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Recht

Dagmar Freitag begrüßt das Gesetz gegen Doping

Dagmar Freitag (SPD)

Dagmar Freitag (SPD) (© DBT/studio kohlmeier)

Das vom Bundestag am 13. November verabschiedete Gesetz gegen Doping im Sport ergänzt nach Ansicht der Vorsitzenden des Sportausschusses, Dagmar Freitag (SPD), die Sportgerichtsbarkeit und ist ein notwendiges Instrument im Kampf gegen Doping. „Die schärfste Waffe des Gesetzes ist die Besitzstrafbarkeit“, sagt Freitag in einem am Montag, 16. November 2015, erschienenen Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“. Das Interview im Wortlaut:


Frau Freitag, das Antidopinggesetz ist durch. Wie haben Sie es geschafft, dass die lange Zeit skeptische Union zugestimmt hat?

Letztlich haben sich die guten Argumente durchgesetzt, auch wenn es mehr als 20 Jahre gedauert hat. Das zeigt auch, wie beharrlich und wie erfolgreich der Widerstand der Lobbyisten aus dem Sport gegen das Gesetz gewesen ist. Aber: Die Gesetze werden in Deutschland durch das Parlament gemacht. Und wir halten das Gesetz für notwendig.

Ab 2016 gilt die Regelung, die auch den Besitz geringer Mengen an Dopingmitteln strafrechtlich verfolgt. Muss Diskus-Olympiasieger Robert Harting jetzt tatsächlich Angst haben, wie er es selbst ja bei der Anhörung zum Gesetz sagte?

Nein, und ich denke, das weiß Robert Harting inzwischen auch. Angst davor, dass ihnen Dopingsubstanzen untergeschoben werden, müssen Athleten ja auch jetzt schon haben. Im Grunde sind sie aber künftig besser geschützt, weil der Staatsanwalt ihnen nun nachweisen muss, dass sie diese Substanzen zum Zweck des Dopings besitzen. In der Sportgerichtsbarkeit gilt diese Unschuldsvermutung bekanntlich nicht.

Stichwort Besitzstrafbarkeit. Was ist denn von dem Argument mit dem Asthmaspray zu halten, dass der Sportler auf dem Heimweg vom Training für seine Frau von der Apotheke abholt und dass dann in seiner Tasche gefunden wird und damit zu einer Strafe führt?

Das ist Unsinn. Ihm müsste nämlich erst einmal nachgewiesen werden, dass er diese Substanz zu Dopingzwecken gebrauchen wollte.

Was ist dran an der Kritik des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), das Strafrecht heble die Sportgerichtsbarkeit aus?

Nichts, denn beides kann nebeneinander existieren. Schon jetzt gibt es etwa im Fußball für ein grobes Foul die rote Karte und eine Sperre. Unabhängig davon kann der Gefoulte eine zivilrechtliche Klage wegen Körperverletzung erheben, die aber möglicherweise nicht zu seinen Gunsten entschieden wird.

Besteht aber nicht die Gefahr, dass ein gesperrter Sportler nach einem eventuellen Freispruch im Strafverfahren den Verband auf entgangene Einnahmen verklagt?

Das kann schon passieren - es wird nur nicht erfolgreich sein.

Mit dem Gesetz soll laut Begründung die Integrität des Sportes gewahrt werden. Warum lehnt der DOSB das Ganze dennoch ab?

Über die Motive des DOSB kann ich nur Vermutungen anstellen. Wer über Jahre hinweg eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Doping predigt, müsste eigentlich dankbar sein, dass der Staat die Sportgerichtsbarkeit ergänzen - nicht ersetzen - will. Wir als Gesetzgeber sind der Meinung, dass zu den Sanktionsmöglichkeiten, die der Sport hat, die weitergehenden Instrumente der Ermittlungsbehörden des Staates kommen sollen. Der Sport kann selber keine Hausdurchsuchung anordnen - staatliche Ermittler schon. Es geht um ein effektives Nebeneinander und nicht um eine Konkurrenz. Das wird auch der DOSB noch erkennen, der im Übrigen in dieser Frage nicht für alle Verbände spricht. Es gibt große Sportverbände, die sich deutlich für das Gesetz ausgesprochen haben.

Gestärkt werden soll durch das Gesetz auch die Nationale Antidopingagentur. Die Nada steht ja immer mal wieder in der Kritik, weil es kaum aufgedeckte Dopingfälle in Deutschland gibt, obwohl anonyme Umfragen unter Kaderathleten ein anderes Ergebnis zeigen… Ein Gesetz kann keine Dopingproben nehmen, das macht das Nada-Testsystem. Die schärfste Waffe des Gesetzes ist die Besitzstrafbarkeit. So soll auch jemand belangt werden können, ohne dass es eine positive Probe gibt. Was die Proben angeht, so muss man wohl oder übel akzeptieren, dass die Nachweismöglichkeiten der Dopingfahnder fast immer hinter dem zurückbleiben, was sich kriminelle Experten in ihren Laboren ausdenken. Die sind meistens einen Schritt voraus. Deshalb können Machenschaften wie etwa in Russland auch nur aufgedeckt werden, wenn es Menschen gibt, die sagen ,Wir machen hier nicht mehr mit' und ihre Erkenntnisse öffentlich machen.

In Russland gibt es offensichtlich in der Leichtathletik ein staatlich organisiertes Dopingsystem. Wie sollte international darauf reagiert werden?

Ich würde mir wünschen, dass der Internationale Leichtathletikverband (IAAF) den ganz großen Schritt macht und Russland auf Zeit suspendiert. Mit gutem Zureden bringt man Russland ganz sicher nicht auf den Weg der Tugend zurück.

Der ehemalige IAAF-Präsident Lamine Diack soll sich bestechen lassen haben, um positive Dopingproben verschwinden zulassen. Ist das ein Problem Diack oder ein grundsätzliches Problem großer internationaler Sportverbände?

Das wird sich zeigen. Der neue Präsident Sebastian Coe braucht in jedem Fall viel Rückgrat und Mut, um sich gegen die alten Strukturen durchzusetzen.

In schweres Fahrwasser ist ja nun auch der Deutsche Fußball-Bund geraten, der im Verdacht steht, Stimmen bei der Vergabe der WM 2006 gekauft zu haben. Der DFB versucht nun mit einer internen Untersuchung diese Frage aufzuklären. Glauben Sie, dass das ausreicht?

Mittlerweile ermitteln ja auch staatliche Stellen mit Blick auf eine mögliche Steuerhinterziehung. Eigentlich bin ich kein Freund interner Aufklärungskommissionen, schon gar nicht, wenn derjenige die Untersuchung in Auftrag gibt, der selber Gegenstand dieser Ermittlung ist. Aber bislang kann man doch feststellen, dass die mit der Untersuchung beauftragte Kanzlei intensiv zu recherchieren scheint.

In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es in Sachen „gekauftes Sommermärchen“ zwei Betrachtungsweisen: Die einen sagen, anders als mit Bestechung geht es nicht und die in Rede stehenden 6,7 Millionen Euro waren doch gut angelegt. Die anderen nehmen erschüttert zur Kenntnis, dass auch deutsche Sportverbände keineswegs so sauber sind, wie sie sich gerne darstellen. Wo stehen Sie?

Das ist für mich ganz klar. Als Bürgerin eines Rechtsstaates und als Parlamentarierin muss ich davon ausgehen können, dass deutsche Verbände, die sich mit Unterstützung des Bundes um die Ausrichtung internationaler Meisterschaften bewerben, dies auf Basis rechtsstaatlicher Prinzipien tun. Da gibt es nichts zu diskutieren.

Der DFB-Skandal könnte zwei Highlights auf deutschem Boden gefährden. Da ist zum einen die Fußball-Europameisterschaft (EM) 2024, deren Ausrichtung in Deutschland schon so gut wie beschlossen schien. Da ist aber vor allem das Projekt Olympische Sommerspiele in Hamburg im gleichen Jahr. Befürchten Sie negative Auswirkungen auf das Bewerbungsverfahren?

Was die EM 2024 angeht, so muss sich erstmal zeigen, ob der DFB die Bewerbung aufrechterhält. Mit Blick auf die Bewerbung Hamburgs glaube ich schon, dass die aktuelle Diskussion und vor allem die Tatsache, dass jetzt auch ein deutscher Verband im Verdacht steht, sich an unlauteren Praktiken beteiligt zu haben, einen negativen Einfluss auf das Referendum haben könnte. Meine Befürchtung ist, wenn die Menschen permanent mit solche Negativmeldungen konfrontiert werden, könnten sie resignierten und sich fragen. Wollen wird diesen Sport überhaupt noch?

(hau/16.11.2015)

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