Ja zu Stärkung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik
Breite Zustimmung fand am Freitag, 31. Januar 2020, ein Antrag (19/16834) der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP). Der Bundestag verabschiedete die Vorlage, in der die Abgeordneten eine Stärkung dieser dritten Säule der deutschen Außenpolitik fordern, mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen bei Enthaltung der übrigen Fraktionen. Die dazu vorgelegten Berichte der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik für die Jahre 2017 (19/7225) und 2018 (19/11510) wurden nach einstündiger Beratung an den federführenden Auswärtigen Ausschuss überwiesen.
Ausbau des weltweiten Jugendaustauschs
Die Koalitionsfraktionen hatten in ihrer Vorlage unter anderem gefordert, die 2018 gestartete Initiative zum Schutz gefährdeter Künstlerinnen und Künstler („Martin-Roth-Initiative“) weiter zu unterstützen und den weltweiten Jugendaustausch „als wichtiges Element der Völkerverständigung und der Vermittlung interkultureller Kompetenzen“ auszubauen.
Die AKBP soll für freundschaftliche Beziehungen mit anderen Staaten sorgen und die deutsche Sprache und Kultur im Ausland fördern. Nach Angaben der Bundesregierung standen im Jahr 2018 für Bildungsangebote, Kulturevents, Jugendaustausch und Städtepartnerschaften, rund 1,87 Milliarden Euro zur Verfügung. Wichtige Partner der AKBP sind die mehr als 140 deutschen Auslandsschulen, das Goethe-Institut und der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD).
Minister setzt auf Bildung gegen Vorurteile und Ressentiments
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte in der Debatte, die Bedeutung dieses Politikfeldes werde häufig unterschätzt, dabei sei „Bildung die beste Immunisierung gegen dumpfe Vorurteile und Ressentiments“. Es gehe bei der AKBP um „Verständnis füreinander und Verständigung miteinander“.
Zahlreiche Programme unterstützten die Zivilgesellschaft in Südost- und Osteuropa, Initiativen kümmerten sich um den Schutz verfolgter Wissenschaftler und Künstler. Er kündigte an, dass verfolgten Menschenrechtsverteidigern temporäre Aufenthalte in Deutschland ermöglicht werden sollen.
CDU/CSU lobt „hervorragende“ Bildungsarbeit im Ausland
Jürgen Hardt (CDU/CSU) lobte die „hervorragende Bildungsarbeit im Ausland“, die dazu beitrage, ein positives Deutschlandbild zu vermitteln und zu prägen. Jedoch müsse die AKBP sich stärker darum kümmern, wie mehr Menschen für den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert werden können.
Hardt kritisierte auch die Einstellung des deutschen Radioprogramms der Deutschen Welle und betonte bezugnehmend auf die zwischenzeitliche Schließung der deutschen Schule in Izmir durch türkische Behörden im Jahr 2018, dass der Betrieb der drei deutschen Auslandsschulen in der Türkei gewährleistet werden müsse. „Die deutschen Lehrpläne und das deutsche Schulrecht müssen angewendet werden können.“
FDP fordert zeitgemäßen und vernetzten Ansatz
Für die FDP nannte Bijan Djir-Sarai die AKBP ein wichtiges Instrument, um globale Transformationsprozesse mitzugestalten und Deutschland als verlässlichen Partner in der Welt zu positionieren.
Doch gebe es einen Mangel bei Effizienz, Koordinierung und Umsetzung, sagte er mit Verweis auf die verschiedenen Bundesressorts, die Projekte der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik verantworten. „Deutschland braucht endlich einen zeitgemäßen und vernetzten Ansatz“, konstatierte der Liberale.
Linke will deutsch-polnisch-jüdischen Austausch vertiefen
Dr. Diether Dehm (Die Linke) sprach sich für „ordentliche Tarifverträge“ bei Institutionen wie dem Goethe-Institut und den Auslandsschulen aus. Außerdem müsse die AKBP dem Antikommunismus, etwa in Brasilien und der Türkei, stärker entgegentreten.
Nach Ansicht seiner Fraktionskollegin Brigitte Freihold fehlt der Bundesregierung zudem ein ganzheitliches Konzept zur Vertiefung des deutsch-polnisch-jüdischen Austauschs und der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit.
Grüne: Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft
Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) bedauerte, dass die Koalitionsfraktionen sich nicht für einen fraktionsübergreifenden Antrag stark gemacht hätten, obwohl es im Bundestag einen Grundkonsens über die Bedeutung der AKBP gebe. „Sie baut Brücken über unzählige Gräben und öffnet Türen, während andere Mauern errichten“, urteilte Roth.
Doch sei ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. So sei mehr Kohärenz zwischen den Ministerien genauso notwendig wie eine bessere finanzielle Ausstattung.
AfD: Kultur- und Bildungspolitik wird mit Aufgaben überladen
Prof. Dr. Lothar Maier (AfD) sagte, für die Präsenz Deutschlands in der Welt sei „fast jede Anstrengung gerechtfertigt“. Doch werde die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik mit Aufgaben überladen, die sie keinesfalls erfüllen könne. So solle sie Krisen und Konflikte verhindern – doch „wer sich im Ausland jenen scharfen, sozialkritischen und allen Wendungen der politischen Korrektheit nachvollziehenden Fernsehspielen der GEZ-Sender oder dem deutschen Gender-Gaga aussetzt, kann keine Kraft mehr aufbringen für einen wirklichen Konflikt“, urteilte Meier, der auch die politischen Zielsetzungen der AKBP kritisierte. So betone die Bundesregierung, Abschottung und Populismus müsse eine gemeinsame europäische Kultur entgegengestellt werden. „Die Stärke Europas ist aber die Vielfalt seiner Kultur, nicht eine gemeinsame“, sagte Maier.
Die Debatte wurde auf Antrag der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, und mit Zustimmung der übrigen Fraktionen kurzzeitig unterbrochen, weil Außenminister Maas die Sitzung wegen der Teilnahme an einer Kleinwaffenkonferenz im Auswärtigen Amt verlassen hatte und auch kein anderes Mitglied der Bundesregierung im Plenum anwesend war. Sie wurde nach der Rückkehr von Maas fortgesetzt.
Angenommener Antrag von CDU/CSU und SPD
Mit der Annahme des Antrags der Koalitionsfraktionen (19/16834) fordert der Bundestag die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf, die „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ als eine zentrale Säule der deutschen Außenpolitik entsprechend der anderen Säulen weiter zu stärken, damit sie auch durch starke personelle Präsenz in den Auslandsvertretungen ihren wichtigen Beitrag zu einer kohärenten, durchsetzungsstarken sowie werte- und interessenbasierten Außenpolitik leisten kann. Das setze voraus, dass die Freiheit von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Meinung weiter gestärkt werden, indem das Eintreten für Freiheits- und Menschenrechte geschützt wird.
Darüber hinaus soll der Jugendaustausch weltweit, vor allem innerhalb Europas, als wichtiges Element der Völkerverständigung und der Vermittlung interkultureller Kompetenzen verstärkt werden. Auch soll auf den positiven Erfahrungen des Deutschlandjahres in den USA aufgebaut werden. Die gewonnenen Netzwerke und Partnerschaften seien zu erhalten, um dem zivilgesellschaftlichen Austausch mit den USA auch weiterhin einen besonderen Stellenwert einzuräumen.
Bericht der Bundesregierung für das Jahr 2017
Die finanziellen Mittel für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik beliefen sich 2017 laut Bericht (19/7225) auf insgesamt 1,85 Milliarden Euro. Davon entfielen 923,8 Millionen Euro allein auf Kapitel 0504 im Etat das Auswärtigen Amtes - die Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland. Der Bericht verweist zudem auf ein nach wie vor hohes Interesse an der deutschen Sprache weltweit. „Mit den hauptsächlich jungen Deutschlernenden – derzeit 15,4 Millionen weltweit, davon 87 Prozent an Schulen – gewinnt Deutschland für die Zukunft Partner in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Kultur und Forschung, die Deutschland nahestehen.“
Mit 9,4 Millionen Deutschlernern liege ein Schwerpunkt von Deutsch als Fremdsprache (DaF) in den Ländern der ehemaligen GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) und Europas mit den meisten Schülern in Polen und Russland, schreibt die Bundesregierung. Gleichzeitig steige die Nachfrage nach Deutsch als Fremdsprache in Schwellenländern Lateinamerikas, Nord- und Subsahara-Afrikas, des Nahen und Mittleren Ostens und Süd- und Südostasiens. „Hier gehen die gute wirtschaftliche Entwicklung, die Zunahme deutscher Investitionen und ein steigendes Interesse an Deutschland Hand in Hand“, heißt es in der Vorlage. Allerdings setze der zunehmende, weltweite Deutschlehrermangel dem Aufwuchs von Sprachlernangeboten oftmals Grenzen.
1,88 Milliarden Euro im Jahr 2018
Für 2018 beliefen sich die finanziellen Mittel für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik der Bundesregierung laut Bericht (19/11510) auf insgesamt 1,88 Milliarden Euro. Davon entfielen 956,7 Millionen Euro allein auf Kapitel 0504 im Etat das Auswärtigen Amtes – die Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland.
Verwiesen wird im Bericht unter anderem auch auf die Datenerhebung „Deutsch als Fremdsprache weltweit“ (2015), die ergeben habe, dass die überwiegende Mehrheit (87 Prozent) der weltweit rund 15,4 Millionen Deutschlernenden Schülerinnen und Schüler sind. Das Auswärtige Amt richte daher seine Förderung von Deutsch als Fremdsprache verstärkt auf Schulen mit Deutschunterricht. So betreue das Goethe-Institut im Rahmen der „Bildungskooperation Deutsch“ rund 95.000 Schulen weltweit. Weitere 2.000 Schulen würden durch die Partnerschulinitiative PASCH gefördert. „Damit erreichen wir insgesamt etwa 90 Prozent aller Schulen mit Deutschunterricht im Ausland“, schreibt die Bundesregierung. (joh/ahe/hau/31.01.2019)