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Gesundheit

Pharmabranche muss höheren Rabatt gewähren

Im Kern des Gesetzesvorhabens stehen Kostensenkungen bei den Arzneimitteln

Im Kern des Gesetzesvorhabens stehen Kostensenkungen bei den Arzneimitteln (dpa)

Nach 45-minütiger Debatte hat der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen am Freitag, 18. Juni 2010, das „Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften“ in der Ausschussfassung beschlossen (17/1297, 172170). Zentraler Punkt des Gesetzes, das darüber hinaus eine Vielzahl von Neuregelungen etwa für den Datenschutz im Gesundheitsbereich umfasst, ist die Anhebung des Herstellerrabatts für neue Arzneimittel. Die Pharmabranche ist nunmehr dazu verpflichtet, den gesetzlichen Krankenkassen einen Zwangsrabatt in Höhe von 16 Prozent einzuräumen. So sollen die Kassen 1,15 Milliarden Euro einsparen können. Ein von der Linksfraktion vorgelegter Antrag zur Arzneimittelkontrolle scheiterte im Plenum (17/1206, 17/2170).

„Innovation und Datenschutz“

Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) betonte in der Plenardebatte, mit dem Gesetzesvorhaben hole die Bundesregierung Versäumnisse des vormals SPD-geführten Gesundheitsministeriums nach und korrigiere Fehler. So werde nun zunächst die Frist zur Weitergabe von Informationen gesetzlich Krankenversicherter im Rahmen der Hausarztregelung um ein weiteres Jahr, bis zum 30. Juni 2011, verlängert, bis eine neue Regelung vorliege.

Außerdem ziele das Gesetz auf den Aufbau einer Telematik-Infrastruktur im Gesundheitssystem, die gleichzeitig innovativ und sicher sei, unterstrich der Minister.

„Elektronische Patientenakte ist gestoppt“

So werde zwar künftig auf der elektronischen Gesundheitskarte einen Notfall-Datensatz hinterlegt, der die Arzt-zu-Arzt-Kommunikation erleichtern werde, eine Online-Übertragung von sensiblen Patientendaten schloss Rösler jedoch aus: „Die elektronische Patientenakte ist gestoppt, weil die Daten darin nicht sicher sind.“

Was die Senkung der Arzneimittelkosten angeht, zeigte sich der FDP-Politiker zuversichtlich, dass die Versicherten bereits im laufenden Jahr um 500 Millionen Euro entlastet werden könnten.

„Banales Kleinstgesetz“

Prof. Dr. Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD-Fraktion, ging jedoch die Bundesregierung und insbesondere Minister Rösler scharf an: Nach neun Monaten im Amt habe er sich mehr erwartet, als solch ein „banales Kleinstgesetz“, das außer kleineren Regelungen und einer Rabatterhöhung kaum Substanzielles enthalte.

Der Minister habe sich selbst als „Bambus im Sturm“ bezeichnet und eine Reform des Gesundheitssystems angekündigt. Doch beim „geringsten Gegenwind aus dem Süden“ sei Rösler „eingeknickt wie ein Schilfrohr“ und habe seine Pläne zur Einführung einer Kopfpauschale fallengelassen. Das vorliegende Gesetz geißelte Lauterbach insgesamt als „Pfusch“.

Zwar sei das Ziel richtig, den 16-Prozent-Zwangsrabatt der Pharmabranche einzuführen, doch in der Ausführung sei das Gesetz einfach schlecht gemacht. So befürchtete der SPD-Politiker, die diversen Ausnahmeregelungen würden letztendlich dessen Einspareffekte in den „Promille-Bereich“ absenken.

„Ausgewogene Regelungen“

Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, wies solche Kritik an dem Gesetz zurück: Die Bundesregierung zeige sich handlungsfähig - sei es bei Datenschutzfragen oder bei der angekündigten Senkung der Arzneimittelkosten. „Wir werden damit 1,15 Milliarden Euro einsparen. Dazu sind Sie nie in der Lage gewesen“, sagte Spahn mit einem Seitenhieb auf die SPD.

Sein Fraktionskollege Johannes Singhammer, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU, hatte zuvor betont, das Gesetz sei ausgewogen. Zum einen beinhalte es die angekündigten Entlastungen für die Versicherten, zum anderen stelle es sicher, dass die Rabatterhöhung nicht zulasten mittelständischer Pharmaunternehmen gehe.

Ausnahmen vom Rabatt seien notwendig, um Arbeitsplätze in der Branche zu erhalten, argumentierte Singhammer: „Wir wollen das Deutschland die Apotheke der Welt wird.“

„Kurzatmig und halbherzig“

Kathrin Vogler (Die Linke), stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, bezeichnete das vorliegende Gesetz als „Flickenteppich“. In manchen Punkten hätte ihre Fraktion gerne zugestimmt, so die Politikerin, doch da es insgesamt so „kurzatmig und halbherzig“ gemacht sei, könne Die Linke ihre Stimmen dafür nicht geben.

Die Abgeordnete verwies stattdessen auf den eigenen Antrag, in dem die Fraktion mehr Kontrolle über die Pharmaindustrie gefordert hatte: „Machen Sie endlich Schluss mit deren Mondpreisen. Begrenzen Sie ihren Einfluss!“ Die Patienten würden durch unnötige und überteuerte Preise zu stark belastet, bemängelte Vogler.

Grundsätzliche Kritik übte sie auch an der Gesundheitspolitik der Bundesregierung, die sie als „Chaos“ bezeichnete. So lasse noch immer eine Regelung zur Weiterführung der unabhängigen Patientenberatung auf sich warten, und Minister Rösler fehle zudem der Plan, wie er das drohende Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung stopfen wolle.

„Rösler fehlt das Konzept“

Dieser Kritik schloss sich auch Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen) an: Statt der groß angekündigten Gesundheitsreform, die vor allem strukturelle Neuordnung des Gesundheitssystems schaffen sollte, lege die Bundesregierung nun doch nur Maßnahmen zur Kosteneinsparung vor - etwas, „was Sie glaubten, nicht nötig zu haben“, sagte die Bündnisgrüne in Richtung der Regierungsbank.

Nun sei Minister Rösler da, wo schon Ulla Schmidt (SPD) und andere Gesundheitsminister vorher gewesen seien: „Sie müssen bitter erkennen, dass Sie um eine Mischform aus strukturellen Reformen und Einsparungen nicht herumkommen.“ Das Problem sei nur, dass Rösler dafür kein Konzept habe.

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