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10.10.2018 Gesundheit — Anhörung — hib 752/2018

Expertenkritik an Pflegesofortprogramm

Berlin: (hib/PK) Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (19/4453) stößt bei Gesundheitsverbänden auf einige Bedenken. Zwar wird die Intention begrüßt, das Pflegepersonal in der stationären Kranken- und Altenpflege aufzustocken, allerdings werden die dazu vorgesehenen Methoden kritisch hinterfragt. Das zeigte sich bei einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch im Bundestag sowie in den schriftlichen Stellungnahmen der Experten.

Auch warnen Fachverbände davor, die unterschiedlichen Pflegebereiche gegeneinander auszuspielen. Befürchtet werden vor allem Nachteile für die Altenpflege und die ambulante Pflege gegenüber der Krankenhauspflege.

Der Gesetzentwurf ist nach Ansicht des Verbandes Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) zu einseitig auf Verbesserungen in der vollstationären Pflege ausgerichtet. Um die Lage zu verbessern, müsse es auch im teilstationären und ambulanten Bereich mehr Pflegekräfte geben. Angesichts des Fachkräftemangels sei mit einer Umverteilung auf Kosten der beiden Bereiche zu rechnen. Es dürfe kein Keil zwischen die Versorgungsbereiche der Pflege getrieben werden. Das Sofortprogramm müsse für die ganze Pflege gelten.

Der Sozialverband VdK ging auf die steigenden Eigenanteile in Pflegeheimen ein. Höhere Vergütungen der Fachkräfte in der vollstationären Pflege führten „zu wahrhaften Kostenexplosionen für die Pflegehaushalte“ und in der ambulanten Pflege gegebenenfalls zu einer Unterversorgung. Der Anstieg der Eigenanteile müsse schnellstens gestoppt und zurückgeführt werden. Die 13.000 zusätzlichen Stellen in der Altenpflege reichten zudem für eine adäquate Versorgung nicht aus.

Allein für die medizinische Behandlungspflege müssten jährlich mehrere Milliarden Euro veranschlagt werden. Die genannten 640 Millionen Euro, die als Kompensation aus dem GKV-System gedacht seien, können laut VdK nur ein erster Schritt sein. Zudem dürfe das Ziel einer vollständigen Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege durch die GKV nicht aus den Augen verloren werden. Der Pauschalzuschlag der GKV löse das Problem nicht. Für die Fachkräfte in den mehr als 13.000 ambulanten Pflegediensten sei gar keine Entlastung geplant. Ein Sprecher der GKV wies in der Anhörung darauf hin, dass eine komplette Kostenverlagerung der medizinischen Behandlungspflege in die GKV drei Milliarden Euro kosten würde.

Mehrere Verbände warnten davor, in Pflegeheimen nicht verfügbare Fachkräfte nach drei Monaten der Suche durch Hilfskräfte zu ersetzen. Dies sei in der anspruchsvollen medizinischen Behandlungspflege, die von dem Stellenförderprogramm vor allem profitieren solle, nicht vertretbar.

Der AOK-Bundesverband kritisierte die geplante Herauslösung der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen (DRG) im Krankenhaus. Die Rückkehr zur Selbstkostendeckung sei nicht nachvollziehbar, weil mit dem DRG-System erst die nötige finanzielle Transparenz hergestellt werde. Eine sachgerechte Verwendung der DRG-Pflegeerlöse könne auch erreicht werden, ohne das ganze System zu zerschlagen, etwa über eine Neuberechnung der DRGs.

Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte hingegen, mit der Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den DRG's werde die Grundlage gelegt für eine bessere Personalverfügbarkeit und bessere Arbeitsbedingungen und somit für die Qualität der Versorgung. Die „Systemkorrektur“ könne aber nur gelingen, wenn sie für alle Gesundheitsberufe in Kliniken gelte, einschließlich des Tarifausgleichs ab 2018.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wandte sich gegen die Streichung des Pflegezuschlags im Umfang von bisher 500 Millionen Euro pro Jahr ab 2020. Damit würden die Kliniken in ihren Möglichkeiten zur Stärkung der Pflege geschwächt. Die vorgesehenen Verbesserungen für das Pflegepersonal müssten weitgehend aus dem Mittelbestand der Häuser genommen werden. Die DKG forderte, den Pflegezuschlag dauerhaft zu erhalten. Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes nannte in der Anhörung die Argumente der DKG nicht nachvollziehbar. Wenn die Krankenhauspflege künftig vollständig refinanziert werde, sei der Pflegezuschlag nicht mehr nötig.

Die geplante Methode zur Ermittlung des Personalbedarfs in der Klinikpflege wird vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) abgelehnt. Ein Personalquotient könne die Versorgungsqualität nicht verbessern. Nötig sei ein fundiertes Personalbemessungsverfahren, das sich am tatsächlichen Pflegebedarf orientiere. Dazu gebe es bereits Instrumente wie die Pflegepersonalregelung (PPR) und die Psychiatrie Personalverordnung (Psych-PV).

Die Ökonomin Susanna Kochskämper mahnte in der Anhörung, angesichts steigender Kosten in der Pflege müsse über die künftige Finanzierung und Lastenverteilung neu beraten werden. Auch ein Sprecher der Deutschen Stiftung Patientenschutz forderte ein Gesamtkonzept zur Finanzierung der Pflege.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz sieht zahlreiche Initiativen vor. So sollen in der stationären Altenpflege 13.000 neue Stellen geschaffen und finanziert werden. Je nach Größe erhalten die Pflegeeinrichtungen zwischen einer halben und zwei Pflegestellen zusätzlich.

Die Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser werden ab 2020 aus den Fallpauschalen herausgenommen und auf eine krankenhausindividuelle Vergütung umgestellt. Zudem wird ab 2020 erstmals in Kliniken ein Pflegepersonalquotient ermittelt, der das Verhältnis der Pflegekräfte zum Pflegeaufwand beschreibt.

Jede zusätzliche oder aufgestockte Pflegestelle im Krankenhaus wird künftig vollständig von den Krankenversicherungen refinanziert. Bereits für das Jahr 2018 sollen rückwirkend auch Tarifsteigerungen für Pflegekräfte im Krankenhaus voll refinanziert werden.

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