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Berlin: (hib/PK) Die Anti-Drogen-Politik in Deutschland muss nach Ansicht von Sozial- und Rechtsexperten überprüft und korrigiert werden. Bei einer öffentlichen Anhörung über einen von den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Antrag (18/1613) mit dem Ziel, die Verbotspolitik wissenschaftlich zu überprüfen und auf der Basis zu reformieren, machten die Sachverständigen deutlich, dass insbesondere einzelne Strafandrohungen gegen Drogenkonsumenten, aber auch Ärzte sehr kritisch zu sehen sind. Eine wissenschaftliche Evaluation sei überfällig.

Überdies plädieren mehrere Experten in ihren Stellungnahmen dafür, im Fall von Cannabis (Haschisch/Marihuana) bundesweit einheitliche Mengen für den vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich gewährten zulässigen Eigenverbrauch festzulegen. Die meisten Gutachter begrüßten den Vorschlag, in einer überparteilichen Enquete-Kommission das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) insgesamt zu bewerten und Reformvorschläge zu erarbeiten.

Rechtsexperten und Fachleute aus der polizeilichen Praxis wandten sich in ihren Stellungnahmen zugleich gegen eine unkontrollierte Drogenfreigabe, da andernfalls insbesondere für junge Leute neue Anreize zum Drogenkonsum gesetzt würden. Die Experten machten im Zusammenhang mit der Drogendebatte auch deutlich, dass Zigaretten und Alkohol ähnlich problematisch wirken wie klassische Drogen, aber nicht der Prohibition unterliegen, was in der Bevölkerung schwer vermittelbar sei.

In der Anhörung forderte ein Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin die Abgeordneten nachdrücklich dazu auf, nicht aus parteitaktischen oder ideologischen Gründen die lange überfällige wissenschaftliche Überprüfung des über 40 Jahre alten Betäubungsmittelgesetzes zu verhindern. Es gebe heute ganz neue Erkenntnisse in der Suchtforschung. So werde die totale Abstinenz bei Drogen oder auch Alkohol oft nicht mehr angestrebt, weil sie sich nicht in jedem Fall umsetzen lasse. Hinzu komme die erfolgreiche Substitution harter Drogen (Drogenersatz), die rechtlich besser untersetzt werden müsse, auch um verschreibende Ärzte zu schützen.

Eine Sprecherin der Berliner Fachstelle für Suchtprävention monierte, es werde zu viel Geld in die Strafverfolgung (Repression) gesteckt, statt die Vorbeugung (Prävention) zu stärken. Die Anti-Drogen-Politik stehe auf den vier Säulen Prävention, Beratung und Behandlung, Schadenbegrenzung sowie Repression, wobei letzteres die „Elefantensäule“ sei, die es zurückzudrängen gelte. Das in sich geschlossene Konzept habe „Schlagseite“. Es müssten mehr Mittel in die Prävention fließen. Gerade junge Leute bräuchten mehr fachliche Hilfestellung, um „risikokompetente Entscheidungen“ treffen zu können.

Ein Rechtsexperte, der früher als Oberstaatsanwalt mit Betäubungsmittelkriminalität zu tun hatte, merkte an, mit Strafen und Verboten allein könne der Drogenkonsum nicht eingedämmt werden. Überdies sei die Selbstschädigung straflos, sonst müssten auch Sammler von Giftpilzen oder Raucher bestraft werden. Stattdessen würden hier Hilfen angeboten. Das Strafrecht habe den Drogenmissbrauch insgesamt nicht verringert. Eine „schrankenlose Legalisierung“ von Drogen sei gleichwohl abzulehnen. So müssten der globale illegale Drogenhandel und Drogenschmuggel weiter streng verfolgt werden.

Ein anderer Oberstaatsanwalt erklärte, das Betäubungsmittelgesetz funktioniere gut und habe sich bewährt. Die Zahl der Konsumenten sei vergleichsweise klein und auch die Prävention zeige Wirkung. Änderungsbedarf gebe es aber etwa hinsichtlich der einheitlichen Regelung zum Umgang mit Cannabis. Eine wissenschaftliche Evaluierung der Drogenverbotspolitik sei nicht zielführend.

Nach Ansicht des Bundes Deutscher Kriminalbeamter hingegen gibt es eindeutig zu wenig wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die Wirkungsweise des Betäubungsmittelgesetzes. Ein „weiter wie bisher“ scheine jedenfalls nicht angebracht, erklärte der Verband in seiner Stellungnahme. Wesentliche gesellschaftlich relevante Fragen im Bereich der Drogenpolitik seien bis heute unbeantwortet. Der Bundestag sollte die „facettenreiche Diskussion“, zu der auch der gesellschaftliche Umgang mit Alkohol und Tabak gehöre, daher aufgreifen.

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