Aktuelle Stunde

„Coronavirus macht internati­onale Ab­stimmung erfor­derlich“

Die weltweite Verbreitung des neuen Corona-Virus macht nach Ansicht der Fachpolitiker im Bundestag deutlich, wie wichtig eine internationale Abstimmung in der Gesundheitspolitik ist. In einer von CDU/CSU und SPD verlangten Aktuellen Stunde zum Thema „Strategie zur Vorbeugung gegen das Corona-Virus in Deutschland“ wiesen am Mittwoch, 12. Februar 2020, im Parlament mehrere Redner zugleich darauf hin, dass viele Bürger in Sorge seien wegen der Ausbreitung der Virusinfektion. Umso wichtiger seien umfassende Informationen. Grund für übertriebene Sorge oder gar Panik bestehe nicht, hieß es in Redebeiträgen übereinstimmend.

Minister: Wir sind gut vorbereitet

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, das Robert-Koch-Institut (RKI) schätze die Gefahren für die Gesundheit in Deutschland weiterhin als gering ein. Spahn betonte: „Wir sind wachsam, wir sind aufmerksam, wir sind gut vorbereitet.“ Derzeit gebe es 16 Infizierte in Deutschland, die isoliert worden seien und behandelt würden. Es sei gelungen, eine schnelle Ausbreitung des Virus zu verhindern. Damit werde Zeit gewonnen, um das Virus zu analysieren, denn das Wissen über Ansteckungswege und den klinischen Verlauf sei noch zu gering.

Der Minister räumte ein, es sei nicht ausgeschlossen, dass sich aus der Epidemie in China eine globale Pandemie entwickle. Es könnte zunächst noch schlechter werden, bevor es besser werde, sagte er und sprach von einer „dynamischen Lage“. Mit den Pandemieplänen und den Sofortmaßnahmen seien aber die nötigen Vorkehrungen getroffen worden.

Wichtig in der jetzigen Lage sei auch die Aufklärung der Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit, um Spekulationen und Unsicherheit in der Bevölkerung zu verhindern. Zurückweisungen und Diskriminierungen im Zusammenhang mit der Epidemie seien inakzeptabel. Nach Ansicht Spahns könnten solche Epidemien künftig häufiger auftreten. Wichtig sei daher die internationale Abstimmung. Viren machten an Ländergrenzen nicht Halt.

SPD: Gesundheitspolitik global abstimmen

Auch Heike Baehrens (SPD) verwies auf die Notwendigkeit, sich in der Gesundheitspolitik global abzustimmen. Im Fall des neuen Corona-Virus, das nun offiziell unter der Bezeichnung Sars-CoV-2 geführt wird, habe das Krisenmanagement zwischen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und nationalen Behörden und Forschungseinrichtungen funktioniert. Die WHO habe richtig gehandelt und den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Die Rolle der WHO sei nicht hoch genug einzuschätzen, es sei die einzige normgebende Instanz im Gesundheitsbereich.

Die WHO müsse daher auch finanziell gestärkt werden. Es gebe eine realistische Chance, den Ausbruch zu stoppen, wenn  weiter konzertiert vorgegangen werde. Die SPD-Abgeordnete erinnerte zugleich an Länder mit schwachem Gesundheitssystem, die es zu schützen gelte. So stürben im Kongo mehr Kinder an Masern als an Ebola.

FDP: Es fehlt an Kompetenz in der Infektionsmedizin 

Andrew Ullmann (FDP) ging auf die verbreitete Angst in der Bevölkerung ein, die in vielen Fällen durch Nichtwissen und fehlende Daten verursacht sei. Es müsse noch mehr getan werden für die Aufklärung. Zudem mangele es an Kompetenz in der Infektionsmedizin. So seien flächendeckend mehr Fachärzte nötig und eine Strukturreform der Krankenhäuser.

 Ullmann fügte hinzu, Gesundheit sei auch ein Wirtschaftsfaktor. Es bestehe die Sorge, dass Lieferketten aus China zusammenbrechen. „Wenn China hustet, liegt die Weltwirtschaft im Krankenhaus.“

Linke: Über nationalen Gesundheitsdienst nachdenken

Harald Weinberg (Die Linke) lobte ausdrücklich die Aufklärungsarbeit der Bundesregierung und Behörden. Es sei wohltuend, dass sich der Gesundheitsminister und das Robert-Koch-Institut gegen Panikmache stark gemacht hätten. Noch handele es sich auch um ein überschaubares Problem. Jedoch sei das Gesundheitssystem in der Vergangenheit zu stark auf Ökonomie getrimmt worden.

Es gehöre zu den Aufgaben eines guten Gesundheitssystems, auf Pandemien vorbereitet zu sein, dies sei mit den Fallpauschalen in Kliniken aber kaum möglich. Auch der öffentliche Gesundheitsdienst sei ausgedünnt worden. Nun müsse über einen nationalen öffentlichen Gesundheitsdienst nachgedacht werden, forderte der Linken-Abgeordnete.

AfD weist auf Lieferengpässe bei Arzneimitteln hin

Detlev Spangenberg (AfD) nahm die Debatte zum Anlass, um auf Lieferengpässe bei Arzneimitteln hinzuweisen. Die zunehmend schwierige Wirkstoffversorgung könnte sich noch dramatisch verschlechtern. Die Lieferschwierigkeiten hätten mit den Rabattverträgen zu tun sowie mit der Auslagerung der Arzneimittelproduktion nach China und Indien. Damit gerieten Deutschland und Europa in eine gefährliche Abhängigkeit.

Gerade während einer solchen Epidemie seien Lieferengpässe bei Medikamenten „kreuzgefährlich“. Deutschland müsse in der Pharmaproduktion wieder mehr Bedeutung erlangen.

Grüne: Weltweite Solidarität nötig

Nach Ansicht von Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich das System zum Infektionsschutz weitgehend bewährt. Gleichwohl müsse über eine international bessere Zusammenarbeit sowie über die Finanzierung beraten werden. Es sei in der jetzigen Lage weltweite Solidarität nötig, auch mit Ländern ohne gutes Gesundheitssystem.

Den Behörden in China warf sie vor, nicht ausreichend Informationen zu liefern und auch nicht ausreichend mit anderen Institutionen zu kooperieren. Informationen seien aber von zentraler Bedeutung, weil die Menschen verunsichert seien und sich Falschmeldungen, Rassismus und Verschwörungstheorien schnell verbreiteten. (pk/12.02.2020)

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