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Parlament

Schwabe: Russland nicht ausschließen

Frank Schwabe, SPD

Frank Schwabe, SPD (DBT/photothek.net)

Gegen den kompletten Ausschluss der russischen Delegation bei der Frühjahrsession der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 7.  bis 11. April 2014 als Reaktion auf das Moskauer Vorgehen in der russisch-ukrainischen Krise spricht sich Frank Schwabe im Interview aus. Man solle die Annexion der Krim durch Moskau klar verurteilen, fordert der SPD-Bundestagsabgeordnete aus Castrop-Rauxel, „aber die Möglichkeit eines kritischen Dialogs mit den russischen Abgeordneten nicht verbauen“. In dem Konflikt müssten sich alle Beteiligten mäßigen, auch die Ukraine, „wo etwa Julia Timoschenko Öl ins Feuer gießt“. Schwabe ist Vizevorsitzender der Bundestagsdelegation in Straßburg. Das Interview im Wortlaut:


Herr Schwabe, in Straßburg wird über zwei Anträge mit den Unterschriften von insgesamt fast 130 Abgeordneten entschieden, die der Moskauer Delegation wegen des russisch-ukrainischen Konflikts das Stimmrecht entziehen oder sie ganz von der Teilnahme an der Sitzungswoche ausschließen wollen. Will das Europaratsparlament Moskau demonstrativ isolieren und bestrafen?

Wie diese Abstimmung ausgehen wird, muss man abwarten. Ich plädiere dafür, über Sanktionen dieser Art in Ruhe zu diskutieren. Der komplette Entzug der Akkreditierung für die russische Delegation wäre der falsche Weg. Wir sollten einerseits verdeutlichen, dass die Parlamentarische Versammlung das völkerrechtswidrige Vorgehen auf der Krim Moskau nicht durchgehen lässt, andererseits aber die Möglichkeit eines kritischen Dialogs mit den russischen Abgeordneten nicht verbauen.

Die russisch-ukrainische Krise ist zum Hauptthema der Straßburger Tagung geworden. Worum wird es bei der geplanten Dringlichkeitsdebatte gehen?

Eine solche Diskussion bietet vor allem die Chance zu einer öffentlichen Debatte auf internationaler Bühne. Bisher finden alle Gespräche hinter verschlossenen Türen statt, wobei die dann folgenden Erklärungen gegenüber Medien von den jeweiligen Interessen der Beteiligten geprägt sind. Die Debatte in Straßburg sollte darauf zielen, die Annexion der Krim klar zu verurteilen, aber auch die Notwendigkeit von Verhandlungen zur Bewältigung der Krise zu betonen. Dazu gehört ein Appell zur Mäßigung, der sich an alle Beteiligten richtet, auch an die Ukraine, wo etwa Julia Timoschenko Öl ins Feuer gießt.

Dominiert werden die Bemühungen um eine Entschärfung des Konflikts von den USA, der EU, der Nato und der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Bleibt da noch Raum für Initiativen des Europarats?

Eigentlich kommt man um eine Einrichtung wie den Europarat gar nicht herum. Wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland haben ihre Tücken. Eine Militärintervention will sowieso niemand. Wie vor einigen Jahren am Beispiel Georgiens zeigt jetzt auch die Ukraine wieder, dass die Nato solche Konflikte nicht lösen kann, eine Erweiterung der Nato immer weiter nach Osten nicht funktioniert. Zur Lösung von Krisen sollte man vielmehr Institutionen wie den Europarat und die OSZE stärken, die alle Staaten integrieren, auf diplomatisch-friedlichem Weg einen Interessenausgleich ermöglichen und auch präventiv wirken können.

Was könnte der Europarat im russisch-ukrainischen Konflikt konkret leisten?

Russland unterliegt ohnehin dem sogenannten Monitoring, also der Prüfung durch die Parlamentarische Versammlung, ob die Politik Moskaus den demokratisch-rechtsstaatlichen Standards des Europarats gerecht wird. Das Vorgehen Russlands auf der Krim und generell gegenüber der Ukraine muss zudem eigens untersucht werden – ob wir das jetzt schon beschließen, ist offen. Der Europarat wird über 40 Wahlbeobachter in die Ukraine entsenden. Wir können uns für die Beachtung von Minderheitenrechten engagieren. Straßburg bietet Hilfe bei der Schaffung einer Gesetzgebung an, die Gewaltenteilung, Oppositionsrechte und politischen Pluralismus garantiert. Besonders die Venedig-Kommission, ein Gremium von Verfassungsrechtlern, kann Unterstützung leisten.

Gegenüber Moskau hagelt es Kritik. Aber auch das Vorgehen des Maidan in Kiew entsprach doch nicht den Standards des Europarats. Präsident Viktor Janukowitsch und seine Regierung wurden gestürzt, obwohl sie gewählt waren. Und die Opposition übernahm die Macht ohne demokratische Legitimation.

Es geht halt selten schwarz-weiß zu. Beim Umsturz in der Ukraine mit der Machtergreifung der Opposition ist manches kritisch zu bewerten, was aber den Bruch des Völkerrechts auf der Krim durch Moskau nicht zu rechtfertigen vermag. Der von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und seinen Kollegen aus Frankreich und Polen mit Janukowitsch und der Opposition erreichte Kompromiss über eine politische Lösung des Machtkampfs in der Ukraine sah das, was schließlich geschah, nicht vor. Aber die Dinge entwickelten dann eine Eigendynamik.

Müsste das Europaratsparlament nicht untersuchen, wer auf dem Maidan geschossen hat? Es scheint nicht klar zu sein, welche Seite verantwortlich ist.

Diese Frage harrt in der Tat der Klärung. Die Parlamentarische Versammlung kann eine solche Prüfung jedoch nicht anordnen, das müsste die Ukraine in die Wege leiten. Der Europarat und auch die OSZE können bei einer Untersuchung Hilfe leisten, die in Kiew indes erwünscht sein muss.

(kos/02.04.2014)

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