+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Ausschüsse

Organspende

Zeit: Mittwoch, 30. Januar 2019, 14.30 Uhr bis 16 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3 101

Gesundheitsexperten begrüßen die von der Bundesregierung geplante Reform der Organspendenpraxis in Krankenhäusern. Der Gesetzentwurf zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (19/6915) beinhalte geeignete Regelungen, um die Zahl der Spenden zu erhöhen, erklärten Experten bei einer Anhörung am Mittwoch, 30. Januar 2019, im Gesundheitsausschuss des Bundestages unter Vorsitz von Erwin Rüddel (CDU/CSU). Die Sachverständigen äußerten sich auch in schriftlichen Stellungnahmen. Kritik kam an einigen Detailregelungen.

„Rechte und Pflichten eindeutig festlegen“

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, die Neuregelung, wonach in Entnahmekliniken mit mehr als einer Intensivstation für jede dieser Stationen mindestens ein Transplantationsbeauftragter bestellt werden solle, könne nicht immer eine Verbesserung bewirken. In kleinen Kliniken könne eine Bündelung der Expertise und Erfahrung in einer Person von Vorteil sein. Zudem sollten Rechte und Pflichten des Transplantationsbeauftragten eindeutig festgelegt werden.

Ferner müssten die Beauftragten alle nötigen Informationen erhalten, nicht nur retrospektiv, sondern prospektiv. Auch qualifizierte Pflegekräfte sollten die Aufgaben eines Transplantationsbeauftragten eigenverantwortlich wahrnehmen können, forderte die DKG. Schließlich müsse klargestellt werden, dass eine Hirntodfeststellung zum Zweck der Organspende und eine Meldung an die Koordinierungsstelle unterbleiben müsse, wenn dem Arzt oder dem Krankenhaus ein Widerspruch gegen eine Organspende bekannt sei.

Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßte die ergänzenden Regelungen und erinnerte zugleich daran, dass eine Entscheidung über die gesetzliche Grundlage für Organspenden noch ausstehe. Die Frage einer möglichen Widerspruchslösung berühre viele ethische, religiöse und rechtliche Aspekte, die Diskussion darüber müsse daher sensibel geführt werden.

„Organspende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) forderte eine Beteiligung der privaten Krankenversicherung (PKV) an den Kosten der Reform. Die Organspende sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von GKV und PKV gemeinsam finanziert werden müsse. Auch sollte sich die Freistellung der Transplantationsbeauftragten nicht aus der Anzahl der Intensivbetten ergeben, sondern aus dem Organspenderpotenzial der Klinik.

Der Spitzenverband wandte sich auch gegen das Selbstkostendeckungsprinzip zur Finanzierung der Transplantationsbeauftragten. An der bisherigen pauschalierten Finanzierung sollte festgehalten werden. Der Verband warnte zudem vor einer anlasslosen Übervergütung durch den Ausgleichszuschlag für Entnahmekrankenhäuser. Dies könnte dazu führen, dass Kliniken die Organentnahme aus wirtschaftlichen Gründen forcierten.

Die PKV stellte klar, die Privatversicherer beteiligten sich wie bisher im leistungsbezogenen Umlageverfahren an den Kosten.

Plädoyer für weitergehende Spendenmöglichkeiten

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) wertete den Gesetzentwurf als wesentliche Grundlage für eine schrittweise und nachhaltige Steigerung der Organspende. Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) sprach sich für weitergehende Spendenmöglichkeiten aus. Angesichts des dramatischen Mangels als Spenderorganen stelle eine Lebendspende eine wichtige Überlebenschance dar. Sogenannte altruistische Lebendspenden, Cross-over-Lebendspenden zwischen Paaren und Kettentransplantationen sollten auch ermöglicht werden.

Das sieht die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) genauso und forderte, die Lebendspende nicht länger nachrangig gegenüber der postmortalen Spende zu behandeln. Bei Cross-over-Spenden könnten Paare untereinander die Spenderorgane tauschen. Dies müsse nicht auf zwei Paare beschränkt sein, sondern könne zu einem Ringtausch oder einer Pool-Spende ausgeweitet werden, wobei sich Spender und Empfänger letztlich nicht kennen.

„Regelungen in Deutschland besonders restriktiv“

Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Axel Ockenfels von der Universität zu Köln sagte in der Anhörung, die Transplantationsregelungen in Deutschland seien im internationalen Vergleich besonders restriktiv. Er sprach sich dafür aus, die Möglichkeiten für Lebendspenden zu erweitern. Sorgen vor einem möglichen Organhandel sind aus seiner Sicht unbegründet. Ein Sprecher der Lebertransplantierten Deutschland machte in der Anhörung hingegen auf mögliche schwere Nebenwirkungen von Lebendspenden aufmerksam und riet zur Zurückhaltung.

Mit veränderten Abläufen und Vorschriften will die Bundesregierung die Organspendenpraxis effektiver gestalten. Die Novelle soll dazu beitragen, potenzielle Organspender besser zu erkennen. Dazu wird vor allem die Rolle des Transplantationsbeauftragten in Krankenhäusern gestärkt.

Mehr Zeit für die Transplantationsbeauftragten

Die Transplantationsbeauftragten sollen durch verbindliche Vorgaben für die Freistellung mehr Zeit bekommen. Bei Entnahmekrankenhäusern mit mehr als einer Intensivstation soll für jede dieser Stationen mindestens ein Transplantationsbeauftragter bestellt werden. Die anteiligen Kosten werden vollständig refinanziert. Die Transplantationsbeauftragten müssen außerdem künftig auf Intensivstationen regelmäßig hinzugezogen werden, wenn Patienten als Organspender in Betracht kommen. Sie erhalten uneingeschränkt Einsicht in die Patientenakten, um das Spenderpotenzial auswerten zu können.

Die Entnahmekrankenhäuser sollen mehr Geld bekommen für den gesamten Prozessablauf einer Organspende und erhalten einen Zuschlag dafür, dass ihre Infrastruktur für die Organspende besonders in Anspruch genommen wird. Kleinere Entnahmekliniken erhalten Unterstützung durch qualifizierte Ärzte. Ein neurologischer/neurochirurgischer konsiliarärztlicher Rufbereitschaftsdienst soll sicherstellen, dass jederzeit qualifizierte Ärzte zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls zur Verfügung stehen.

Qualitätssicherung mit Berichtssystem

Um potenzielle Organspender zu erkennen und zu melden, soll in den Kliniken eine Qualitätssicherung mit Berichtssystem geschaffen werden. Wenn ein irreversibler Hirnfunktionsausfall nicht festgestellt wird oder eine Meldung an die Koordinierungsstelle (DSO) unterbleibt, werden die Gründe dafür erfasst und bewertet. Die Daten sollen von der Koordinierungsstelle ausgewertet werden. Abläufe und Zuständigkeiten sollen dem Entwurf zufolge nachvollziehbar dokumentiert werden.

Der Gesetzentwurf sieht auch eine bessere Betreuung der Angehörigen vor. So soll der Austausch zwischen Organempfängern und Angehörigen der Organspender in Form von anonymisierten Schreiben verbindlich geregelt werden.

Antrag der AfD

Gegenstand der Anhörung waren auch Anträge der Fraktionen von FDP (19/5673) und AfD (19/7034). In dem FDP-Antrag geht es darum, mehr Lebendspenden zu ermöglichen. Die AfD will Organspender gesellschaftlich aufwerten. Die AfD-Fraktion tritt in ihrem Antrag dafür ein, die Organspendenbereitschaft gesellschaftlich stärker zu würdigen. Die Abgeordneten schlagen dazu vor, die nachgewiesene Bereitschaft zur Organspende als Ehrenamt anzuerkennen und das Engagement als Zeichen der Anerkennung zu fördern. Denkbar wären öffentliche Ehrungen, Urkunden oder Ehrennadeln. Möglich wäre auch die Ausgabe von Ehrenamtskarten, deren Inhaber beispielsweise Preisnachlässe beim Kauf von Waren, Dienstleistungen oder Eintrittskarten erhalten.

Es bestehe weiter ein Missverhältnis zwischen der Zahl der Spender und der Zahl der auf ein Spenderorgan wartenden Kranken, heißt es zur Begründung in dem Antrag. Rund 10.000 Menschen warteten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Ein Drittel von ihnen schaffe es nicht bis zur lebensrettenden Organtransplantation.

Antrag der FDP

Die FDP-Fraktion spricht sich in ihrem Antrag für eine liberalere Organspendenpraxis aus. So sollten auch altruistische Organlebendspenden ermöglicht werden, um die Zahl der verfügbaren Organe zu erhöhen. Bei Nieren- und Lebertransplantationen könnten die Spender mit nur eine Niere oder einem Teil der Leber mit lediglich geringen Einschränkungen weiterleben.

Das derzeit geltende Subsidiaritätsprinzip sollte nach Ansicht der FDP wegfallen. Damit werde vorgeschrieben, dass eine mögliche postmortale Spende stets der Lebendspende vorzuziehen sei, auch wenn von einer nahestehenden Person ein Organ angeboten werde.

Überkreuzspende soll zulässig sein

Eine weitere zulässige Variante sollte die Überkreuzspende sein, die zwei Paaren wechselseitige Transplantationen ermöglicht, wenn aus medizinischen Gründen eine Spende an den eigenen Partner ausgeschlossen ist.

Schließlich will die Fraktion die rein altruistische Organspende ermöglichen, um Überlebenshilfe in einem konkreten Fall zu leisten. Ermöglicht werden solle auch die nicht zielgerichtete Spende an einen Organpool. Ehemalige Lebendspender sollten nach Ansicht der FDP bei der Zuteilung bevorzugt werden, wenn sie selbst einmal eine Transplantation benötigen. (pk/30.01.2019)

Liste der geladenen Sachverständigen

Verbände/Institutionen:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF)
  • Bundesärztekammer (BÄK)
  • Bundesverband der Organtransplantierten e. V. (BDO)
  • Bundesverband Niere e. V. (BN e. V.)
  • Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e. V. (DGCH)
  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz-und Kreislaufforschung e. V. (DKG)
  • Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC)
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)
  • Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG)
  • Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)
  • Deutsche Stiftung Patientenschutz
  • Deutsche Transplantationsgesellschaft e. V. (DTG)
  • Eurotransplant International Foundation
  • Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
  • Junge Helden e. V.
  • Lebertransplantierte Deutschland e. V.
  • Netzwerk Spenderfamilien für Angehörige und Freunde von Organspendern
  • TransDia Sport Deutschland e. V.
  • Verband der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV)
  • Verband der Universitätsklinika Deutschlands e. V. (VUD)
  • Verband Organtransplantierter Deutschlands e. V. (VOD)

Einzelsachverständiger:

  • Prof. Dr. Axel Ockenfels (Universität zu Köln)

Marginalspalte