+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlament

Sabine Zimmermann fragt nach dem Poststreik

Sabine Zimmermann (Die Linke)

(DBT/studio kohlmeier)

Sechs Verhandlungsrunden, Warnstreiks, sogar ein Ultimatum – trotzdem konnten sich Deutsche Post und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht einigen. Vor über einer Woche nun haben Briefausträger und Paketboten erneut ihre Arbeit niedergelegt. Diesmal unbefristet. In der Fragestunde des Bundestages (18/5160) am Mittwoch, 17. Juni 2015, will Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, wissen, ob die Post ihrer Streikanzeigepflicht nachgekommen ist und ob die Bundesagentur für Arbeit Erwerbslose als Streikbrecher an das Unternehmen vermittelt. „Das wäre unzulässig“, sagt Zimmermann, sei aber in anderen Arbeitskämpfen bereits vorgekommen. Im Interview übt die Abgeordnete aus Zwickau zudem deutliche Kritik an der Post: Mit der Gründung von Regionalgesellschaften zur Paketausstellung betreibe das Unternehmen „Lohndumping“. Die Fragestunde wird am Mittwoch ab 14.35 Uhr live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen. Das Interview im Wortlaut:


Frau Zimmermann, seit Ostern wurde verhandelt, trotzdem gibt es keine Einigung im Arbeitskampf zwischen Post und Verdi. Was die Streikenden auch verärgert hat, war der Einsatz von Beamten und polnischen Zustellern als Streikbrecher. Zu Recht?

Natürlich waren die Streikenden zu Recht verärgert. Beamte dürfen nicht als Streikbrecher eingesetzt werden.

Als aber Verdi die Praxis verbieten lassen wollte, scheiterte die Gewerkschaft vor dem Bonner Amtsgericht. Die Richter erlaubten den Einsatz – sofern er freiwillig erfolgt.

Ja, das stimmt. Aber mal ehrlich – wenn ein Mitarbeiter gefragt wird, ob er aushilft, dann wird er das natürlich tun. Er steht ja auch unter einem gewissen Druck. Halten wir uns doch vor Augen, worum es in diesem Konflikt eigentlich geht: Mit der Gründung von 49 regionalen Tochtergesellschaften zur Paketzustellung umgeht die Post geltende Vereinbarungen. Den „Delivery“-Paketboten bietet sie zwar unbefristete Verträge, aber niedrigere Löhne. Das ist nichts anderes als Lohndumping. Der Post geht es einzig und allein darum, den Profit zu erhöhen. Dafür könnte sie auch das Porto erhöhen. Stattdessen presst sie aber lieber noch mehr aus den Beschäftigten heraus.

Sie nehmen nun die Rolle der Bundesagentur für Arbeit in diesem Konflikt unter die Lupe und fragen, wie diese kontrolliere, dass die Post nicht Erwerbslose als Streikbrecher einsetzt. Wäre das verboten?

Ja, das wäre nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch unzulässig. Auch die Bundesagentur für Arbeit darf während eines Arbeitskampfes keine Arbeitskräfte für bestreikte Stellen an das Unternehmen vermitteln, wenn Erwerbslose das nicht wollen. Damit das nicht geschieht, muss ein Betrieb, der bestreikt wird, bei der Arbeitsagentur angeben, seit wann der Streik läuft, welche Branche betroffen ist und wie viele Beschäftigte die Arbeit niedergelegt haben.

Sie erkundigen sich, ob die Post ihrer Streikanzeigepflicht bei der Bundesagentur für Arbeit nachgekommen sei. Gibt es Anzeichen dafür, dass sie das nicht getan haben könnte?

Es gab schon Fälle, in denen ein Streik nicht gemeldet wurde. In Dezember 2012 zum Beispiel, da streikten die Beschäftigten des Sparkassencallcenters S-Direkt in Halle an der Saale. Weil der Streik aber nicht angezeigt war, vermittelte die Bundesagentur weiter. Letztlich waren das alles Streikbrecher. Der Arbeitskampf bei Amazon ist ein anderes Beispiel. Und deshalb frage ich jetzt nach, ob die Post ihrer Anzeigepflicht nachgekommen ist.

Angenommen, das wäre unterblieben und die Bundesagentur würde vermitteln – wäre dies ein Hinweis darauf, dass sich die Behörde in diesem Arbeitskampf nicht so neutral verhält, wie sie es eigentlich müsste?

Genau. Aber zunächst einmal wäre es ein Verstoß der Post gegen die Streikmeldepflicht nach Paragraf 320 Absatz fünf des Dritten Buches Sozialgesetzbuch. Ist dann der Streik angezeigt, gilt für die  Arbeitsagentur Folgendes: Sie darf nur dann Erwerbslose als Arbeitskräfte in das Unternehmen vermitteln, wenn diese – trotz Hinweises auf den Streik – darum bitten. So ist es derzeit im Paragraf 36 des Dritten Sozialgesetzbuches geregelt.

Warum sind das eigentlich alles Fragen, die den Bundestag zu beschäftigen haben?

Weil es um gesetzliche Grundlagen geht! Ich frage nach, um zu überprüfen, ob die Gesetze auch eingehalten werden. Außerdem trägt der Bund eine besondere Verantwortung für das, was bei der Deutschen Post AG passiert. Zwar besitzt er direkt keine Anteile mehr an dem Unternehmen, ist aber über die KfW-Bankengruppe mit 21 Prozent beteiligt – und größter Einzelaktionär. Welchen Kurs das Unternehmen eingeschlagen hat, wird übrigens durchaus kritisch gesehen: In den letzten zehn Jahren hat die Post rund acht Milliarden an Dividende ausgeschüttet, anstatt in das Unternehmen zu investieren. Meiner Meinung nach sollte sich die Bundesregierung  im Aufsichtsrat dringend dafür einsetzen, dass dieser Kurs geändert wird.

(sas/16.06.2015)

 

Marginalspalte