Einen Antrag (20/10743), in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um dem 8. Mai den Status eines solchen Gedenktages zu verleihen, wies das Parlament gegen das Votum der Gruppe Die Linke zurück. In der Begründung verwies die Gruppe darauf, dass der Tag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 für Millionen Menschen ein Tag der Hoffnung und Zuversicht gewesen sei. Bis heute werde indes seine Bedeutung als „Tag der Befreiung“ nicht allgemein anerkannt. Auch diese Unterschiedlichkeit der Bewertung biete die Chance, „einen lebendigen Gedenktag zu etablieren, der sich nicht in Symbolen und Ritualen erschöpft, sondern zu streitbaren öffentlichen Diskussionen Anlass gibt“. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen der NS-Vergangenheit mehr berichten können, sei die „Etablierung eines die gesellschaftspolitische Diskussion anregenden Gedenktages von besonderer Bedeutung“.

Petitionen: Das Parlament stimmte darüber hinaus zehn Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 557 bis 566 (20/11007, 20/11008, 20/11009, 20/11010, 20/11011, 20/11012, 20/11013, 20/11014, 20/11015, 20/11016).

Bildungs- und Teilhabepaket auch für Über-25-Jährige

Darunter befand sich auch eine Petition mit der Forderung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe gemäß Paragraf 28 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) altersunabhängig beantragen zu dürfen. Derzeit können Leistungen aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder, maximal aber für bis zu 25-jährige Schülerinnen und Schüler beantragt werden. 

Zur Begründung der öffentlichen Petition (ID 127736) wird unter anderem darauf verwiesen, dass vor dem Gesetz alle Menschen gleich seien. Deshalb sollten aus Sicht der Petentin auch arbeitslose Menschen jenseits ihres 25. Geburtstages die Möglichkeit der sozialen und kulturellen Teilhabe sowie der Bildung haben. Dies würde ihrer Auffassung nach nicht nur der Gesunderhaltung dienen, sondern auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch die gewonnenen Kompetenzen und Kontakte steigern.

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 10. April verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sah nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales „als Material“ zu überweisen, „soweit es um eine zusätzliche Förderung der sozialen und kulturellen Teilhabe auch für Volljährige im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geht“, und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition mit der erwähnten Einschränkung „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen

Der Petitionsausschuss wies in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung darauf hin, dass insbesondere die Leistungen zur Deckung der Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft unmittelbar dazu dienten, den Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu erfüllen. Durch gesonderte Berücksichtigung des Bedarfs solle insbesondere die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen hergestellt werden. Für Minderjährige im Leistungsbezug sei es deshalb von besonderer Bedeutung, „dass sie nicht ausgegrenzt werden, sondern mit Gleichaltrigen mithalten und auch mitmachen können“. 

Die Bedarfe für Teilhabe schafften die finanziellen Voraussetzungen für eine Integration von Kindern und Jugendlichen in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen, um dadurch den Kontakt mit Gleichaltrigen zu intensivieren. Die so ermöglichte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft stärke das Selbstbewusstsein der Kinder und Jugendlichen und trage dazu bei, „dass sie zu starken Persönlichkeiten reifen“, heißt es in der Vorlage. Diese Zielsetzung begründe die aktuelle Begrenzung der Bedarfe für Teilhabe auf Minderjährige. 

Für Erwachsene gilt das Budgetprinzip

Für die soziale Teilhabe werden laut Petitionsausschuss – für hilfebedürftige Minderjährige, ebenso wie für hilfebedürftige Erwachsene – Aufwendungen für Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben sowie persönliche Weiterbildung für die Höhe des Regelbedarfs berücksichtigt. Der Unterschied zwischen Minderjährigen und Erwachsenen hinsichtlich der sozialen Teilhabe liege allein darin, dass es für Erwachsene keine zusätzliche Förderung der Teilhabe gebe. 

Für sie gelte das Budgetprinzip, wonach der Regelbedarf einen monatlichen Pauschalbetrag darstellt, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich zu entscheiden haben. Gleichwohl spricht sich der Ausschuss für eine zusätzliche Förderung der sozialen und kulturellen Teilhabe auch für volljährige Bürgergeldempfänger aus. (hau/eis/25.04.2024)

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