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Ausschüsse

Lob für geplante Ver­dop­pe­lung der steuerlichen Be­hindertenpauschbeträge

Zeit: Mittwoch, 30. September 2020, 15 Uhr bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

Alle Sachverständigen haben die von der Bundesregierung geplante Verdoppelung der steuerlichen Behindertenpauschbeträge gelobt. So begrüßte die Deutsche Steuergewerkschaft in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) am Mittwoch, 30. September 2020, den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Behindertenpauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/21985, 19/22816), mit dem insbesondere die seit 1975 nahezu unverändert gebliebenen Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen erhöht werden sollen. Auch der Pflegepauschbetrag ist seit 1990 unverändert. „Nach mehr als vier beziehungsweise drei Jahrzehnten ist der Entwurf als ein überfälliger Akt steuerlicher Gerechtigkeit zu bewerten“, erklärte die Organisation.

Der Sozialverband Deutschland erklärte, mehr als sieben Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland würde nicht durch Einrichtungen oder besondere Dienste der Behindertenhilfe unterstützt. Für sie sei die Anhebung eine wirkliche Hilfe im Alltag.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Der Gesetzentwurf sieht eine „Verdoppelung der Behinderten-Pauschbeträge inklusive Aktualisierung der Systematik“ vor. So soll der Betrag bei einem Grad der Behinderung von 50 Prozent auf 1.140 Euro steigen, bei 100 Prozent auf 2.840 Euro. Die Erhöhung vermeide in vielen Fällen den aufwendigen Einzelnachweis von Aufwendungen, schreibt die Bundesregierung zur Begründung.

Damit könnten die Pauschbeträge ihre Vereinfachungsfunktion auch zukünftig erfüllen, heißt es weiter. Zudem soll ein behinderungsbedingter Fahrkosten-Pauschbetrag eingeführt werden. Bei einem Grad der Behinderung kleiner als 50 soll künftig auf die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung des Pauschbetrags verzichtet werden.

Der Pflege-Pauschbetrag bei der Pflege von Personen mit den Pflegegraden 4 und 5 soll erhöht und für die Pflege von Personen mit den Pflegegraden 2 und 3 neu eingeführt werden. Der Pflege-Pauschbetrag soll künftig „auch unabhängig vom Vorliegen des Kriteriums ,hilflos' bei der zu pflegenden Person“ geltend gemacht werden können, führt die Bundesregierung aus.

„Eindruck einer Scheinvergünstigung könnte entstehen“

Änderungsbedarf sieht die Deutsche Steuergewerkschaft bei der behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale, die grundsätzlich positiv bewertet wird. Die Pauschale sei allerdings kein Pauschbetrag und unterfalle als normale außergewöhnliche Belastung einer Kürzung durch die zumutbare Belastung. Das dürfte in vielen Fällen de facto zu einem Abzugsverbot führen. Bei einer Reihe von Steuerzahlern dürfte der Eindruck einer „Scheinvergünstigung“ entstehen, erwartet die Deutsche Steuergewerkschaft.

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine machte die Übertragbarkeit des Pauschbetrages zum Thema. Nach geltendem Recht könne ein Pauschbetrag für behinderte Menschen vom Kind auf die Eltern übertragen werden, wenn der Pauschbetrag vom Kind nicht selbst in Anspruch genommen werde. Vorgeschlagen wurde eine Erweiterung dahingehend, dass ein Pauschbetrag der Eltern auch von deren Kindern geltend gemacht werden könne, wenn sie ihre Eltern persönlich betreuen.

„Pauschbeträge regelmäßig anpassen“

Der Bund der Steuerzahler wies darauf hin, dass die Pauschbeträge grundsätzlich regelmäßig angepasst werden sollten, um ihrer Vereinfachungsfunktion gerecht zu werden, damit es nicht wieder 45 Jahre dauere, bis es zur nächsten Anhebung kommt. Zwar werde nun die Anhebung der Pauschbeträge auf ein angemessenes Niveau nachgeholt. Dies ersetze aber nicht die Überprüfung und die Anpassung in den nächsten Jahren.

Auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe schlug eine gesetzlich verankerte Dynamisierung vor. So könnte der Behindertenpauschbetrag auch in Zukunft seinen Zweck erfüllen.

„Vereinfachung im Steuerrecht“

Vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband hieß es dazu in dessen Stellungnahme, die Beiträge wären heute mehr als doppelt so hoch, wenn sie seit 1975 jährlich an die Inflationsrate angepasst worden wären. Es handele sich bei Pauschbeträgen gerade nicht um Steuerentlastungen, sondern schlicht um eine Vereinfachung im Steuerrecht.

Der Deutsche Gehörlosen-Bund wies darauf hin, dass in dem Gesetzentwurf das für taubblinde Menschen vergebene Merkzeichen TBI fehle. Wegen ihres hohen Hilfebedarfs sei die Gruppe der taubblinden Menschen aber ebenso auf den für bestimmte Betroffenengruppen vorgesehenen erhöhten Pauschbetrag angewiesen, wenn nicht sogar auf einen noch höheren Betrag.

„Berechtigte Forderung“

Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Behinderten, nannte die Forderung nach einer steuerrechtlichen Gleichberechtigung taubblinder und blinder Menschen in seiner Stellungnahme berechtigt.

Der Sozialverband VdK begrüßte, dass der bisherige Pflegepauschbetrag knapp verdoppelt und auch für die Pflege einer Person mit Pflegegrad 2 und 3 ein Pflegepauschbetrag eingeführt werde. Gerade in der Corona-Krise habe sich gezeigt, dass für viele Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen zahlreiche ambulante Unterstützungsstrukturen und andere Hilfen weggebrochen seien.

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat die Bundesregierung in seiner Stellungnahme (19/22816) zum Gesetzentwurf gebeten, in bestimmten Abständen die Wirkung der Behinderten- und der Pflegepauschbeträge zu prüfen und dem Gesetzgeber sich daraus ergebenden gesetzlichen Änderungsbedarf vorzuschlagen. Die jetzt vorgesehene Erhöhung der Behindertenpauschbeträge sei die erste seit 1979, heißt es zur Begründung. Der Nachteilsausgleich der Behindertenpauschbeträge diene dazu, den Betroffenen mehr Mittel für die Teilhabe an der Gemeinschaft zu belassen, die sie aufgrund ihrer Behinderung aufwenden müssen. Eine Prüfung der Wirkung in bestimmten Abständen würde sicherstellen, dass weiterer Handlungsbedarf rechtzeitig erkannt wird. Gleiches gelte für die Pflegepauschbeträge.

Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag der Länderkammer „zur Kenntnis genommen“, wie es in ihrer Gegenäußerung heißt. (hle/30.09.2020)

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