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Ausschüsse

Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)

Zeit: Mittwoch, 17. Juni 2020, 13.30 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

Gesundheitsexperten empfehlen eine Neuorganisation der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Die Vergabe des Auftrags an ein gewinnorientiertes Unternehmen wird ebenso kritisiert wie die Finanzierungsgrundlage. Die in der Sache kritischen Experten forderten anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses unter Vorsitz von Erwin Rüddel (CDU/CSU) zu einem Antrag der Linksfraktion (19/14373) am Mittwoch, 17. Juni 2020, im Bundestag eine neue gesetzliche Grundlage für die UPD. Die Sachverständigen äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Antrag der Linken

Die Linksfraktion fordert in ihren Antrag (19/14373) einen Trägerwechsel für die UPD. Die undurchsichtige Vergabe an eine Firma, deren Hauptgeschäft in der Beratung von Pharmaunternehmen liege, habe die Reputation der UPD verschlechtert. Die UPD sollte dauerhaft in die Hände derjenigen Patientenorganisationen gelegt werden, die mit institutioneller Patientenberatung beschäftigt seien. Zugleich sollte auch die Finanzierung dauerhaft gewährleistet sein, um Kontinuität und Qualität zu gewährleisten. Statt aus Versichertengeldern sollte die UPD nach Ansicht der Fraktion aus Steuergeldern finanziert werden, da es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handele und die Unabhängigkeit zu gewährleisten sei.

Seit Januar 2016 betreibt die Callcenter-Firma Sanvartis die UPD. Zuvor wurde der Auftrag von einer Bietergemeinschaft aus Sozialverband VdK, Verbraucherzentrale Bundesverband und Verbund unabhängige Patientenberatung (VuP) wahrgenommen. 2018 wurde die Sanvartis GmbH als Trägergesellschaft der UPD an die Carfeforce Sanvartis Holding GmbH verkauft. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hatte sich 2015 im Einvernehmen mit dem Patientenbeauftragten für die Neuvergabe entschieden. Zugleich wurde die Förderphase von fünf auf sieben Jahre verlängert. Die Fördermittel wurden von 5,2 auf neun Millionen Euro jährlich erhöht. Finanziert wird die UPD durch den GKV-Spitzenverband.

„Zur alten UPD zurückkehren“

Die UPD soll Bürger in rechtlichen, medizinischen und psychosozialen Gesundheitsfragen beraten. Zu den thematischen Schwerpunkten gehören Patientenrechte, Behandlungsfehler, psychische Erkrankungen und Leistungen von Kostenträgern. Kritiker der neuen Trägerstruktur sehen die Unabhängigkeit der Beratung als gefährdet an.

Der Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, sprach sich dafür aus, zur alten UPD zurückzukehren. Es gehe darum, den Standards professioneller Beratung in schwierigen Lebenslagen zu genügen, auch für Menschen mit geringer formaler Bildung. Nötig sei Kontinuität und dauernde verbindliche Rückkopplung mit zivilgesellschaftlichen Patientenorganisationen. Die UPD brauche dringend einen neuen gesetzlichen Rahmen. Die Ausschreibung der Leistungen auf Zeit unter Beteiligung gewinnwirtschaftlicher oder abhängiger Bieter und Akteure habe sich nicht bewährt. Als Träger kämen nur gemeinnützige Organisationen der Zivilgesellschaft infrage.

„Anbindung an gesetzliche Krankenversicherung ein Webfehler“

Ähnlich argumentierte der Gesundheitsexperte Dr. Stefan Etgeton, der die finanzielle und strukturelle Anbindung der UPD an die GKV als Webfehler kritisierte. Die UPD gerate so in eine strukturelle Abhängigkeit zu einem wesentlichen Akteur im Gesundheitswesen. Dieses ungelöste Problem laste auf der Glaubwürdigkeit des Angebots. Durch die Schaffung einer neuen, gesetzlich abgesicherten Institution sollte die finanzielle Solidität ebenso wie die zivilgesellschaftliche Ausrichtung der UPD auf Dauer sichergestellt werden.

Der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen und Initiativen (BAGP), Gregor Bornes, erklärte als Einzelsachverständiger, die Beratungszahlen der UPD seien immer noch niedrig und mit rund 130.000 Beratungen 2019 weit entfernt von den in der Ausschreibung zugesagten 220.000 Beratungen pro Jahr. Durch das fehlende Angebot von Beratungsstellen in der Fläche werde seltener persönlich beraten, die niedrigschwellige Erreichbarkeit vor Ort habe sich deutlich verschlechtert. Auch der Bekanntheitsgrad der UPD sei rückläufig. Durch die Privatisierung habe die UPD einen massiven Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit erlitten.

„Kein Einfluss von Leistungserbringern oder Kostenträgern“

UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede zog hingegen ein positives Fazit. Die Ratsuchenden könnten sich darauf verlassen, dass es keinen Einfluss von Leistungserbringern oder Kostenträgern auf die Beratung gebe. Die wissenschaftliche Begleitung zeige, dass die Bürger mit der Beratung sehr zufrieden seien und insbesondere die telefonische Erreichbarkeit gut sei.

Bedingt durch die Coronakrise, hätten sich in den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 besonders viele Menschen an die UPD gewandt. Der März sei mit fast 20.000 Beratungen der bislang stärkste Monat überhaupt gewesen. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte die inhaltliche Weiterentwicklung stehen und nicht die Frage der Finanzierung und Gesellschafterstruktur. (pk/17.06.2020)

Liste der Sachverständigen

Verbände/Institutionen:

  • Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
  • Prognos AG
  • Verband der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV)

Einzelsachverständige:

  • Gregor Bornes, BundesArbeitsGemeinschaft der Patientenstellen und -Initiativen (BAGP))
  • Dr. Martin Danner, BAG Selbsthilfe
  • Dr. Stefan Etgeton, Bertelsmann-Stiftung)
  • Gabriele Fellermayer, Auditorin der UPD
  • Prof. Dr. Raimund Geene, wissenschaftlicher Beirat in der UPD)
  • Thorben Krumwiede, Geschäftsführer UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH
  • Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, ehemaliger wissenschaftlicher Beirat in der UPD

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