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Ausschüsse

Geplante Reform des Körperschaft­steuerrechts bleibt umstritten

Zwei Mini-Figuren stehen auf einem Steuerformular.

Die Sachverständigen äußerten sich zur geplanten Modernisierung der Körperschaftsteuer. (© picture alliance/Bildagentur-online/Schöning | Bildagentur-online/Schöning)

Zeit: Montag, 3. Mai 2021, 13.30 bis 15 Uhr
Ort: Berlin

Ein geteiltes Echo der Sachverständigen fand der Gesetzentwurf zur Reform des Körperschaftsteuerrechts der Bundesregierung (19/28656) am Montag, 3. Mai 2021, in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung von Katja Hessel (FDP). Während einige Experten das geplante Optionsmodell als Schritt zu gleicher Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften ausdrücklich lobten, kritisierte unter anderem die Deutsche Steuer-Gewerkschaft das Vorhaben als zu kompliziert.

Zur Stellungnahme standen daneben drei Anträge der FDP-Fraktion zur Unternehmensbesteuerung mit den Titeln „Gestärkt aus der Krise hervorgehen – Gewerbesteuer reformieren“ (19/28770), „Thesaurierungsbegünstigung modernisieren“ (19/28766) und „Niedrigbesteuerungsgrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung auf international wettbewerbsfähiges Niveau absenken“ (19/27818).

Geplante Gesetzesänderungen

Kern des Gesetzes ist die Einführung eines Optionsmodells: Personengesellschaften sollen künftig ein Wahlrecht haben, sich der Körperschaftsteuer anstelle der Einkommensteuer zu unterwerfen. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der vielen international tätigen Familienunternehmen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft oder offenen Handelsgesellschaft.

Bislang werden Personengesellschaften bei der Einbehaltung von Gewinnen (Thesaurierung) steuerlich häufig benachteiligt. Nach Ansicht der Regierung sind die Regelungen – gegenüber denen für Kapitalgesellschaften – zu kompliziert. Hier soll das Optionsmodell ansetzen.

Auch das Umwandlungsrecht soll modernisiert werden. Es ermöglicht nationalen und multinationalen Unternehmen, ihre Struktur steuerneutral an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Außerdem soll der Bürokratieaufwand bei der steuerbilanziellen Behandlung von organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen verringert werden.

„Schritt hin zu einer rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung“

Für den Gesetzentwurf sprach sich Prof. Dr. Joachim Schiffers von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen aus. Die Option sei ausdrücklich zu befürworten. Sie sei ein wesentlicher Schritt hin zu einer rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung. Die aktuell vergleichsweise hoch belasteten Personengesellschaften erhielten die Möglichkeit, die gleiche Belastung wie die von Kapitalgesellschaften zu erreichen.

Positiv sei, dass kein neues Besteuerungssystem geschaffen, sondern das bestehende System der Kapitalgesellschaften für bestimmte Personengesellschaften nutzbar gemacht würde. Nachteile für thesaurierende Personengesellschaften würden abgebaut.

„Vorschrift der Thesaurierungsbegünstigung ändern“

Auch Daniela Kelm vom Institut der Wirtschaftsprüfer bewertete das Optionsmodell positiv. Dadurch könnten potenzielle Nachteile der Personengesellschaftsbesteuerung im Einzelfall beseitigt werden. Vor allem Nachteile deutscher Personengesellschaften im internationalen Bereich könnten gemindert und ihre Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden.

Sie empfahl für Personengesellschaften, für die eine Option nicht infrage kommt, die Vorschrift der Thesaurierungsbegünstigung (Paragraf 34a des Einkommensteuergesetzes) zu ändern. Der Anwendungsbereich müsse zielgerichteter und praxisgerechter sein.

Neuordnung des Unternehmensteuerrechts empfohlen

Dagegen bestehen für Prof. Dr. Johanna Hey von der Universität zu Köln Zweifel, ob das vorgeschlagene Optionsmodell attraktiv ist. Es stehe in Konkurrenz zur Thesaurierungsbegünstigung. Der Gesetzentwurf gebe keine Antwort auf die bestehenden Defizite bei diesem Weg.

Hey empfahl eine grundlegende Neuordnung der Strukturen des Unternehmensteuerrechts, die auch eine Reform der Gewerbesteuer beinhalten sollte. Das sei ein großes Vorhaben, das nicht in aller Schnelle geklärt werden könne.

„Gezahlte Ertragsteuern nicht als Gewinnentnahme deklarieren“

Kritisch bewertete auch Monika Wünnemann vom Bundesverband der Deutschen Industrie den Gesetzentwurf. Sie kritisierte unter anderem die Eile, mit der das Modell umgesetzt werden soll. Negativ bewertete sie auch, dass die Einführung einer Option allein für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften viele Unternehmen vor allem des Mittelstands außen vor lasse – Einzelunternehmen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts. Dafür gebe es keine Gründe.

Zudem empfahl sie eine Verbesserung der Thesaurierungsrücklage. Die Rücklage würde derzeit nur von 6.000 Unternehmen genutzt. Die praktische Anwendbarkeit müsste erhöht werden. Sie empfahl dazu unter anderem, die von den Betrieben gezahlten Ertragsteuern nicht als Gewinnentnahme zu deklarieren. Die geplante Einlagelösung bei Mehr- und Minderabführungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft bewertete sie besonders negativ. Sie könnte zu hohen Belastungen für Unternehmen führen und stelle keine Vereinfachung dar.

„Thesaurierungsbesteuerung weiterentwickeln“

Nach Einschätzung von Carsten Rothbart vom Zentralverband des Deutschen Handwerks würden nicht sehr viele kleine und mittlere Unternehmen des Handwerks von der Option Gebrauch machen.

Das Körperschaftsteuersystem sei für diese möglicherweise zu aufwendig. Er plädierte dafür, die Thesaurierungsbesteuerung weiterzuentwickeln, dies sei ein bewährtes Instrument.

„Beschäftigungsprogramm für Steuerberater“

Prof. Dr. Lorenz J. Jarass von der Hochschule RheinMain Wiesbaden bezeichnete die geplante Körperschaftsteueroption als „Beschäftigungsprogramm für Steuerberater“, sie sei viel zu kompliziert.

Aus seiner Sicht sollte der Paragraf 34a des Einkommensteuergesetzes reformiert werden: Auf den thesaurierten Gewinn solle die Personengesellschaft Gewerbesteuer bezahlen und zusätzlich ohne Anrechnung der gezahlten Gewerbesteuer pauschal 15 Prozent Einkommensteuer, die aber nicht als Ausschüttung gelten soll. Die Reform erfordere keine Systemänderung wie der Gesetzentwurf der Bundesregierung.

„Entwurf verkompliziert die Rechtsmaterie“

Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft kritisierte die geplante Option ebenfalls deutlich. Der Entwurf verkompliziere die Rechtsmaterie und sei rudimentär. Absehbar seien zahlreiche nötigen Anwendungsschreiben. Zudem sei das Optionsmodell nicht nötig, mit dem Paragrafen 34a gebe es bereits ein wirkungsvolles Instrument.

Besonders folgende Punkte hob er hervor: Die Vorlaufzeit sei zu kurz, die Verwaltung müsse sich vorbereiten können, die Einführung müsse um mindestens ein Jahr verschoben werden. Zudem sei im Entwurf die Anwendung der Option ohne Frist vorgesehen, was zu erheblichen Problemen in der Finanzverwaltung führen werde. Auch die Form des Antrags sei bislang völlig offen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetzentwurf (19/28656) die Körperschaftsteuer ändern. Personengesellschaften sollen künftig ein Wahlrecht haben, sich der Körperschaftsteuer anstelle der Einkommensteuer zu unterwerfen. Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften können sich damit wie eine Kapitalgesellschaft besteuern lassen.

Auch das Umwandlungsrecht soll modernisiert werden. Dieses ermöglicht es nationalen und multinationalen Unternehmen, ihre Struktur steuerneutral an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Der Anwendungsbereich sei jedoch bislang auf den Europäischen Wirtschaftsraum begrenzt. Dies sei angesichts fortschreitender Globalisierung nicht mehr zeitgemäß, begründet die Bundesregierung die Änderung.

Weiteres Ziel des Gesetzes ist, den Bürokratieaufwand bei der steuerbilanziellen Behandlung von organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen zu verringern. Auch Unwuchten bei der steuerlichen Behandlung von Währungskursgewinnen und -verlusten bei Gesellschafterdarlehen sollen beseitigt werden. Die Bundesregierung geht von Steuermindereinnahmen in Höhe von jährlich 470 Millionen Euro aus.

Erster Antrag der FDP

Die FDP-Fraktion in ihrem ersten Antrag (19/28770) eine Reform der Gewerbesteuer. Die Abgeordneten verlangen, die Gewerbesteuer langfristig abzuschaffen und durch einen kommunalen Zuschlag auf das Hebesatzrecht auf die Körperschaftsteuer sowie auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer zu ersetzen.

Kurzfristig sollen gewerbesteuerliche Hinzurechnungstatbestände abgeschafft werden und die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe abziehbar sein. Zudem soll die Bundesregierung prüfen, wie ein gewerbesteuerlicher Verlustrücktrag umgesetzt werden kann.

Zweiter Antrag der FDP

Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem zweiten Antrag (19/28766) auf, die sogenannte Thesaurierungsbegünstigung zu modernisieren, um mittelständische Unternehmen zu stärken. So sei der Steuersatz für die thesaurierten Gewinne des Paragrafen 34a Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes so anzupassen, dass eine Gleichbehandlung mit Körperschaften gegeben ist.

Ertragsteuern seien in die Begünstigungsfähigkeit einzubeziehen, statt sie als Entnahme zu behandeln, verlangen die Liberalen. Der feste Satz der Nachversteuerung des Paragrafen 34a Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes solle durch die Möglichkeit der Regelbesteuerung im Teileinkünfteverfahren auf Antrag eingeführt werden.

Dritter Antrag der FDP

Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem dritten Antrag (19/27818) auf, das Außensteuergesetz zu ändern und die Niedrigbesteuerungsgrenze auf 15 Prozent abzusenken. Außerdem solle die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Niedrigbesteuerungsgrenze alle drei Jahre überprüft und die Ergebnisse in einem Prüfbericht veröffentlicht werden.

Die Fraktion führt an, die Niedrigbesteuerungsgrenze von derzeit 25 Prozent entspreche nicht mehr dem globalen Wettbewerb. (ab/04.05.2021)

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