Parlament

Christian Lindner: Digitali­sie­rung ist ein persön­liches Herzens­anliegen

Ein Mann mit blonden Haaren und dunklem Anzug spricht in ein Mikrofon vor einer Stellwand mit der Aufschrift Freie Demokraten.

Christian Lindner ist seit 1995 Mitglied der Freien Demokraten. (DBT/Thomas Trutschel/photothek.net)

Die Digitalisierung ist Christian Lindner, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, ein persönliches Herzensanliegen. „Corona hat uns noch mal eindrücklich vor Augen geführt, wie weit wir in Deutschland hinterher hinken“, sagt er im Interview. Den aktuellen Stop-and-go-Modus aus Lockerungen und Lockdowns hält Lindner für „weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich langfristig durchhaltbar“. Im Jahr 2021 gelte es daher, durchdachte Strategien zu entwickeln, „wie wir einen angemessenen Gesundheitsschutz mit einer risikoadäquaten Öffnung des öffentlichen Lebens verbinden können“. Als Erfolg seiner Fraktion bewertet Lindner, im Jahr 2020 dafür gesorgt zu haben, dass andere Themen nicht von Corona überschattet werden und verweist auf den fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf zur Wahlrechtsreform und die Einsetzung der Untersuchungsausschüsse zur Maut und zu Wirecard. Das Interview im Wortlaut:

Herr Lindner, was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolge der FDP-Fraktion im Jahr 2020?

Mit der Corona-Pandemie befindet sich die Bundesrepublik in einer der schwierigsten Krisen ihrer Geschichte. Dies gilt in gesundheitlicher, aber auch in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht. Anspruch der Fraktion der Freien Demokraten ist es, auch in dieser Krise unserer Verantwortung als konstruktiver und kritischer Opposition gerecht zu werden. Zu Beginn der Corona-Pandemie ging unser Land in einen weitgehenden Lockdown. Begleitend brachte der Bundestag im Rekordtempo ein Maßnahmenpaket auf den Weg, um die coronabedingten Härten für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft abzumildern. Auf die Ausgestaltung einzelner Maßnahmen konnten wir hier als Opposition erfolgreich Einfluss nehmen.

Zu einem Zeitpunkt, als die Verhältnismäßigkeit bei der Pandemiebekämpfung nicht mehr gegeben war, haben wir aber auch deutlich gemacht, dass es alternative Wege gibt, die die Balance zwischen Gesundheitsschutz und der Wahrung der Grundfreiheiten angemessener treffen. Wir haben uns konsequent dafür eingesetzt, die Debatten um die freiheitseinschränkenden Maßnahmen in den Bundestag zu verlagern, um die Legitimation der Regelungen und die Akzeptanz der Bevölkerung zu erhöhen. Unser Änderungsantrag zum Dritten Bevölkerungsschutzgesetz, das dieses Ziel eigentlich erfüllen sollte, wurde von den Fachexperten als eindeutig geeignet und angemessen anerkannt. Gleichzeitig haben wir aber auch dafür gesorgt, dass andere Themen nicht von Corona überschattet werden. Mit unserem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf zur Wahlrechtsreform und der Einsetzung der Untersuchungsausschüsse zur Maut und zu Wirecard haben wir gezeigt, dass wir auch in der Krise die Kontrolle der Regierung nicht vernachlässigen.

Was halten Sie für die größte Herausforderung im kommenden Jahr? Welche thematischen Schwerpunkte will Ihre Fraktion 2021 setzen?

Die Corona-Pandemie wird uns auch im nächsten Jahr noch weiter begleiten. Unser aktueller Stop-and-go-Modus aus Lockerungen und Lockdowns ist für unser Land weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich langfristig durchhaltbar. Wir müssen weiter durchdachte Strategien entwickeln, wie wir einen angemessenen Gesundheitsschutz mit einer risikoadäquaten Öffnung des öffentlichen Lebens verbinden können. Daran haben wir als Fraktion der Freien Demokraten bereits in diesem Jahr unter Hochdruck gearbeitet, das werden wir auch 2021 weiter fortsetzen. Unsere Wirtschaft ist durch Corona massiv eingebrochen. Es wurden milliardenschwere staatliche Hilfsprogramme aufgelegt. Auf Dauer können wir unsere Wirtschaft aber nicht mit Staatsschulden retten. Das widerspricht auch unserem Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft. Dennoch sehen wir auch viele Branchen, bei denen zu wenig geeignete Hilfen ankommen und die deswegen um ihre Existenz fürchten müssen. Unsere Fraktion wird sich 2021 weiter dafür einsetzen, dass Unternehmen, Arbeitnehmer und Selbstständige angemessene, aber zielgerichtete und effiziente Unterstützung erhalten.

Welche Ziele werden Sie als Fraktionsvorsitzender verstärkt verfolgen? Gibt es ein Thema, für das Sie sich persönlich besonders einsetzen wollen?

Die Digitalisierung ist mir ein persönliches Herzensanliegen. Corona hat uns noch mal eindrücklich vor Augen geführt, wie weit wir in Deutschland hinterherhinken. Zu oft scheiterte Home-Office schlicht und ergreifend an der fehlenden Breitbandverbindung vor Ort. In den Schulen haben wir gesehen, dass wir auf digitales Lernen sowohl von der Infrastruktur als auch von der Pädagogik noch gar nicht vorbereitet sind. Auch die einfachsten Verwaltungsangelegenheiten, wie die Beantragung eines neuen Ausweises, waren nicht möglich, weil wir keine digitale Verwaltung haben. Dabei ist die Digitalisierung eines der Kernthemen, das über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes entscheidet. Ohne digitalen Fortschritt verlieren wir den Anschluss an die internationale Konkurrenz. Das Thema voranzutreiben, dafür möchte ich mich im nächsten Jahr weiter einsetzen. (hau/28.12.2020)

Marginalspalte