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Parlament

„Flüchtlingslager in Jordanien unterstützen“

Zwei lächelnde Männer stehen nebeneinander und schauen in die Kamera.

Sanad Nawar, Fadi Hamam (DBT/photothek.net)

Jordanien ohne Flüchtlinge ist kaum vorstellbar. Gut die Hälfte der jordanischen Bevölkerung ist palästinensischer Abstammung, schreibt das Auswärtige Amt. Auch viele Iraker und etwa 1,5 Millionen Syrer sind als Folge des Krieges in ihrer Heimat nach Jordanien gekommen. „Man kann nicht über Jordanien reden, ohne über Flüchtlinge zu reden“, weiß denn auch der Jordanier Fadi Hamam. Auch seine Familie väterlicherseits stammt aus dem Westjordanland. „Arabische Flüchtlinge werden als Brüder empfangen“, sagt der 25-Jährige. Dafür, dass sich Europa bei der Aufnahme von Flüchtlingen so schwer tut, hat Fadi Hamam - ebenso wie sein Landsmann Sanad Nawar - dennoch ein gewisses Maß an Verständnis. Beide nehmen noch bis Ende September am Sonderprogramm des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) des Bundestages für arabische Staaten teil.

„Europa sollte helfen“

„Anders als bei uns in Jordanien treffen hier fremde Kulturen und Sprachen aufeinander. So ist keine Kommunikation möglich, und die Angst vor dem Fremden lässt sich nicht so leicht auflösen“, findet Fadi Hamam. Sanad Nawar spricht von zwei Seiten, die betrachtet werden müssten: Aus humanitärer Sicht, so findet er, sollten Flüchtlinge natürlich in Europa Aufnahme finden.

Andererseits könne er auch die Sorgen hinsichtlich der Sicherheit verstehen. Es sei schließlich nicht auszuschließen, dass auch IS-Sympathisanten unter den Flüchtlingen sind. Und dennoch: Europa sollte helfen, fordern die beiden Jordanier. „Etwa, in dem Flüchtlingslager in Jordanien finanziell unterstützt werden“, wie Fadi Hamam sagt.

„Ich möchte mehr über das politische System erfahren“

Eine Botschaft, die sie während ihrer vierwöchigen IPS-Zeit in Berlin sicherlich noch das ein oder andere Mal wiederholen werden. Doch die beiden sind vor allem hier, um zu lernen. „Ich möchte mehr über das politische System in Deutschland erfahren“, sagt Sanad Nawar. Diese Erfahrungen seien sehr wichtig für seine Arbeit mit der politischen Initiative Vox Populi.

„Wir sind keine staatlich anerkannte Organisation, haben keine einheitliche Ideologie und sind erst recht keine Partei“, erläutert er. Vielmehr gehe es darum, das politische Interesse der Jugend zu wecken. „Wir wollen einen Beitrag für den Dialog zwischen den unterschiedlichen Religionen und gesellschaftlichen Gruppen leisten“, sagt er. So ein Dialog sei wichtig für das Funktionieren der Gesellschaft.

Vorzeigeland in der Region

Doch schon heute gilt Jordanien als Vorzeigeland in der Region. Vor allem, da auch Minderheiten – auch religiöse Minderheiten – den Schutz des Staates genießen, wie Fadi Hamam sagt. Seiner Ansicht nach ist das nicht zuletzt ein Verdienst des Königshauses. „Schon der Vater vom jetzigen König Abdullah II. hat versucht, auch Gegner seiner Politik einzubinden – etwa, indem er ihnen wichtige Positionen in der Regierung gab.“

Probleme im Land gibt es dennoch: Zwar habe Jordanien viele motivierte und auch gut ausgebildete junge Menschen. Doch hätten diese zu wenig Möglichkeiten, sich in Jordanien selbst zu entwickeln, wie Sanad Nawar sagt. Die Folge davon: Viele verlasen das Land.

„Wir haben ein Ministerium für Jugendfragen“

„Wir müssen aber einen Weg finden, diese Potenziale im Land zu halten“, fordert er. Die Regierung, so räumt er ein, versuche etwas in diese Richtung zu unternehmen. „Wir haben ein Ministerium für Jugendfragen. Dort wird versucht, eine Strategie zu entwickeln“, sagt der 26-Jährige.

Mit Vox Populi wirkt auch Sanad Nawar daran mit, der eigentlich Wasser- und Umwelttechnik studiert hat, aber immer intensiver an politischen Projekten arbeitet. Viele Jordanier kümmerten sich nicht um Politik, hätten kein Vertrauen zur Regierung, sondern eine richtiggehende Politikphobie, beklagt er.

„Der König hat die absolute Macht“

Möglicherweise hat das ja auch damit zu tun, dass der Parlamentarismus in Jordanien – zumindest im Vergleich zu westlichen Demokratien – noch in den Kinderschuhen steckt. Denn noch immer kann der König jede Entscheidung des Parlamentes stoppen.

„Der König hat die absolute Macht“, bestätigt Fadi Hamam. „Er kann beispielsweise jederzeit das Parlament auflösen.“ Dauerhaft, da ist er sich sicher, wird das Königshaus diese große Macht aber nicht behalten. „Auch der König weiß, dass in der Zukunft die Macht noch mehr verteilt werden muss.“

„Vetomöglichkeit des Königs hat auch Vorteile“

Doch die Vetomöglichkeit des Königs hat auch ihre Vorteile, wie Fadi Hamam an einem Beispiel illustriert. Als nämlich die Mitglieder des Parlaments beschlossen hatten, sich ihre Gehälter zu verdoppeln, habe König Abdullah II. dem einen Riegel vorgeschoben. „Das hat ihm beim Volk viele Sympathien eingebracht“, sagt er.

Für ihn, der in Amman Wirtschaftsingenieurwesen studiert hat, ist im Übrigen die Zeit in Berlin nach dem IPS nicht vorbei. „Ich habe eine Zulassung zum Philosophie-Studium am der Humboldt-Universität“, freut sich Fadi Hamam. Wie seine berufliche Zukunft aussieht, vermag er sich derzeit noch nicht vorzustellen. „Kann schon sein, dass ich nach drei Jahren Philosophie-Studium bei uns zu Hause aktiver in die Politik einsteige“, sagt er. (hau/17.09.2016)

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