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30.01.2020 Finanzen — Anhörung — hib 134/2020

Doppelbesteuerung von Renten

Berlin: (hib/PST) m Zuge der laufenden Umstellung von der vorgelagerten auf die nachgelagerte Rentenbesteuerung kann es zu Doppelbesteuerungen kommen. Ursprünglich mussten die Rentenbeiträge aus dem bereits versteuerten Einkommen abgeführt werden, während später die Rentenbezüge steuerfrei waren. Die Versteuerung war also vorgelagert. Beamtenpensionen dagegen mussten voll versteuert werden. Dies bewertete das Bundesverfassungsgericht 2002 als unzulässige Ungleichbehandlung. Daraufhin entschied der Gesetzgeber, ab 2005 schrittweise auf eine nachgelagerte Versteuerung umzustellen. Schrittweise bis 2025 sollten immer größere Anteile der Rentenbeiträge von der Steuer absetzbar sein, gleichzeitig immer größere Teile der Rente als steuerpflichtiges Einkommen gelten. Wer ab 2040 in Rente geht, muss dann die gesamte Rente versteuern.

Allerdings schließen diese langen Fristen nicht aus, dass zunehmend Rentner Steuern für Teile ihrer Altersbezüge leisten müssen, für die sie schon als Beitragszahler an den Fiskus gezahlt haben. Die Oppositionsfraktionen Die Linke (19/10282), AfD (19/10629) und Bündnis 90/Die Grünen (19/16494) haben deshalb Anträge eingebracht, um mit verschiedenen Maßnahmen solche Doppelbesteuerungen abzuwenden. Am Mittwoch nahmen Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses dazu Stellung.

Dabei herrschte Einigkeit, dass Arbeitnehmern, die jetzt in Rente gehen oder schon im Ruhestand sind, noch keine Doppelbesteuerung droht, da die Hälfte ihrer Rentenbeiträge vom Arbeitgeber geleistet wurde und schon immer steuerfrei war. Je näher der Renteneintritt dem Jahr 2040 komme, umso größer werde das Risiko. Schon heute aber kommt es den Experten zufolge bei freiwillig versicherten Selbständigen zu Doppelbesteuerungen, da es für sie keinen steuerfreien Arbeitgeberbeitrag gab.

Erste Fälle liegen inzwischen beim Bundesfinanzhof. Dessen Vorsitzende Richterin, Professorin Dr. Jutta Förster, sagte den Abgeordneten, dass es etwa um den Jahreswechsel 2020/2021 zu einer Entscheidung kommen könnte. Angesichts dessen warfen Koalitions-Abgeordnete die Frage auf, ob man vor politischen Entscheidungen nicht die juristische Klärung des jetzigen Zustandes abwarten solle. Dem hielt Förster entgegen, wenn in dieser Anhörung der Eindruck entstanden sei, dass es Doppelbesteuerung gibt, dann solle die Politik auch unabhängig von den Gerichten aktiv werden.

Dagegen riet der Amberger Rechtsprofessor Dr. Thomas Dommermuth, erste höchstrichterliche Entscheidungen abzuwarten. Denn bisher sei gar nicht geklärt, wann eine Doppelbesteuerung vorliegt. Selbst bei einem Renteneintritt 2040 werde es nach seiner Einschätzung nicht so viele Fälle von Doppelbesteuerung geben wie teilweise befürchtet. Auch der Passauer Juraprofessor Dr. Rainer Wernsmann verwies auf eine Reihe noch nicht höchstrichterlich geklärter Fragen.

Die ehemalige Vizepräsidentin des Bundesfinanzhofes, Silvia Schuster, wies auf ein Problem für Rentner hin, die meinen, einer Doppelbesteuerung zu unterliegen. Denn in solchen Fällen habe der Steuerpflichtige die Feststellungslast, müsse also vor Gericht beweisen, dass er unzulässig besteuert wird. Dass diese Beweispflicht die Steuerpflichtigen überfordere, berichtete Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine. Es sei unrealistisch, dass sie über einen so langen Zeitraum alle Dokumente vorlegen können. Schon die nachgelagerte Besteuerung als solche überfordere viele Rentner. Das gelte besonders für Hinterbliebene, die plötzlich steuerpflichtig werden und oft schon sehr alt seien.

Hans-Ulrich Liebern vom Bund der Steuerzahler berichtete, sein Verein bekomme zur Frage der Doppelbesteuerung laufend Anfragen. Derzeit sehe seine Organisation sie aber nur in wenigen Fällen von Selbständigen gegeben.

Die Steuerexpertin Gesa Bruno-Latocha von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nannte es „sehr unglücklich, dass man jeden einzelnen Rentner zwingt, vor Gericht zu gehen“, wenn er meint einer Doppelbesteuerung zu unterliegen. Die Finanzverwaltungen könnten auch von sich aus eine Plausibilitätsprüfung machen, was in den meisten Fällen zu einer Klärung führen würde.

AfD und Die Linke schlagen in ihren Anträgen vor, die volle Rentenversteuerung auf das Jahr 2070 zu verschieben, da dann Doppelbesteuerungen ausgeschlossen seien. Dagegen wandte Dr. Reinhold Thiede von der Deutschen Rentenversicherung ein, dass schon der jetzige Übergangszeitraum sehr lang sei. Die gerade diskutierten Probleme zeigten, dass man „ein Gesetz nicht auf vierzig Jahre im Voraus machen kann“. Mehrere Sachverständige schlugen vor, schon jetzt und nicht erst 2025 die Rentenbeiträge voll steuerfrei zu stellen. Wenn man dann auch die volle Steuerpflicht für Rentner langsamer einführe, könne in vielen Fällen die Doppelversteuerung vermieden werden, sagte Dr. Tobias Hentze vom Institut der Deutschen Wirtschaft.

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