Parlament

Ver­brechen der Colonia Digni­dad in Chile sol­len aufgear­bei­tet werden

Die Verbrechen der Colonia Dignidad in Chile sollen aufgearbeitet werden. Das beschloss der Bundestag einstimmig am Donnerstag, 29. Juni 2017, als er einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen (18/12943) annahm. Keine Mehrheit fand ein zweiter überfraktioneller Antrag (18/11805), in dem 92 Abgeordnete von Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen die „Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dignidad und Hilfe für die Opfer“ forderten. Bei der Colonia Dignidad handelte es sich um das geschlossene Lager einer deutschen Sekte in Chile, in dem es jahrzehntelang zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen war.

Antrag von Koalition und Grünen

Die drei Fraktionen erkennen in ihrem Antrag die vor allem nach einem Bundestagsbeschluss vom Mai 2002 (14/7444) erbrachten Bemühungen der Bundesregierung an, schreiben aber: „Die bisher geleistete Hilfe war allerdings nicht immer ausreichend oder bedarfsgerecht.“ Sie fordern die Bundesregierung auf, „nach dem Bekenntnis zu moralischer Mitverantwortung den Worten nun Taten folgen zu lassen“.

In Zusammenarbeit mit Chile soll die Bundesregierung die Aufarbeitung der Verbrechen verstärken sowie die strafrechtlichen Ermittlungen in Deutschland und in Chile vorantreiben. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, bis zum 30. Juni 2018 dem Deutschen Bundestag ein Konzept für Hilfsleistungen zur Beratung vorzulegen und dessen Finanzierung zu prüfen.

Gruppenantrag von 92 Abgeordneten

Die Antragsteller des unterlegenen Antrags wollten, dass sich der Bundestag zu einer deutschen Mitschuld an den dort begangenen Verbrechen bekennt. Sie verlangten mehr deutsches Engagement bei der Aufarbeitung der Geschehnisse und Hilfe für die Opfer. „Pflichtverstöße, Versäumnisse und mangelnde Gewissenhaftigkeit von Verwaltungsbeamten und Diplomaten, Staatsanwälten und Richtern sowie die fehlende Entschlossenheit von deutschen und chilenischen Parlamentariern“ hätten dazu beigetragen, heißt es in dem Antrag, dass in der Colonia Dignidad „Frauen und Männer, Kinder und Erwachsene, Chilenen und Deutsche gefoltert, ermordet, missbraucht, vergiftet, gequält und ausgebeutet wurden“.

Die von der Bundesregierung bis 2013 geleisteten Hilfsmaßnahmen für die Bewohner der Colonia Dignidad seien „nicht immer ausreichend oder bedarfsgerecht“ gewesen, schreiben die Antragsteller weiter, und hätten auch „nicht alle, die einen moralischen Anspruch auf Hilfe haben“, erfasst. Die früheren Mitgliedern der Colonia Dignidad und die Angehörigen der Verschwundenen sollten, „Unterstützung bei der Klärung ihrer rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Situation“ bekommen und weitere Hilfen, darunter auch für die Rückkehr nach Deutschland, erhalten. (sas/29.06.2017)

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