Aktuelle Stunde

Kevin Kühnert und die Soziale Marktwirtschaft

Mit einem klaren Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft und einer ebenso klaren Absage an jedwede Verstaatlichungstendenzen hat die FDP-Fraktion am Mittwoch, 8. Mai 2019, die Aktuelle Stunde des Bundestages zum Thema „Stand der Wirtschaftsverfassung Deutschlands – Ein Plädoyer für die Soziale Marktwirtschaft“ eröffnet. 

FDP: Kampfansage an die Soziale Marktwirtschaft 

„Die Sehnsucht nach dem linksautoritären Staat ist nicht nur bei Kevin Kühnert und einigen Jusos sehr lebendig, sondern auch bei einigen gestandenen Sozialdemokraten oder Grünen“, erklärte Linda Teuteberg (FDP). Sie erinnerte: „Das letzte Mal, dass in Deutschland die Systemfrage gestellt wurde, das war 1989, und die Ostdeutschen und Osteuropäer haben diese Frage sehr eindeutig beantwortet.“

Teuteberg warf Kühnert und anderen eine „ernste Kampfansage an die Soziale Marktwirtschaft“ vor. Doch ohne Eigentumsgarantie und lohnendes unternehmerisches Risiko wäre der beachtliche Aufstieg der Bundesrepublik nach zwei grausamen Weltkriegen nicht möglich gewesen. Kollektivierungsträume seien Gift. Schon das Gerede darüber schaffe ein investitionsfeindliches Klima, so die FDP-Abgeordnete.

Minister: In ordnungspolitischen Fragen „Linie halten“

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte an die Adresse der SPD-Spitze, er hätte sich gewünscht, wenn die führenden Sozialdemokraten sich eindeutiger von dem, was an „Unsinn“ und längst überwunden Positionen zum Besten gegeben worden sei, distanziert hätten. Unternehmer, aber auch Arbeitnehmer, würden zutiefst verunsichert, „wenn der Eindruck entsteht, dass der Staat im Grunde jeden diskriminiert und jeden schief anblickt, der wirtschaftlich erfolgreich ist und der es schafft, mit seiner eigenen Arbeit etwas zu erwerben“.

Der Staat habe nicht das Recht, den Bürgerinnen und Bürgern das wegzunehmen, was sie durch eigene Arbeit und eigenen Einsatz erwirtschaftet hätten. Deshalb müsse man in den grundsätzlichen ordnungspolitischen Fragen „Linie halten“. Zugleich räumte Altmaier ein, es gebe „viele Bereiche, in denen wir mehr Marktwirtschaft brauchen“. Er nannte als Beispiele die Energiewende und die ausufernde Bürokratie.

CDU/CSU kritisiert SPD-Führung 

Wie der Wirtschaftsminister äußerte sich auch Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) kritisch zum Verhalten der SPD-Führung.

Es sorge ihn, wenn wir „bei diesem Thema nicht mehr so auf Ihren Kompass vertrauen können“. 

AfD: Wirtschaftsverfassung gegen Angriffe verteidigen

Für Uwe Witt (AfD) legen die Akteure der Verstaatlichungsdebatten „die Axt an die Soziale Marktwirtschaft“. SPD, Linke und Grüne versuchten immer wieder, „ihre Vorstellungen eines demokratischen Sozialismus unserem Volk schmackhaft zu machen“. Die Bürger hätten jedoch ein gutes Gedächtnis, und auch nach 30 Jahren seien „das klägliche Scheitern und die Grausamkeiten des real existierenden Sozialismus inklusive Mauerbau, Schießbefehl und völlig ruinierter Infra- und Wirtschaftsstruktur noch nicht vergessen“, stellte Witt fest.

Der AfD-Politiker appellierte, Sozialstaat und Wirtschaftsverfassung gegen die Angriffe zu verteidigen, „denn sonst gibt es irgendwann nichts mehr zu verteidigen“.

SPD: Politik muss klare Rahmen setzen

Bernd Westphal (SPD) stellte fest, die soziale Marktwirtschaft sei seit 70 Jahren in das Grundgesetz eingebettet, und sie sei ein ökonomisches, sozial gerechtes und ökologisches Erfolgsmodell. Die Politik müsse aber klare Rahmen setzen, „wenn der Markt versagt“.

Daher habe der Staat zum Beispiel angesichts der nachlassenden Tarifbindung mit der Schaffung des Mindestlohns eingreifen müssen. Das Gleiche gelte für den Wohnungsmarkt, wo man auf Defizite mit Mietpreisbremse und mehr Wohnungsbau reagiert habe.

Linke: Notwendig, über Enteignungen zu reden

Unterstützung fand Kühnert bei der Linksfraktion, für die Dr. Sahra Wagenknecht den Bogen noch viel weiter spannte: Die Politik trage dazu bei, „dass das Wohlstandsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft für immer mehr Menschen zu einer hohlen Phrase geworden ist. Das ist doch das Kernproblem.“ Es sei ein Hohn, „eine Gesellschaft noch Soziale Marktwirtschaft zu nennen, wo jeder Vierte für einen Lohn arbeitet, von dem er nicht anständig leben kann“. 

Auch wenn das „böse E-Wort“ sofort Schnappatmung auslöse, sei es dringend notwendig, über Enteignungen zu reden, „aber über die, die Sie alle gemeinsam mit ihrer Politik verursacht haben. Denn anderes als Enteignung war das doch nicht, als mit den Agenda-Reformen in Deutschland einer der größten Niedriglohnsektoren in ganz Europa geschaffen wurde“. Und jetzt sehe die Politik tatenlos zu, wie in den Städten die Mieten explodieren würden, während Immobilienunternehmen wie Deutsche Wohnen und Vonovia Gewinnrekorde vermeldeten.

Grüne: Staat muss regulierend eingreifen

Kerstin Andreae (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, Kollektivierungen und Verstaatlichungen seien „keine Antworten für die Herausforderungen, vor denen wir stehen“. Dass aber die Äußerungen eines Juso-Vorsitzenden die ganze Republik in Wallungen versetzen, zeige, dass Kühnert etwas adressiert habe, was viele spüren würden: „Ein Unbehagen ist das, das Gefühl, dass irgendwas nicht mehr stimmt. Das Gefühl, dass Menschen nicht mehr wissen, ob sie in ihrer Wohnung bleiben können, das Gefühl, dass Menschen nicht mehr wissen, ob sie von ihrer Arbeit noch leben können“, sagte Andreae.

Die Soziale Marktwirtschaft könne das Wohlstandsversprechen für alle nicht mehr einhalten. Aber dazu müsse der Staat regulierend eingreifen und Leitplanken setzen für eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft, sagte Andreae, die Kühnerts Lösungen als falsch bezeichnete: „Andere Eigentumsverhältnisse bringen nicht mehr Klimaschutz.“ So habe VW mit 20 Prozent Staatsbeteiligung das Dieselgate angeführt. (hle/08.05.2019)

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