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Inneres

Antiterrorpaket-Anhörung ohne die Opposition

Zu einem Eklat ist es am Montag, 20. Juni 2016, bei der Anhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Ansgar Heveling (CDU/CSU) zum neuen Antiterrorpaket von CDU/CSU und SPD gekommen. Nachdem die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen vergeblich eine Absage der öffentlichen Veranstaltung gefordert hatten, verließen beide Oppositionsfraktionen nach nichtöffentlichen Ausschussberatungen die Sitzung noch vor den Statements der geladenen Experten.

„Weisungsunterstellte Sachverständige“ 

Die Fraktion Die Linke kritisierte, dass die Koalition als Sachverständige die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Bundespolizei, Dr. Hans-Georg Maaßen, Holger Münch und Dr. Dieter Romann, benannt habe. Alle drei seien dem Bundesinnenministerium „weisungsunterstellt“ und damit keine wirklich unabhängigen Experten wie von der Geschäftsordnung des Bundestages gefordert.

Die Grünen-Fraktion betonte, dass laut Geschäftsordnung Bundesbedienstete als Sachverständige oder Auskunftspersonen nur in „berechtigten Ausnahmefällen“ zu einer Anhörung eingeladen werden könnten. Vertreter der Koalition verteidigten den geplanten Zeitplan für die Behandlung des von ihnen eingebrachten Gesetzentwurfs „zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus“ (18/8702), der am 23. Juni zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, sowie die Auswahl der von ihr benannten Sachverständigen.

„Reine Farce

Nach der nichtöffentlichen Ausschusssitzung kritisierten die Oppositionsfraktionen vor ihrem Auszug die Anhörung als „reine Farce“. Eine Anhörung müsse mit externen Sachverständigen stattfinden, auch wenn der Ausschuss mit Koalitionsmehrheit beschlossen habe, „dass alle Ausnahmefälle sind“, argumentierte Die Linke.

Die Grünen-Fraktion monierte, die Koalition habe weder die Eilbedürftigkeit des Verfahrens noch „einen berechtigten Ausnahmefall für diese Benennung der Sachverständigen“ begründen können.

„Verdeckte Ermittler zur Gefahrenabwehr“

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen dem BfV spezielle Befugnisse eingeräumt werden zur Einrichtung gemeinsamer Dateien „mit wichtigen ausländischen Partnerdiensten, insbesondere der Nachbarstaaten und anderer EU- beziehungsweise Nato-Mitgliedstaaten“. Ferner soll die Bundespolizei wie bereits „nahezu alle Polizeien der Länder und das Bundeskriminalamt“ die Befugnis erhalten, sogenannte verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung einzusetzen.

Zudem ist unter anderem vorgesehen, Erbringer von Telekommunikationsdiensten zu verpflichten, die Identität der Käufer von Prepaid-Telefonkarten - zu deren Erhebung sie bereits nach geltendem Recht verpflichtet sind - anhand geeigneter Identitätsdokumente wie Personalausweise oder Reisepässe zu überprüfen.

„Zugriff auf Verbunddatei unkontrollierbar“

Der hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Prof. Dr. Johannes Caspar, wandte sich mit Blick auf die geplante Verbunddatei gegen eine Verabschiedung des Gesetzentwurfs. Der Zugriff auf eine solche Verbunddatei sei am Ende unkontrollierbar, warnte er. Der Gesetzentwurf werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht und „sollte so in keiner Weise“ vom Parlament beschlossen werden.

Maaßen verwies darauf, dass sich die Sicherheitslage in Europa in den vergangenen zehn Jahren „gewaltig verändert“ habe und sich der Verfassungsschutz darauf einstellen müsse. Die Terrororganisation IS sei ein „staatsähnliches Gebilde, das uns den Krieg erklärt hat“. Man habe es mit Herausforderungen zu tun, vor denen der Verfassungsschutz vor Jahren noch nicht gestanden habe. Daher sei eine Kooperation mit anderen Partnerstaaten dringend erforderlich. Man müsse aktuell wissen, wer in anderen Staaten als gefährlicher Islamist geführt werde. Die Sicherheitslage erfordere eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Dem trage der Gesetzentwurf Rechnung.

„In Schleuserorganisationen eindringen“

Münch begrüßte die geplante „Identifikationspflicht bei Prepaid“. Die Erhebung von Bestandsdaten spiele in fast jedem Verfahren eine wichtige Rolle als Ermittlungsinstrument. Die fehlende Möglichkeit zur Identifikation verdächtigter Kommunikationsteilnehmer führe dazu, dass schwere Straftaten auch im Terrorismusbereich allein deshalb nicht zügig aufgeklärt werden könnten oder die Ermittlungen erschwert werden „oder sogar ins Leere laufen“. Darüber hinaus könnten „auch Unschuldige in den Blick geraten, weil Kriminelle auch Daten von tatsächlich existenten Bürgern nutzen“, die dann in die Ermittlungsverfahren einbezogen würden.

Romann betonte, dass die Bundespolizei „die Polizei zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität“ sei. Die für die Schleuserkriminalität zuständige Bundespolizei müsse sich mit dem „am stärksten wachsenden Kriminalitätsphänomen“ befassen, „das die meisten Toten zu verzeichnen hat“. Ausgerechnet hier fehle jedoch die gesetzliche Befugnis zum Einsatz präventiver verdeckter Ermittler. Hier solle der Gesetzentwurf endlich Abhilfe schaffen. Durch den Einsatz solcher Ermittler wäre es möglich, in Schleusungsorganisationen einzudringen, um Schleusungen zu unterbinden und Leben zu retten.

„Grundrechtseingriffe wirksam überprüfen“

Prof. Dr. Fredrik Roggan von der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg verwies auf die Wahrscheinlichkeit, dass es beim Einsatz verdeckter Ermittler „zur Kenntnisnahme von Informationen kommt, die dem Kernbereich privater Lebensführung zuzurechnen sind“. Eine solche „verletzungsgeneigte Ermittlungsbefugnis“, die keinen Kernbereichsschutz enthält, sei aber nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, teilte „die Einschätzung der Bundesregierung, dass zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus eine Intensivierung des informationellen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden erforderlich“ sein könne. Erforderlich sei dann aber auch, dass diese Kooperation unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfolgt. Der Gesetzgeber müsse es ihrem Haus ermöglichen, jeweilige Grundrechtseingriffe wirksam überprüfen zu können. Nach dem Gesetzentwurf könne die Bundesdatenschutzbeauftragte aber diese „Kompensationsfunktion nicht adäquat erfüllen“. (sto/20.06.2016)

Liste der geladenen Sachverständigen
  • Prof. Dr. Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, Hamburg
  • Dr. Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Köln
  • Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes, Wiesbaden
  • Prof. Dr. Fredrik Roggan, Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg, Oranienburg
  • Dr. Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei, Potsdam
  • Andrea Voßhoff, Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Bonn

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