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Inneres

Mit Gesellschaftspolitik Kriminalität eindämmen

Teilnehmer des Zukunftforums

(© DBT/Melde)

„Gute Sozialpolitik ist die beste Kriminalpolitik“: Mit diesen Worten machte sich Wolfgang Kahl vom Deutschen Forum für Kriminalprävention am Donnerstag, 13. Juni 2013, vor dem „Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit“ dafür stark, bei der Kriminalitätsbekämpfung nicht nur auf Repression zu setzen, sondern vor allem sozialen Ungleichheiten entgegenzuwirken und besonders bei Jugendlichen die Prävention zu stärken. Kahl sprach auf einer Veranstaltung unter dem Titel „Sozialer Friede, Sicherheit und Freiheit“, zu der die allen Bundestagsfraktionen angehörenden parlamentarischen Mitglieder des „Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit“ eingeladen hatten. Neben Kahl traten als Referenten Klaus Neidhardt, Präsident der Deutschen Hochschule der Polizei, und Franz M. Wuketits vom Wiener Konrad-Lorenz-Institut auf.

Einkommensungleichheit und soziale Probleme

Kahl wies auf den Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an  Einkommensungleichheit und sozialen Problemen hin: „Schlecht sieht es bei neoliberalen Staaten aus.“ Beispielsweise stelle sich in Großbritannien trotz ausgebauter Präventionsprogramme keine Besserung bei der sozialen Situation ein. Allein in London würden jährlich 80 bis 100 Morde von Jugendbanden verübt: „Davon sind wir hierzulande weit entfernt.“

Kahl bezeichnete die Kriminalitätslage in Deutschland als „stabil“, doch existiere ein Risikofaktor, nämlich die Entstehung subkultureller, teils auch gewaltbereiter Milieus in der benachteiligten und perspektivlosen Unterschicht. Nötig sei eine „gute Gesellschaftspolitik“, die auf Bildung und Integration setze.

Der Referent rief dazu auf, ein normales Aufwachsen von Jugendlichen zu fördern und bei Fehlentwicklungen rechtzeitig einzugreifen. Die entsprechenden Präventionsprogramme sollten gebündelt werden. Zudem warb er dafür, das personell schwach ausgestattete Forum für Kriminalprävention zu einem Nationalen Zentrum für Kriminalprävention weiterzuentwickeln.

Statistik kann sozialen Frieden nicht messen

Aus Sicht Neidhardts ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) kein Gradmesser für sozialen Frieden: „Das kann die PKS nicht leisten.“ Beispielsweise seien bei dem Konflikt um Stuttgart 21 Gesetzesverstöße wie etwa Sachbeschädigung erfasst worden wie andere Straftaten auch, antwortete er auf die Frage, ob sich aus der PKS ablesen lassen, wie es bei Stuttgart 21 um den sozialen Frieden stehe.

Bei der PKS handele es sich, wie der Chef der Polizeihochschule erläuterte, um eine Zusammenstellung von Straftaten, die der Polizei bekannt werden. Die Menge dieser Daten hänge davon ab, welche Anzeigen die Bürger erstatteten, und dabei wirkten sich auch die jeweiligen öffentlichen Diskussionen zu bestimmten Themen aus.

Die Justiz könne eine Straftat anders bewerten als die Polizei, die zunächst immer von der im jeweiligen Fall schwerwiegendsten Tat ausgehe. Neidhardt gab sich indes überzeugt, dass die PKS trotz ihrer Fehlerquellen im Vergleich zu anderen Statistiken das „relativ brauchbarste Instrument zur Kriminalitätsmessung ist“.

Ein „relativ sicheres Land“

Der Präsident der Polizeihochschule erwähnte Befragungen, wonach bei den Deutschen unter 16 verschiedenen Ängsten die Furcht, Opfer einer Straftat zu werden, inzwischen auf den vorletzten Platz zurückgefallen sei.

Bei anderen demoskopischen Erhebungen würden Bürger zwar erklären, nach ihrem Gefühl werde es mit der Kriminalität immer schlimmer, doch würden die Befragten kaum eine Gefahr sehen, selbst Opfer einer Straftat zu werden. Neidhardt: „Wir sind ein relativ sicheres Land.“

„Wir leben in einer Verbotsgesellschaft“

„Auch eine Überregulierung und zu viele Verbote können zu sozialer Frustration führen“, warnte Wuketits unter Verweis auf die Entwicklungsgeschichte des Menschen: „Wir leben in einer Verbotsgesellschaft“. Die zunehmende Reglementierung fördere den Unfrieden in der Gesellschaft.

Der Wissenschaftler des Konrad-Lorenz-Instituts: „Wir haben heute nicht zu wenig, sondern zu viel Sicherheit.“ Momentan lebe man in der sichersten Zeit, die es je gegeben habe. Im 19. Jahrhundert sei die Mordrate viel höher gewesen, und im Mittelalter seien Kutschfahrten viel gefährlicher gewesen als Reisen mit dem ICE.

Überregulierte Gesellschaften drohten zu erlahmen, weil der Innovationsdrang nachlasse, warnte der Referent. Erforderlich sei eine „Balance zwischen Sicherheit und Risikobereitschaft“, ohne die es keine gesellschaftliche Entwicklung gebe. Wuketits: „Wir brauchen nicht mehr Verbote, sondern eine Erziehung zur Eigenverantwortlichkeit.“ (kos/13.06.2013)

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