Parlament

AfD-Kandidaten scheitern erneut bei Wahlen zu fünf Gremien

Ohne vorhergehende Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 21. März 2019, Wahlvorschläge der AfD-Fraktion zur Besetzung von fünf Gremien abgelehnt. Dabei ging es zum einen um die Wahl von je einem Kuratoriumsmitglied für die „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ (19/8463) sowie die „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“ (19/8464), für die außerdem ein weiteres, stellvertretendes Mitglied gewählt werden sollte.

Zum anderen ging es um ein Mitglied für das Vertrauensgremium gemäß der Bundeshaushaltsordnung (19/8465), zwei Mitglieder für das Gremium gemäß dem Bundesschuldenwesengesetz (19/8466) sowie weitere zwei Mitglieder für das Sondergremium gemäß dem Stabilisierungsmechanismusgesetz (19/8467). Für die letzteren drei Gremien war es bereits der fünfte Wahlgang. Für die Besetzung der Kuratorien der beiden Stiftungen mit AfD-Abgeordneten war es hingegen der vierte Wahlgang.

Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“

Der AfD-Abgeordnete Uwe Witt, der für das Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ erneut kandidierte, wurde nur von der eigenen Fraktion unterstützt. Alle übrigen Fraktionen votierten bei wenigen Enthaltungen gegen ihn. Zuletzt hatte er am 21. Februar 2019 die erforderliche Mehrheit im Bundestag verfehlt (19/7957). Bereits bei der Wahl am 31. Januar 2019 war Witt gescheitert – ebenso wie bei der ersten Wahl am 8. November 2018.

Das Kuratorium beschließt über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören. Es bestellt den Direktor und den Beirat. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung, das Land Berlin, der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V., der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Jüdische Gemeinde zu Berlin, das Jüdische Museum Berlin, die Stiftung Topographie des Terrors und die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland entsenden ihre Vertreterinnen und Vertreter.

Kuratorium „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“  

Die erforderliche Mehrheit für die Wahl zum Kuratorium der „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“ verfehlten erneut auch die AfD-Abgeordneten Nicole Höchst und Petr Bystron, die beide wie bereits bei früheren Wahlgängen als Mitglied und Stellvertreter kandidierten. Auch sie wurden nur von der eigenen Fraktion gewählt, alle übrigen Fraktionen stimmten bei einigen Enthaltungen gegen sie. Zuletzt waren sie bei der Wahl am 14. Februar 2019 gescheitert (19/7674). Beide hatten sich zuvor bereits am 13. Dezember 2018 erfolglos beworben. Auch bei einem Wahlgang am 8. November 2018 waren sie abgelehnt worden.

Zweck der Stiftung ist die Förderung von Bildung sowie von Wissenschaft und Forschung, um vor allem die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, das Leben und Werk des Arztes und Sexualwissenschaftlers Magnus Hirschfeld (1868-1935) sowie das Leben und die gesellschaftliche Lebenswelt homosexueller Männer und Frauen, die in Deutschland gelebt haben und leben, wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen und einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken.

Das Kuratorium unterstützt und überwacht die Geschäftsführung des Vorstands. Es besteht aus 15 Mitgliedern sowie den Mitgliedern, die der Deutsche Bundestag benennen kann. Die Anzahl der vom Deutschen Bundestag zu benennenden Mitglieder ist die kleinstmögliche, bei der jedenfalls jede Fraktion zumindest ein Mitglied benennen kann und die Mehrheitsverhältnisse möglichst gewahrt werden, maximal jedoch neun. Der Bundestag benennt für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied. 

Gremium gemäß der Bundeshaushaltsordnung

Für die Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremiums gemäß Paragraf 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung hatte die AfD-Fraktion wie schon bei vorherigen Wahlgängen den Abgeordneten Marcus Bühl nominiert, der 239 Stimmen auf sich vereinigen konnte. Gegen Bühl stimmten 394 Abgeordnete, es gab 37 Enthaltungen, drei Stimmen waren ungültig. Die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen erreichte Bühl somit nicht. Beim Wahlgang am 14. Februar 2019 (19/7671) hatte er die erforderliche Mehrheit ebenso verfehlt wie schon bei den Wahlen am 13. Dezember 2018, am 19. April 2018 und am 1. März 2018.

Aufgabe des Vertrauensgremiums ist es, die Wirtschaftspläne für die Nachrichtendienste zu billigen, die ihm vom Bundesfinanzministerium vorgelegt werden. Aus Gründen des Geheimschutzes kann der Bundestag die Bewilligung von Ausgaben, die nach diesen geheimzuhaltenden Wirtschaftsplänen bewirtschaftet werden, ausnahmsweise davon abhängig machen, dass die Wirtschaftspläne von diesem Vertrauensgremium, das aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses besteht, gebilligt werden. Das Gremium teilt die Abschlussbeträge der Wirtschaftspläne dem Haushaltsausschuss rechtzeitig mit. Die Mitglieder sind zur strikten Geheimhaltung verpflichtet.

Vertrauensgremium gemäß dem Bundesschuldenwesengesetz

Als Mitglieder des Gremiums gemäß Paragraf 3 des Bundesschuldenwesengesetzes kandidierten erneut Albrecht Glaser und Volker Münz. Auf Albrecht Glaser entfielen 137 Stimmen bei 436 Gegenstimmen und 52 Enthaltungen. Sieben Stimmen waren ungültig. Münz kam auf 248 Stimmen bei 379 Gegenstimmen und 35 Enthaltungen. Hier waren sechs Stimmen ungültig. Beide Bewerber verfehlten somit die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen. Sie waren bereits bei den Wahlen am 14. Februar 2019 (19/7672), am 13. Dezember 2018, am 19. April 2018 und 1. März 2018 von ihrer Fraktion nominiert, vom Bundestag aber nicht gewählt worden. 

Nach Paragraf 3 des Bundesschuldenwesengesetzes hat der Bundestag für die Dauer einer Legislaturperiode ein Gremium gewählt, das vom Bundesfinanzministerium über alle Fragen des Schuldenwesens des Bundes unterrichtet wird. Dem Gremium dürfen nur Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages angehören. 

Sondergremium gemäß dem Stabilisierungsmechanismusgesetz

Zur Wahl als Mitglied des Sondergremiums gemäß Paragraf 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes traten wie schon bei früheren Wahlen der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer und als Stellvertreterin die AfD-Abgeordnete Dr. Birgit Malsack-Winkemann an. Boehringer erhielt 243 Stimmen bei 395 Gegenstimmen und 34 Enthaltungen. Malsack-Winkemann konnte 231 Stimmen bei 403 Gegenstimmen und 35 Enthaltungen auf sich vereinigen. Beide erreichten in der geheimen Wahl die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen nicht und sind somit nicht gewählt. Bereits bei den Wahlen am 14. Februar 2019 (19/7673), am 13. Dezember 2018, am 19. April 2018 und am 1. März 2018 waren sie von ihrer Fraktion nominiert, vom Bundestag aber nicht gewählt worden. 

Bei dem Sondergremium geht es um die Beteiligung des Bundestages an Entscheidungen des Euro-Rettungsschirms EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität). Die Bundesregierung darf einem Beschlussvorschlag, der die „haushaltspolitische Gesamtverantwortung“ des Bundestages berührt, nur zustimmen oder sich enthalten, nachdem der Bundestag dazu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. Wenn Staatsanleihen auf dem sogenannten Sekundärmarkt, meist an Börsen, gehandelt werden sollen, kann die Bundesregierung auf die „besondere Vertraulichkeit“ der Angelegenheit hinweisen. In diesem Fall nimmt das Sondergremium die Beteiligungsrechte des Bundestages wahr. Wenn das Sondergremium der Bundesregierung im Hinblick auf das Erfordernis der Vertraulichkeit widerspricht, kann der Bundestag selbst seine Beteiligungsrechte wahrnehmen. Das Sondergremium berichtet dem Bundestag über Inhalt und Ergebnis seiner Beratungen, sobald die „besondere Vertraulichkeit“ wegfällt. (vom/eis/sas/21.03.2019)