Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 18. Mai 2017, über mehrere Vorlagen abgestimmt.

Auszüge aus Personenstandsregistern: Der Bundestag hat den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. März 2014 über die Ausstellung mehrsprachiger, codierter Auszüge und Bescheinigungen aus Personenstandsregistern (18/11510) einstimmig angenommen. Wie die Regierung darin erläutert, können Standesbeamte nach einem Übereinkommen der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen (CIEC) von 1976 aus den von ihnen geführten Personenstandsregistern mehrsprachige Auszüge erteilen, die insbesondere zur Verwendung im Ausland bestimmt sind und in den Vertragsstaaten ohne weitere Förmlichkeit anerkannt werden. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses (18/12123) zugrunde.

Befugnisse für Vollstreckungsbehörden: In dritter Beratung haben die Parlamentarier mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Sachaufklärung in der Verwaltungsvollstreckung (18/11613) mit breiter Mehrheit bei Enthaltung der Grünen in der Ausschussfassung angenommen. Wie die Regierung in der Vorlage erläutert, sollen damit für die Vollstreckungsbehörden des Bundes im Wesentlichen die gleichen Sachaufklärungsbefugnisse begründet werden, „die die Gerichtsvollzieher durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung seit dem 1. Januar 2013 haben“. Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesregierung, „weitestgehend einen Gleichlauf von zivilprozessualer und öffentlich-rechtlicher Vollstreckung zu gewährleisten“. Dies solle nicht nur zugunsten der Vollstreckungsbehörden des Bundes gelten. Auch für die Vollstreckungsbehörden der Länder solle eine Harmonisierung der Sachaufklärungsbefugnisse mit den in der Zivilprozessordnung für den Gerichtsvollzieher begründeten Befugnissen ermöglicht werden. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses (18/12125) zugrunde.

Steuerabkommen mit Mazedonien: Der Bundestag hat den Regierungsentwurf zum Protokoll vom 14. November 2016 zur Änderung des Abkommens vom 13. Juli 2006 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der mazedonischen Regierung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (18/11869) mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der übrigen Fraktionen verabschiedet. Wie die Regierung erläutert, ist das bisher geltende Abkommen hinsichtlich der Regeln zum Informationsaustausch veraltet. Das neue Abkommen ist an die neuen Standards des Musterabkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angepasst worden. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (18/12398) zugrunde.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Panama: Der Deutsche Bundestag hat den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 21. November 2016 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Panama zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen betreffend den Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr (18/11878) mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Grünen gegen die Stimmen der Linksfraktion angenommen. Wie die Bundesregierung erläutert, soll geregelt werden, dass im internationalen Verkehr tätige deutsche Schiff- und Luftfahrtunternehmen ihre Einkünfte ausschließlich in Deutschland versteuern. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zugrunde (18/12398).

Erstellung von Prognosen: Das Parlament hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung (18/11257) mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Opposition angenommen. Die Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung soll in Zukunft von einer unabhängigen Einrichtung überprüft werden. Der auch als Vorausschätzungsgesetz bezeichnete Entwurf betrifft die regelmäßig erstellten Jahresprojektionen sowie die Frühjahrs- und Herbstprojektionen. Diese Vorausschätzungen sind Grundlage der Haushalts- und Finanzplanung. Mit dem Gesetz soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt werden, in einer Rechtsverordnung die unabhängige Einrichtung zu benennen, falls erforderlich ihre Zusammensetzung zu regeln und Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens festzulegen. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (18/12425) zugrunde.

Intelligente Verkehrssysteme: Der Bundestag hat den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Intelligente-Verkehrssysteme-Gesetzes (18/11494, 18/11880, 18/12181 Nr. 1.6) mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der Opposition angenommen. Geplant ist die Schaffung einer unabhängigen und unparteiischen nationalen Stelle, wie sie in der EU-Rahmenrichtlinie für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (Richtlinie 2010/40/EU) gefordert ist. In dem Entwurf heißt es, zur Gewährleistung einer koordinierten und effektiven Einführung von Intelligenten Verkehrssystemen (IVS) in der gesamten Europäischen Union sehe der europäische Rechtsrahmen für die vorrangigen Maßnahmen der Richtlinie die Ausarbeitung von Spezifikationen vor, die durch delegierte Verordnungen erlassen werden. Die EU-Kommission habe zur Information über die verkehrliche Situation im Straßenverkehr und für die Bereitstellung von Verkehrsdaten in delegierten Verordnungen für die Bereiche Echtzeitverkehrsinformationen, sicherheitsrelevante Verkehrsinformationen und sicheres Lkw-Parken Spezifikationen festgelegt, schreibt die Regierung. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (18/12411) zugrunde.

Abkommen über Soziale Sicherheit mit Moldau: Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abkommen vom 12. Januar 2017 mit der Republik Moldau über Soziale Sicherheit (18/11789) einstimmig angenommen. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (18/12394) zugrunde. Durch das Abkommen wird der soziale Schutz der beiderseitigen Staatsangehörigen im Bereich der jeweiligen Renten- und Unfallversicherungssysteme sichergestellt und koordiniert. Es sieht unter anderem vor, dass für Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber grundsätzlich die Rechtsvorschriften desjenigen Staates gelten, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.

Strategie für globale Investitionen: Die Abgeordneten des Bundestages haben den Antrag zu globalen Investitionen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/11410) mit der Mehrheit der Koalition bei Enthaltung der Linksfraktion abgelehnt. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, eine ressortübergreifende kohärente Strategie für die Investitionsförderung in Entwicklungsländern vorzulegen. Es soll dargelegt werden, wie bei der Mobilisierung privaten Kapitals der Anspruch einer menschenrechtsbasierten, nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 sowie den Klimaschutz laut Klimaabkommen von Paris sichergestellt werden kann. Unter anderem sollen globale Investitionen einer Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsrisikoprüfung und Folgenabschätzung unterzogen und international anerkannte Menschenrechtsabkommen und die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten werden, verlangen die Grünen. Die Rechte indigener Völker seien zu garantieren und es müsse sichergestellt werden, dass unabhängige Beschwerde- und Entschädigungsmechanismen für Betroffene bestehen. Zudem solle allen Betroffenen eine Klagemöglichkeit im Herkunftsland des privaten Investors eröffnet werden. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zugrunde (18/12301).

Sportlärm-Verordnung: Der Bundestag hat in dritter Lesung die Änderung der Sportanlagen-Lärmschutzverordnung einstimmig angenommen. Grund sind Änderungen des Bundesrates am ursprünglichen Verordnungsentwurf der Bundesregierung. Diesem hatte der Bundestag bereits am 26. Januar 2017 zugestimmt. In der geänderten Fassung des Verordnungsentwurfes (18/11945, 18/12181 Nr. 2) ist vorgesehen, dass die Immissionsrichtwerte nachts für die neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ 45 Dezibel und nicht 48 Dezibel betragen sollen. Damit soll das Lärmschutzniveau im „Urbanen Gebiet“ nachts genauso hoch sein wie in Mischgebieten. Der Bundesrat geht in seiner Begründung davon aus, dass Sportanlagennutzer, insbesondere im Breitensportbereich, von dieser Richtwertabsenkung nicht „über Gebühr“ beeinträchtigt werden. Die Anlagen würden selten über 22 Uhr hinaus genutzt, führt die Länderkammer aus. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (18/12407).

Petitionen: Die Abgeordneten des Bundestages haben die Sammelübersichten 433 bis 439 zu Petitionen angenommen, zu denen der Petitionsausschuss Beschlussempfehlungen vorgelegt hat (18/12114, 18/12115, 18/12116,18/12117, 18/12118, 18/12119, 18/12120). Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, das Betriebsverfassungsgesetz so zu ändern, dass Videokonferenzen für Betriebs- und Personalräte zugelassen werden. Um Geld zu sparen, soll die persönliche Anwesenheit von Betriebs- und Personalräten nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.

Digitalisierung soll Einzug halten

Zur Begründung führen die Petenten an, dass es 1952, als das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft trat, noch keine Videokonferenzen gab. Paragraf 30 des Gesetzes bestimmt, dass die Sitzungen nicht öffentlich sind. Mit der Begründung, dass es technische Möglichkeiten gebe, unbefugt an den Videokonferenzen teilzunehmen, würden Videokonferenzen derzeit faktisch ausgeschlossen.

Viele Betriebs- und Personalräte seien aber mittlerweile im gesamten Bundesgebiet, europaweit oder sogar weltweit ansässig und müssten zusammen agieren, heißt es in der Petition. Dies mache es schwierig, Konferenzen durchzuführen. Auch seien die Sitzungen mit sehr hohen Kosten verbunden. Daher sollten Sitzungen mit Anwesenheitspflicht (Präsenzsitzungen) nur noch in außerordentlichen Fällen möglich sein. Die Digitalisierung sollte auch hier Einzug halten, wird in der Petition gefordert.

Petition geht an das Arbeitsministerium

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 26. April 2017 einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales „als Material“ zu überweisen, „soweit es um die Zulässigkeit von Videokonferenzen geht“.

Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. Außerdem soll die Petition den Bundestagsfraktionen zur Kenntnis gegeben werden, „um sie auf das Anliegen der Petition besonders aufmerksam zu machen“.

Dialogprozess  zum Weißbuch Arbeiten 4.0

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, wonach im Rahmen des Dialogprozesses Arbeiten 4.0, der mit Sozialpartnern, Verbänden, Unternehmen, Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit geführt werde, auch die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit der Betriebsräte betrachtet würden. Es sei beabsichtigt, im Rahmen des Prozesses zum Weißbuch Arbeiten 4.0 auch die entsprechenden Handlungsoptionen zu erörtern, teilt das Ministerium mit.

Der Petitionsausschuss hält die Petition für geeignet, um über den möglichen Einsatz von Videokonferenzen zu diskutieren. Die Forderung des Petenten, dass Präsenzsitzungen aus wirtschaftlichen Gründen nur noch in außerordentlichen Fällen möglich sein sollen, teilt der Petitionsausschuss hingegen nicht, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Kostenübernahme bei künstlicher Befruchtung: Der Bundestag hat den Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (18/3279) mit der Mehrheit der Koalition bei Enthaltung der Linksfraktion abgelehnt, wonach die gesetzliche Krankenversicherung auch nicht verheirateten Paaren die Kosten für eine künstliche Befruchtung anteilig erstatten sollte. Solche Paare dürften bei der Chance auf Elternschaft nicht benachteiligt werden. Im Jahr 2012 seien in Deutschland 10.909 Kinder nach künstlicher Befruchtung geboren worden. Laut Gesetz hätten derzeit lediglich verheiratete Paare einen Anspruch darauf, dass ein Teil der Kosten für eine künstliche Befruchtung übernommen werde. Das Landgericht Berlin-Brandenburg habe in einer Entscheidung vom 13. Juni 2014 festgestellt, dass die gesetzlichen Krankenkassen auch nicht freiwillig die Kosten einer künstlichen Befruchtung übernehmen dürften. Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings schon 2007 darauf hingewiesen, dass es dem Gesetzgeber freistehe, die Voraussetzungen für die Gewährung solcher Leistungen näher zu bestimmen. Wie die Grünen-Fraktion schreibt, erhielten mit der gesetzlichen Neufassung künftig „neben verheirateten auch verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare für Maßnahmen der homologen oder heterologen künstlichen Befruchtung einen gesetzlichen Anspruch auf partielle Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung“. Der Gesundheitsausschuss hatte empfohlen, den Gesetzentwurf abzulehnen (18/7517).

Provenienzforschung bei Kulturgütern: Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Linken wurde ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/3046) abgelehnt, die sogenannte Provenienzforschung zu stärken und bessere Rahmenbedingungen für einen angemessenen und fairen Umgang mit Kulturgutverlust zu schaffen. Die Provenienzforschung, also die Forschung nach der Herkunft von Kulturgütern, solle in Museen, die dem Bund gehören oder durch den Bund gefördert werden, gestärkt werden. Auch sollten Forschungs- und Ausbildungsprojekte im Bereich der Provenienzforschung gefördert werden. Insgesamt müsse den Grundsätzen der Washingtoner Erklärung über den Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut mehr Geltung verschafft werden. Zudem setzen sich die Grünen für Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ein, um die „Ersitzung“ von NS-Raubkunst zu erschweren. Der Ausschuss für Kultur und Medien hatte empfohlen, den Antrag abzulehnen (18/7532).

Umwelt- und Sozialstandards in der internationalen Palmölproduktion: Der Bundestag hat mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linksfraktion einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt, der verbindliche Umwelt- und Sozialstandards in der internationalen Palmölproduktion verankern sollte. Diese sollten mindestens die Kriterien der Palm Oil Innovations Group (POIG) erfüllen und die Einhaltung international anerkannter Umwelt- und Menschenrechtsabkommen gewährleisten, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (18/8398), über den der Bundestag ebenfalls abstimmt. Außerdem solle die Bundesregierung dafür sorgen, dass externe Umwelt-, Klima- und Gesellschaftskosten internalisiert werden und so zum Beispiel die Kosten für die Bewältigung der durch den Palmölanbau verursachten Schäden direkt in den Produktpreis einfließen. National solle die Regierung eine „Palmölreduktionsstrategie“ erarbeiten, um Waldschutz- und Wiederaufforstungsprojekte sowie menschenrechtsbasierte Programme zur Förderung kleinbäuerlicher ökologischer Landwirtschaft in palmölproduzierenden Ländern zu finanzieren. Zur Begründung heißt es, die internationale Palmölboom gehe mit „gravierenden sozialen und ökologischen Konsequenzen“ einher. Als wichtigste Anbaugebiete seien Schwellen- und Entwicklungsländer am schwersten von den negativen Folgen der industriellen Palmölproduktion betroffen. Palmöl ist das meist produzierte Pflanzenöl weltweit. Die Produktion hat sich nach Angaben der Grünen seit 1990 auf über 58 Millionen Tonnen nahezu versechsfacht. Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vor (18/10611).

EU-Nachbarschaftspolitik gegenüber Nordafrika: Abgelehnt wurde mit den Stimmen der Koalition und der Linksfraktion ein Antrag der Grünen (18/6551), die sich für eine „weitsichtige europäische Nachbarschaftspolitik gegenüber den Staaten Nordafrikas“ einsetzen. Wenn in Staaten wie Ägypten zentrale Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- oder Versammlungsfreiheit eklatant missachtet würden, könne dort keine echte Stabilität einkehren, heißt es darin. Langfristig könnten nur stabile Rechtsstaaten in Nordafrika zur Hilfe für Flüchtlinge beitragen. Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, sich dafür einzusetzen, „dass Menschenrechtsschutz, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in den eigenen Beziehungen zu den Staaten Nordafrikas und bei der Neuformulierung der Europäischen Nachbarschaftspolitik handlungsleitend werden“. Sie solle in Regierungsverhandlungen Druck auf die Staaten Nordafrikas ausüben, „damit die zunehmenden Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Akteure zurückgenommen werden“. Zudem fordern die Abgeordneten, keine Waffenlieferungen in Spannungsgebiete zu genehmigen. Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hatte empfohlen, diesen Antrag abzulehnen (18/10848).

Geschlechtergerechte Haushaltspolitik: Für eine transparente und geschlechtergerechte Haushaltspolitik setzt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/9042) ein. Der Bundestag hat den Antrag mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Grünen und Die Linke abgelehnt. Die Fraktion fordert ein Gender Budgeting, welches „Gender Mainstreaming in der Haushaltspolitik umsetzt“, wie es im Antrag heißt. Der Europarat definiert danach Gender Budgeting als „eine geschlechterbezogene Bewertung von Haushalten und integriert eine Geschlechterperspektive in alle Ebenen des Haushaltsprozesses“. Dadurch würden Einnahmen und Ausgaben mit dem Ziel restrukturiert, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Die Abgeordneten fordern, dass die Regierung auf die stufenweise Erprobung und Einführung von Gender Budgeting als Analyse- und Zielsteuerungsinstrument im Bundeshaushalt hinwirkt und mittelfristig eine umfassende Gender-Budgeting-Strategie vorlegt, um unter anderem die Ministerien zu einer bestimmten Anzahl von verbindlichen Gleichstellungszielen zu verpflichten. Der Haushaltsausschuss hatte empfohlen, den Antrag abzulehnen (18/11433).

Initiative „She Decides: Ebenfalls abgelehnt wurde mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/11177), die Initiative „She Decides“ zu unterstützen und die sexuellen und reproduktiven Rechte und die Selbstbestimmung und Gesundheit von Frauen und Mädchen in Ländern des globalen Südens zu stärken. Die Initiative wurde von der niederländischen Regierung ins Leben gerufen und unterstützt Beratungs-, Gesundheits- und Unterstützungsangebote für Frauen und Mädchen, die bisher ganz oder teilweise aus Mitteln der US-Entwicklungszusammenarbeit finanziert wurden. Durch die von US-Präsident Trump unterzeichnete so genannte „Global Gag Rule“ werden nach Darstellung der Grünen Organisationen, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten, sich für deren Legalisierung einsetzen oder Frauen hierzu beraten, die Gelder gestrichen. Betroffen seien unter anderem lokale Gesundheitsorganisationen, HIV/Aids-Präventionsprogramme, Mütter- und Kinder-Gesundheitsdienste und Zika-Informationsstellen sowie Organisationen der Vereinten Nationen.Länder wie Schweden, Dänemark, Belgien, Luxemburg, Finnland und Kanada hätten sich der „She Decides“-Initiative bereits angeschlossen. Die Initiative schließe die durch die wegfallenden US-Mittel wachsende Finanzierungslücke im Bereich der „sexuellen und reproduktiven Gesundheit“ so weit wie möglich, damit möglichst alle Mädchen und Frauen selbst bestimmen können, ob, wann und von wem sie schwanger werden. Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat empfohlen, den Antrag abzulehnen (18/11649).

Atommüll-Export aus Jülich: Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung in einem Antrag (18/2624) auf, die Unzulässigkeit des Exports der Brennelemente aus dem AVR Jülich (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich GmbH) in die USA anzuerkennen und sämtliche Vorbereitungen hierfür unverzüglich einzustellen. Zudem soll die Betreibergesellschaft FZJ darauf verpflichtet werden, ernsthaft und vorrangig die Option der Errichtung eines neuen oder ertüchtigten erdbebensicheren Zwischenlagers auf dem Gelände des FZJ oder in unmittelbarer Nähe zu prüfen. Der Bundestag hat den Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition ohne Aussprache abgelehnt. Er folgte damit einer Empfehlung des Bildungs- und Forschungsausschusses (18/12408). Der Kugelhaufenreaktor AVR Jülich sei am 31. Dezember 1988 nach verschiedenen Störfällen und gravierenden Sicherheitsmängeln abgeschaltet worden, schreiben die Grünen. Im Zwischenlager in Jülich befänden sich derzeit 152 Castor-Behälter mit hoch radioaktiven Brennelementekugeln aus dem AVR. Gesellschafter des Forschungszentrums Jülich (FZJ) seien der Bund mit 90 Prozent und das Land Nordrhein-Westfalen mit zehn Prozent. 2013 sei die Genehmigung für das Zwischenlager in Jülich ausgelaufen, weil FZJ und die Bundesregierung als beherrschender Anteilseigner es über viele Jahre hinweg versäumt hätten, eine Ertüchtigung oder einen Neubau des Zwischenlagers anzugehen. Stattdessen verfolgten FZJ und Bundesregierung seit Jahren nur das Ziel, den Atommüll aus Jülich abzutransportieren. Einen Export der Jülicher Brennelemente in die USA halten die Grünen für nicht akzeptabel, da es sich bei den abgebrannten Brennelementen nicht um Forschungsmüll handle. Der AVR sei ein Prototyp-Leistungsreaktor gewesen. Atommüll aus einem solchen Reaktor müsse in Deutschland entsorgt werden. 

Aids-Epidemie bis 2030 beenden: Bündnis 90/Die Grünen fordern stärkere Bemühungen im Kampf gegen HIV und Aids. Auch mehr als 30 Jahre nach Beginn der HIV-Pandemie stelle diese Infektionskrankheit eine der großen Herausforderungen für die globale Gesundheit dar, obwohl sie vermeidbar und behandelbar sei, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (18/6775), den der Bundestag ohne Aussprache auf Empfehlung des Gesundheitsausschusses (18/12424) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt hat. Für die Betroffenen, deren Kinder und Angehörige sei diese Infektion nach wie vor mit Leid und Stigma verbunden. Trotz internationaler Anstrengungen hätten sich 2014 weltweit rund zwei Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert, etwa 1,2 Millionen seien an Aids gestorben. Vielen Infizierten werde eine Behandlung verwehrt, heißt es in dem Antrag. Von den rund 37 Millionen HIV-Infizierten lebten mehr als zwei Drittel in Afrika südlich der Sahara. Mehr als die Hälfte der dort Betroffenen seien Frauen. Es bestehe ein enger Zusammenhang von Armut und Infektionsrisiko.

(hau/eis/18.05.2017)

Marginalspalte