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Menschenrechte

Tabea Rößners Einsatz für die Pressefreiheit

Tabea Rößner mit einem Bild der iranischen Bloggerin Fereshteh Shirazi

Tabea Rößner mit einem Bild der iranischen Bloggerin Fereshteh Shirazi (DBT/photothek)

Dass sich Tabea Rößner im Rahmen des Patenschaftsprogramms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ für zwei Journalistinnen im Iran und in Afghanistan einsetzt, ist kein Zufall. Denn die Pressefreiheit ist das politische Lebensthema der grünen Bundestagsabgeordneten. An der Bürotür von Tabea Rößner hängt eine Weltkarte. Keine gewöhnliche, sondern eine, auf der sich nachvollziehen lässt, wie es in den einzelnen Ländern um die Pressefreiheit bestellt ist. Pressefreiheit – es ist das Thema, das die medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen seit vielen Jahren umtreibt.

Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zur Staatsferne des ZDF im November 2013 hat sie vorangetrieben, erzählt die gelernte Journalistin, die jahrelang unter anderem  für das ZDF gearbeitet hat. „Das Ziel ist klar“, schrieb sie damals auf ihrer Webseite. „Der Einfluss des Staates muss aus den ZDF-Aufsichtsgremien zurückgedrängt werden.“  

„Frontalangriff auf die Pressefreiheit“

Und auch in der aktuellen Debatte um die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen zwei Journalisten des Blogs netzpolitik.org wegen des Verdachts auf Landesverrat hat sie sich rasch zu Wort gemeldet und das Vorgehen von Generalbundesanwalt Harald Range als „Frontalangriff auf die Pressefreiheit“ scharf kritisiert.

Ihr Engagement in Sachen Pressefreiheit macht aber an den Landesgrenzen nicht Halt. Im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ setzt sie sich für zwei Frauen im Iran und in Afghanistan ein, die unter großer persönlicher Gefahr als Frauenrechtlerinnen und Journalistinnen tätig sind – oder waren.

Viele Briefe an die iranische Botschaft

Da ist zum einen Fereshteh Shirazi. Die iranische Bloggerin hatte sich für die im August 2006 gegründete Initiative für die gesetzliche Gleichberechtigung von Frauen engagiert. Außerdem berichtete sie öffentlich über die Hinrichtung ihres Bruders im Jahr 1983.

Seit Gründung der „Eine Million Unterschriften“-Kampagne wurden zahlreiche Aktivistinnen bedroht, verhaftet und misshandelt. Auch Shirazi wurde nach Informationen der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mehrfach vom iranischen Geheimdienst vorgeladen und verhört und im  September 2011 wegen „Störung der öffentlichen Meinung durch Verleumdung und Beleidigung der Obrigkeit“ sowie „regimefeindlicher Propaganda“ zu insgesamt drei Jahren Haft verurteilt. 

Durch die Haft gebrochen

In dieser Situation wurde Tabea Rößner von der IGFM angesprochen, ob sie nicht eine Patenschaft für Shirazi übernehmen wolle. Sie sagte sofort zu und tat im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ (PsP) alles in ihrer Macht Stehende, um der Mutter zweier Kinder zu helfen; viele Briefe an die iranische Botschaft in Deutschland hat sie geschrieben, Interviews gegeben.  

Die Freude war groß, als Shirazi Ende Januar 2013 endlich freikam – allerdings mit der Auflage der iranischen Behörden, sich nicht mehr politisch zu engagieren. Eine Auflage, an die sich Shirazi bis heute hält. „Sie ist durch die Haft gebrochen worden“, sagt Rößner und in ihrer Stimme schwingen Schmerz und Wut über den menschenverachtenden Umgang mit, den die 1976 geborene Iranerin erleiden musste und muss.

Kritische Stimme zum Schweigen gebracht

Heute arbeitet Shirazi laut IGFM als Näherin, ihre Ehe wurde geschieden, ihre zwei Kinder studieren an der Universität. Ob sie das tun dürften, wenn ihre Mutter weiterhin kritische Kommentare im Internet veröffentlichen würde? Wohl kaum. Sehr wahrscheinlich, dass sie ihr politisches Engagement auch deswegen aufgegeben hat, um ihren Kindern eine Zukunft in ihrem Heimatland zu sichern.

Shirazis Geschichte ist eine Geschichte, deren halbwegs glücklicher Ausgang zugleich ein bitteres Gefühl hinterlässt – das Gefühl, dass das Regime sein Ziel letztlich erreicht hat: durch Einschüchterung eine kritische Stimme im Land zum Schweigen zu bringen.

Anschlag überlebt

Anders liegt der Fall bei Schukria Barakzai, Rößners zweitem Schützling. Vor etwa einem halben Jahr hat die 49-Jährige im Rahmen von PsP eine Patenschaft für die afghanische Abgeordnete, Frauenrechtlerin und Verlegerin übernommen. In der von ihr herausgegebenen zweisprachigen Wochenzeitschrift „Womans’s Mirror“, die sich an Frauen richtet, greift Barakzai Themen wie Kinder- und Zwangsheirat oder häusliche Gewalt auf.

Damit ist die Politikerin vor allem den Taliban ein Dorn im Auge und hochgradig gefährdet. Im vergangenen Jahr hat Barakzai in Kabul ein Selbstmordattentat, das wohl ihr galt, leicht verletzt überlebt. Andere hatten weniger Glück – drei Passanten wurden bei dem Anschlag getötet, mehr als 20 Menschen verletzt.

Mittler zwischen Deutschland und Afghanistan

Doch was kann die Patenschaft einer deutschen Abgeordneten im Fall Barakzai ausrichten? Schließlich ist sie keiner staatlichen Verfolgung ausgesetzt, bedroht wird sie durch die Taliban, durch extremistische Gruppen.  Deren Terrorakten vorzubeugen, ist schwierig, meint auch Rößner. „Man muss schauen: Wie gut sind die Parlamentarier in solchen Ländern, in denen es immer wieder Selbstmordattentate gibt, geschützt? Es betrifft aber nicht nur sie. Ich habe mit vielen Menschen in Afghanistan gesprochen. Und sie alle haben mir erzählt, dass sie morgens aus dem Haus gehen und nicht wissen, ob sie ihre Familie abends wieder sehen werden.“

Ihre Patenschaft für Barakzai sieht sie daher in einem größeren Zusammenhang.  „Viele in Deutschland fragen ja, warum wir uns noch in Afghanistan engagieren“, sagt sie. „Viele Menschen dort wollen ihr Land auf dem demokratischen Weg weiter voranbringen. Wir als deutsche Parlamentarier haben da eine Verantwortung, wir sind Mittler zwischen den beiden Ländern.“ (nal/10.08.2015)

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