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Parlament

Streit um Wohnungsversorgung

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Die Immobilien- und Wohnungswirtschaft in Deutschland stand zu Beginn der Plenarsitzung am Donnerstag, 25. Februar 2010, im Zentrum einer rund einstündigen Debatte. Während nahezu alle Redner die große Bedeutung der Immobilienbranche für die gesamte deutsche Volkswirtschaft betonten, waren sich Koalitions- und Oppositionsfraktionen uneins in der Beurteilung der Wohnungsversorgung. Der vom Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer (CSU), vorgelegte Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland (16/13325) hatte diese als „gut“ bezeichnet. Dies sahen die Redner von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen anders: Gerade in Ballungsgebieten und Studentenstädten sei „bezahlbarer“ Wohnraum knapp. Der Bericht blende dies jedoch völlig aus, so die Kritik.

„Solidität statt Spekulation“

Ramsauer hatte zunächst die „herausragende Rolle“ der Bau- und Immobilienbranche gelobt: Diese sei so groß wie das „gesamte Gesundheitswesen“, so der Minister, aber hauptsächlich mittelständisch geprägt. Das habe sich in der Finanz- und Wirtschaftskrise als „stabilisierendes Element“ erwiesen. „Bei uns gab es keine spekulationsgetriebene Blase“, sagte Ramsauer. Grund dafür sei die „Stabilitätskultur“, die er mit den Worten „Solidität statt Spekulation“ umschrieb.

Den demografischen Wandel bezeichnete der CSU-Politiker als besondere Herausforderung für die Immobilienwirtschaft: „Mit altersgerechtem Bau und Umbau müssen wir es den Menschen ermöglichen, lange in ihren eigenen vier Wänden zu leben.“ Schließlich sei Wohnen eine „soziales Grundbedürfnis“, die eigene Wohnung zudem die wichtige Privatsphäre eines jeden Bürgers, so Ramsauer. Ziel seiner Politik werde es zudem sein, die Wohneigentumsquote zu steigern und die Möglichkeiten zu verbessern, selbstgenutztes Wohneigentum in die private Altersvorsorge einzubeziehen.

„In Ballungsgebieten fehlen Sozialwohnungen“

Sören Bartol (SPD) wies daraufhin, dass die durchweg guten Entwicklungen etwa im Bereich der Wohnungsversorgung, des Miet- und Steuerrechts, die der Bericht konstatiere, auf die Politik der Großen Koalition zurückgingen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung setze diese nun - zum Beispiel mit der Forderung nach gleichen Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter - aufs Spiel, kritisierte der Abgeordnete. „Ich verstehe nicht, warum Sie hier agitieren und Wichtigeres außer Acht lassen!“

Bartol betonte insbesondere Versäumnisse im sozialen Wohnungsbau. In Ballungsgebieten fehlten heute Wohnungen. Der Bau sei aber in den letzten Jahren praktisch zum Erliegen gekommen. „Was machen die Länder eigentlich mit unserem Geld?“ Bartol verlangte zudem eine Evaluierung und Weiterentwicklung des Kohlendioxid-Gebäudesanierungsprogramms. Dieses sei eine „Erfolgsgeschichte“ und müsse unbedingt weiterführt werden - allerdings nicht finanziert durch längere Laufzeiten bei den Atomkraftwerken, mahnte der Sozialdemokrat.

„Eigenheimquote steigern“

Petra Müller (FDP) betonte, in Deutschland lebten immer noch sechs von zehn Bürgern in Mietwohnungen. Der Bericht bestätige, dass die Nachfrage nach Wohneigentum bei nur drei Prozent Steigerung stagniere. „Das ist nicht zufriedenstellend.“ Ziel der Politik müsse es daher sein, die Eigenheimquote zu steigern, sagte die Abgeordnete. 70 Prozent der Bevölkerung strebten nach einer eigenen Wohnung oder einem eigenen Haus, könnten es sich aber nicht leisten.

Aus diesem Grund dringe die FDP auf Steuersenkungen. „Nur so verschaffen wir den Menschen den nötigen Spielraum, damit sie in Wohnraum investieren.“ Das Wohnen in den eigenen vier Wänden bezeichnete Müller als „volkswirtschaftlich wichtig, human und eine zutiefst liberale Politik“. Sie forderte zudem, das Projekt „Soziale Stadt“ stärker ressortübergreifend umzusetzen. Dabei sollten in Zukunft investiven Maßnahmen der Vorrang eingeräumt werden.

„Kein Verkauf landeseigener Wohnungen an Privatinvestoren“

Ingrid Remmers (Die Linke) stellte wie ihr Vorredner Bartol die regionalen Unterschiede der Wohnraumversorgung heraus: In einigen Städten gebe es einen großen Leerstand, in anderen seien Wohnungen kaum zu bezahlen. Als Problem benannte die Abgeordnete insbesondere, dass immer öfter Länder und Kommunen ihre eigenen Wohnungen an private Investoren verkauften, die diese in erster Linie als Anlage- und Spekulationsobjekte betrachteten.

An Stadtentwicklung seien diese „nur selektiv“ interessiert, monierte Remmers. „Wenn die Kommunen aber die Ghettoisierung von ganzen Stadtvierteln verhindern wollen, dann dürfen sie ihren Wohnbestand nicht aus der Hand geben.“ Nur so könnten Städte und Gemeinden ihrer Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge nachkommen, mahnte die Linkspolitikerin. Wohnen sei nicht nur ein „soziales Grundbedürfnis“, sagte sie und bezog sich damit auf ein Zitat Minister Ramsauers, sondern ein „soziales Grundrecht“ – dieses sei aber eben nicht mit Renditeerwartungen vereinbar.

„Wohnraumsanierungen kommen nur langsam voran“

Auch Daniela Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, der Wohnungs- und Immobilenbericht blende Probleme bei der Wohnungsversorgung aus. Oft entspreche der Wohnraum in punkto Grundriss, Energieeffizienz oder Lärmdämmung nicht den Bedürfnissen der Menschen, so die Politikerin. Die Sanierungsgeschwindigkeit sei zudem so gering, dass der Gesamtbestand der sanierungsbedürftigen Wohnungen erst in 180 Jahren energetisch auf den neuesten Stand gebracht worden sei: „Das dauert einfach zu lange!“

Kritisch bemerkte Wagner auch, dass der Bericht keine Hinweise darauf gebe, wie das „Investor-Nutzer-Dilemma“ aufgelöst werden könne. Dabei seien doch höhere Fördermittel der Staatsbank KfW oder die Einführung eines ökologischen Mietspiegels ein gangbarer Weg. Weiter monierte die Grüne, dass für das Gebäudesanierungsprogramm im aktuellen Haushalt nur 1,1 Milliarden Euro eingeplant worden seien, obwohl im Vorjahr das Doppelte ausgegeben wurde. „Bringen Sie die Mittel mindestens auf den Vorjahresstand“, forderte Wagner.

„Wohnraumbedarf regional unterschiedlich“

Peter Götz (CDU/CSU) griff in seiner Rede die zuvor geäußerte Kritik am sozialen Wohnungsbau der Länder auf. Der Wohnraumbedarf variiere stark in Deutschland. Wachsende Regionen stünden schrumpfenden gegenüber. Es sei daher richtig, dass die Länder für den sozialen Wohnungsbau zuständig seien, denn sie könnten den Bedarf besser einschätzen und darauf reagieren.

Vor allem brauche man aber „keine EU-Kommission, die uns sagt, wie wir in Deutschland den sozialen Wohnungsbau gestalten“, kritisierte der Abgeordnete. Auch wies er Vorwürfe zurück, Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ seien gekürzt worden: „Die Länder schichteten um, das ist aber keine Kürzung!“ Die Gelder blieben insgesamt auf einem „hohen Niveau“.

Der Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland wurde nach der Debatte zur Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

 

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