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Texte

„Es gibt Berührungsängste“

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Deutschland hat eine vielfältige Kulturlandschaft. Darin waren sich alle Redner in der 45-minütigen Debatte am Donnerstag, 25. Februar 2010, zur Stärkung des Kulturtourismus einig. Strittig war jedoch die Frage, wie diese zu erreichen sei: Während Union und FDP in einem gemeinsamen Antrag (17/676) für eine bundesweite Marketingstrategie und mehr Vernetzung zwischen Kulturschaffenden und Tourismusindustrie plädierten, forderten Redner von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen unisono mehr Geld für Kultur. Eine Förderung des Kulturtourismus sei für die Kommunen ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht zu schaffen, argumentierte die Opposition. Die Steuerpolitik der Regierung dagegen ruiniere sie und damit ihre Möglichkeiten, die Kultur wie bisher zu fördern. Doch diese sei nicht „zum Nulltarif“ zu haben, so die Kritik.

„Gemeinsame Marketingstrategie entwickeln“

Rita Pawelski (CDU/CSU) pries die Vorzüge der deutschen Kulturlandschaft: 33 Unesco-Weltkulturerbestätten, 1.000 historische Stadtkerne, dazu 6.000 Museen und 1. 000 Volksfeste zeigten, wie „facettenreich und riesig“ die Kultur in Deutschland sei. Davon profitiere auch der Tourismus, so die Abgeordnete. Gerade der Städte- und Kulturtourismus boome derzeit in Deutschland. Bislang oft unterschätzt, habe sich die Branche mit 82 Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr und 1,5 Millionen Beschäftigten zu einem wichtigen Wirtschaftszweig gemausert.

Doch trotz dieser positiven Entwicklung gebe es noch immer ungenutzte Potenziale, monierte Pawelski. Mehr noch, so die CDU-Politikerin, gebe es zwischen den Kulturschaffenden und der Tourismusbranche „Berührungsängste“. „Deshalb brauchen wir dringend einen Dialog zwischen den Bereichen.“

Pawelski plädierte für eine gemeinsame Plattform zur Erarbeitung einer gemeinsamen Marketingstrategie. Ziel sei ein zentrales Internetportal, wo sich Interessierte über Kulturangebote und Reiserouten informieren und sogar Pläne und Tickets erwerben könnten.

„Rettungsschirm für Kommunen“

Ulla Schmidt (SPD) signalisierte grundsätzlich die Zustimmung ihrer Fraktion zum Anliegen von FDP und Union, den Kulturtourismus zu stärken, doch warnte sie vor einer Beschädigung der kulturellen Pluralität in Deutschland. Ziele wie eine einheitliche Vermarktungsstrategie und „Cluster-Bildung“ könnten zu unerwünschten Nebeneffekten führen, warnte die Politikerin: „Wir müssen darauf achten, dass im Wettbewerb unter marktwirtschaftlichen Kriterien die kulturelle Vielfalt nicht leidet.“

Schmidt kritisierte zudem scharf, dass Union und FDP nicht bereit seien, zur Förderung des Kulturtourismus Geld auszugeben. Da die finanzielle Basis, auf der Kulturpolitik in den Kommunen gemacht werde, derzeit durch die Steuerpolitik erodiere, blieben die kulturpolitischen Ziele von Schwarz-Gelb „nur ein frommer Wunsch“, so Schmidt.

Die Sozialdemokratin forderte in diesem Zusammenhang einen „Rettungsschirm für Kommunen“. Außerdem müsse die finanzielle Situation der Kulturschaffenden beachtet werden. Wer nicht über ein Mindestmaß an Absicherung verfüge, könne auch nicht sein kulturelles Potenzial voll entwickeln.

„Barrierefreies Reisen ermöglichen“

Helga Daub (FDP) bedauerte wie zuvor Rita Pawelski den Disput zwischen Kulturschaffenden und Tourismusbranche. Der Streit um öffentliche Förderung habe zu Blockaden und Missverständnissen geführt, die dringend abgebaut werden müssten, so die FDP-Abgeordnete. Wie sehr sich Kultur und Tourismus gegenseitig bräuchten, zeigten positive Beispiele wie etwa die „MoMA in Berlin“-Ausstellung. „Das war auch eine besondere erfolgreiche Marketingkampagne“, betonte Daub.

Deutschland habe allein durch seine Geschichte, die man an vielen historischen Stadtkernen ablesen könne, aber auch durch seine unterschiedlichen Landsmannschaften eine große kulturelle Vielfalt zu bieten. Dieses Potenzial müsse man nutzen - auch mithilfe der Deutschen Welle. Mit dem deutschen Auslandrundfunk verfüge Deutschland über ein Kommunikationsmittel, über das man „weltoffene Menschen weltweit“ erreichen könne. Die Liberale betonte zudem den Aspekt der Barrierefreiheit beim Reisen: „Den dürfen wir nicht außer Acht lassen!“

„Ein Sofortprogramm Kultur ist die beste Tourismusförderung“

Kornelia Möller (Die Linke) griff die Koalitionsfraktionen jedoch hart an: Immer kurz vor der ITB, der internationalen Tourismus-Messe in Berlin, brächen diese eine Diskussion über den Tourismus in Deutschland vom Zaun. Doch immer blieben diese Debatten folgenlos, weil die Regierung kein Geld in die Hand nehmen wolle.

Die Politikerin kritisierte zudem die Ausrichtung auf eine gemeinsame Marketingstrategie für den Kulturtourismus in Deutschland. Kultur sei ein öffentliches Gut und „mehr als ein bloßer Standortvorteil“, monierte Möller und verlangte ein weiterreichendes Konzept als das, welches in Form des Antrags vorliege. „Deutschland verfügt über eine reiche kulturelle Infrastruktur, aber wie lange noch?“, fragte Möller.

Die finanzielle Situation der Kommune führe dazu, dass Ausgaben für Kunst und Kultur als freiwillige Ausgaben als erstes gestrichen würden. Daher brauche es dringend ein „Sofortprogramm Kultur“: „Das ist der beste Beitrag zur Stärkung des Kulturtourismus in Deutschland“, so Möller. „Zum Nulltarif“ könne es das nicht geben.

„Kulturtourismusförderung ja - aber mit Geld“

Das sah Markus Tressel (Bündnis 90/Die Grünen) ebenso: Der Antrag von Union und FDP habe zwar das „lobenswerte Ziel“ der Synergie aus Kultur und Tourismus, doch die Frage nach der Finanzierung müsse gestellt werden. „Wie wollen Sie denn dafür sorgen, dass die 100 historischen Stadtkerne und 33 Unesco-Weltkulturerbestätten auf Dauer erhalten werden können, wenn Sie nicht die nötigen Mittel dafür bereitstellen?“ Die Koalitionsvorlage bedeute eine „gigantische Mehranstrengung“ für Länder und Kommunen. Diese würden sie auch auf sich nehmen - wenn sie es nur könnten.

Doch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz habe ihre Lage verschlimmert. Manche Kommunen schreckten aus „blanker Not“ sogar vor Theaterschließungen nicht zurück, klagte der Grünen-Politiker. „Förderung des Kulturtourismus ja, aber aufgrund eines Konzeptes, das den Kommunen finanzielle Spielräume lässt“, forderte Tressel.

 

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