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12.12.2018 Inneres und Heimat — Ausschuss — hib 981/2018

Novelle zu Angaben im Geburtenregister

Berlin: (hib/STO) Bei der Beurkundung der Geburt eines Neugeborenen soll künftig neben den Angaben „weiblich“ und „männlich“ oder der „Eintragung des Personenstandsfalls ohne eine solche Angabe“ auch die Bezeichnung „divers“ gewählt werden können, wenn das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Dies geht aus einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/4669) zur Änderung des Personenstandsgesetzes hervor, dem der Innenausschuss am Mittwoch mit Koalitionsmehrheit zugestimmt hat. Gegen die Vorlage, die am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, votierten die AfD-Fraktion und die Fraktion Die Linke, während die FDP-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich enthielten.

Danach soll zugleich Betroffenen in Fällen, in denen auch die weitere Geschlechtsentwicklung nicht zu einer Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Geschlecht führt oder in denen die Zuordnung nach der Geburt unrichtig erfolgte, ermöglicht werden, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt die Zuordnung im Geburtseintrag ändern zu lassen und - soweit gewollt - neue Vornamen zu wählen.

Dass eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ vorliegt, ist dem Gesetzentwurf zufolge durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen. Mit den Stimmen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion nahm der Ausschuss einen Änderungsantrag der Koalition an, wonach dies nicht für Personen gelten soll, „die über keine ärztliche Bescheinigung einer erfolgten medizinischen Behandlung verfügen und bei denen das Vorliegen der Variante der Geschlechtsentwicklung wegen der Behandlung nicht mehr oder nur durch eine unzumutbare Untersuchung nachgewiesen werden kann, sofern sie dies an Eides statt versichern“.

Gegen die Stimmen der AfD-Fraktion nahm der Ausschuss zudem eine weitere Passage des Änderungsantrags der Koalition an. Damit soll klargestellt werden, dass auch zum Zeitpunkt der Geburt eines Kindes, das eine Variante der Geschlechtsentwicklung aufweist, keine Beschränkung auf die Angabe „divers“ oder die Beurkundung des Personenstandsfalls ohne eine Geschlechtsangabe besteht, sondern auch die Angabe „weiblich“ oder „männlich“ eingetragen werden kann.

Wie die Bundesregierung in der Begründung des Gesetzentwurf ausführt, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 2019/16) festgestellt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität derjenigen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Dieser Personenkreis sei auch vor Diskriminierungen wegen des Geschlechts geschützt und werde in beiden Grundrechten verletzt, „wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als ,weiblich' oder ,männlich' zulässt“.

Der Gesetzentwurf soll daher „die vom Bundesverfassungsgericht für das Personenstandsrecht geforderte Möglichkeit für Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ schaffen, einen anderen positiven Geschlechtseintrag zu wählen. Die Wahl des Begriffs „divers“ entspricht laut Bundesregierung „dem Wunsch der Betroffenen, der in der Länder- und Verbändebeteiligung zum Ausdruck gekommen ist“. Unter „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ werden der Vorlage zufolge nach der aktuellen medizinischen Terminologie „Diagnosen zusammengefasst, bei denen die Geschlechtschromosomen, das Genitale oder die Gonaden inkongruent sind“.

Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP lehnte der Ausschuss am Mittwoch zugleich einen Antrag der Fraktion Die Linke (19/4828) ab. Danach soll die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem das Transsexuellengesetz aufgehoben und das Personenstandsgesetz erweitert wird. Das Personenstandsrecht soll dem Antrag zufolge so geändert werden, „dass alle Menschen ohne gravierende Hürden ihren Personenstand und/oder Vornamen frei wählen dürfen“. Eine „neue Gutachten- oder Attestpflicht“ soll laut Antrag im Personenstandsgesetz nicht eingeführt werden.

In der Ausschusssitzung wertete die CDU/CSU-Fraktion die Bezeichnung „divers“ als Kompromisslösung. Sie betonte zugleich die Notwendigkeit einer validen Registrierung, für die man objektiv prüfbare Belege brauche. Ferner verwies sie darauf, dass die Koalition sich einig sei, eine Reform des Transsexuellengesetzes angehen zu wollen.

Die SPD-Fraktion sah die Notwendigkeit eines ärztlichen Attests als nicht verhältnismäßig an, nannte den mit dem Änderungsantrag vorgelegten Kompromiss indessen eine gangbare Lösung. Sie unterstrich zugleich ihren Willen, das Transsexuellengesetz zu reformieren.

Die AfD-Fraktion plädierte dafür, die Bezeichnung „divers“ durch den Begriff „inter“ zu ersetzen, Zudem sprach sie sich dafür aus, dass das Vorliegen einer Variante der Geschlechtsentwicklung mit einem amtsärztlichen Gutachten nachzuweisen ist.

Die FDP-Fraktion wandte sich gegen die von der Koalition vorgelegte Regelung zum Nachweis, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Mit Blick auf die vorgesehene eidesstattlichen Erklärung sprach sie von einer Zumutung für die Betroffenen.

Die Fraktion Die Linke kritisierte, der Gesetzentwurf werde dem sexuellen Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen nicht gerecht. Ein Gutachten einzufordern, sei nicht im Sinne der Betroffenen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bemängelte, dass der Gesetzentwurf nicht den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts erfülle und der Geschlechtseintrag nicht selbstbestimmt erfolge.

Ein Vertreter der Bundesregierung verwies darauf, dass fast alle Betroffenen eine ärztliche Bescheinigung, mit der das Vorliegen einer Variante der Geschlechtsentwicklung nachgewiesen werden könne, vorrätig hätten.

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