Aktuelle Stunde

Fraktionen weisen AfD-Dar­stellung vom „Whistle­blower“ im BMI zurück

Während einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Whistleblower-Studie aus dem Bundesinnenministerium bewertet Regierungshandeln während der Corona-Krise als Fehlalarm – Fakten aufklären und ernst nehmen“ am Freitag, 15.Mai 2020, hat Armin-Paulus Hampel (AfD) den stellvertretenden Referatsleiter im Bundesinnenministerium (BMI), Stephan Kohn, als anständigen Beamten bezeichnet, der sich als Staatsdiener und nicht als Parteiendiener sehe. 

AfD: Regierung hat Fake-News produziert

Kohn habe nichts anderes als seine Pflicht getan, als er seinen 80-seitigen Bericht erstellt habe, den er seinen Vorgesetzten und seinem zuständigen Minister zugesandt habe und in dem er unter Bezugnahme auf Expertise zu einem erschreckenden Resultat gekommen sei, befand Hampel. Dieses laute: Das, was die Bundesregierung seit Wochen dem deutschen Volke „vorerzählt und vorlügt“, sei ein Fehlalarm gewesen.

Die Bundesregierung habe Fake-News produziert. „Was kann es für eine Bundesregierung Schlimmeres geben, als von einem Mitarbeiter aus dem eigenen Hause solch einen Vorwurf zu erhalten?“, fragte er und kritisierte die Beurlaubung des Beamten.

CDU/CSU: Kein Whistleblower

Es sei ein Skandal, „was von der AfD in dieser Aktuellen Stunde skandalisiert wird“, entgegnete Thorsten Frei (CDU/CSU). Jeder könne in Deutschland seine Meinung frei äußern, betonte der Unionsabgeordnete. Ein Mitarbeiter eines Ministeriums dürfe aber nicht in einem Bereich, für den er nicht zuständig sei, „auf offiziellem Briefpapier die offiziellen Kommunikationskanäle nutzen und versuchen, den Eindruck zu erwecken, das wäre eine Stellungnahme der Bundesregierung“. Es sei richtig, dass das BMI daraufhin schnell Konsequenzen gezogen habe.

Frei lehnte es ab, den Beamten einen Whistleblower zu nennen. Er habe keinerlei Insiderkenntnisse besessen, so der CDU-Politiker. Was den Vorwurf des Fehlalarms angeht, so sagte Frei: Deutschland sei besser durch die Krise gekommen als andere Staaten. Das würden 80 Prozent aller Menschen im Land auch so sehen.

FDP: Ein durchgeknallter Typ

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) befand es beschämend, angesichts der Zustände in Italien und Spanien von einem Fehlalarm zu reden. „Fehlalarm heißt doch: Da war nichts.“ Das sei völlig absurd und zeige, „was der Mensch für ein Geistes Kind ist“. Kohn als Whistleblower zu bezeichnen, sei peinlich, sagte Aschenberg-Dugnus.

Ein Whistleblower sei eine Person, die wichtige Informationen für die Allgemeinheit aus geheimen Quellen an die Öffentlichkeit bringe. Kohn habe aber kein Fehlverhalten des BMI aufgedeckt, sondern „basierend auf seinen eigenen Ideen ein neues Narrativ erstellt“. Damit seine Meinung Gehör findet, habe er sich am Briefkopf des Ministeriums bedient. „Für mich ist das kein Whistleblower, sondern nur ein durchgeknallter Typ“, sagte sie.

SPD: Bevölkerung nicht für dumm verkaufen

Corona als Fehlalarm zu bezeichnen, ist auch aus Sicht von Sabine Dittmar (SPD) unangemessen. Es sei einzig und allein den konsequenten Schutzmaßnahmen und der Disziplin der Bürger zu verdanken, dass die Krise in Deutschland nicht so verlaufen sei wie in den USA oder in Großbritannien.

Die AfD forderte Dittmar auf, die Faktenlage anzuerkennen und damit aufzuhören, Verschwörungstheorien zu verbreiten. Es gehe nicht an, die Bevölkerung mit blankem Populismus für dumm zu verkaufen.

Linke: Es geht um einen Wichtigtuer

Doris Achelwilm (Die Linke) befand: Der BMI-Mitarbeiter habe seine privaten Theorien in Briefvorlagen des BMI gesetzt, „damit sie nach etwas aussehen, was mehr als ein Kettenbrief ist“. Es gehe daher nicht um einen Whistleblower, der vor Repressalien geschützt werden müsse, sondern um einen „Wichtigtuer, der jetzt bei vollen Bezügen spazieren geht“.

Mit Blick auf die sogenannten Hygiene-Demos, auf denen Kohn gefeiert werde, sagte die Linken-Abgeordnete: „Ich habe kein Verständnis dafür, über alle Erkenntnisse und Warnungen hinwegzugehen und an Verschwörungstheorien zu stricken.“

Grüne: AfD ist überfordert

Aus Sicht von Dr. Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) verdienen in einer Situation wie der jetzigen gerade jene nicht das Vertrauen, die sicheres Wissen vorgaukelten, „sondern diejenigen, die versuchen, Lücken zu schließen, aber die Unsicherheit auch offenlegen und ihre Empfehlungen und Entscheidungen danach ausrichten“. Das habe aber in der schlichten Welt der AfD keinen Platz, sagte Rottmann.

Wer schon in normalen Zeiten seine eigene Weltsicht für den Volkswillen halte, sei jetzt erst recht überfordert. „Die AfD braucht es einfach. Sie muss daher scheitern, da die Welt nicht einfach ist“, urteilte die Grünen-Abgeordnete. (hau/15.065.2020)

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