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Ausschüsse

Sozialexperten fordern bessere Gesundheits­versorgung

Zeit: Mittwoch, 27. Januar 2021, 14 Uhr bis 15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 300

Soziale Hilfsorganisationen fordern eine bessere Gesundheitsversorgung für Menschen ohne oder mit eingeschränktem Versicherungsschutz. Die Verbände machten am Mittwoch, 27. Januar 2021 in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages unter Vorsitz von Erwin Rüddel (CDU/CSU) über Anträge von Linken und Grünen deutlich, dass etwa Wohnungs- und Obdachlose, Flüchtlinge und Beitragsschuldner oft keinen adäquaten Zugang zur medizinischen Versorgung hätten. Die Sachverständigen äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Antrag der Linken

Die Linksfraktion fordert in einem Antrag (19/17543) eine gute Gesundheitsversorgung auch für Menschen ohne Krankenversicherung oder mit Beitragsschulden. Viele Menschen in Deutschland erhielten nur Leistungen unterhalb des Notwendigen oder hätten gar keinen Anspruch auf medizinische Versorgung. Dies betreffe vor allem Obdachlose, Wohnungslose, Illegalisierte, Geflüchtete, Asylsuchende sowie erwerbslose Menschen aus EU-Mitgliedstaaten.

Die Abgeordneten fordern in dem Antrag unter anderem einen Härtefallfonds für die Behandlung von Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall. Ferner sollten bundeseinheitliche Regelungen für die Einführung eines anonymen Krankenscheins zur Versorgung von Unversicherten oder Illegalisierten im Regelversorgungssystem geschaffen werden. Allen mittellosen Personen mit Beitragsschulden in der gesetzlichen (GKV) und privaten Krankenversicherung (PKV) sollte ein dauerhafter Schuldenerlass gewährt werden. Ferner sollte die Mindestbemessung bei freiwillig Kranken- und Pflegeversicherten, auch Selbstständigen, auf 450 Euro abgesenkt werden. Der Basistarif der privaten Krankenversicherung sei perspektivisch in das System der kassenärztlichen Versorgung zu integrieren.

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Eine ähnliche Zielsetzung verfolgt die Grünen-Fraktion mit ihrem Antrag (19/19538). Gerade in der Corona-Krise müsse für benachteiligte Gruppen der Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessert werden. Erschwert sei der Zugang für Menschen ohne Papiere, ohne Wohnung, ohne Krankenversicherung, mit Beitragsschulden oder einem eingeschränkten Leistungsanspruch.

Die Abgeordneten fordern, für alle Menschen ohne Krankenversicherung die Kosten für Tests und die Behandlung von Covid-19 zu übernehmen. Für alle EU-Bürger, die sich in Deutschland aufhalten, müsse der Ausschluss aus dem Gesundheits- und Sozialleistungssystem beendet werden. Es müsse sichergestellt werden, dass alle in Deutschland lebenden Menschen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ärztliche Hilfe aufsuchen könnten, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre persönlichen Daten an die Behörden überstellt werden.

BAGW: Gesundheit ist ein Menschenrecht

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) schloss sich den Forderungen der beiden Fraktionen im Wesentlichen an. Gesundheit sei ein Menschenrecht. Nötig sei eine angemessene medizinische Versorgung von Menschen in Wohnungsnot. Auch müsse der Zugang nicht versicherter Menschen zum Gesundheitssystem gewährleistet sein.

Das Ziel sei seine Anbindung an das Regelsystem. Für viele Wohnungslose sei gerade in der Pandemie die medizinische Versorgung fragil. Diese Menschen litten oft unter Mehrfacherkrankungen, Vorerkrankungen und einem geschwächten Immunsystem.

Caritas: Zugangshürden zum Gesundheitssystem abbauen

Die Caritas erklärte, es sei ein zentrales sozialpolitisches Ziel des Caritasverbandes, die Zugangshürden zum Gesundheitssystem abzubauen und allen Menschen unabhängig von ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status eine gute Gesundheitsversorgung zu sichern. Um bestimmten Patienten die Angst vor Sanktionen zu nehmen, sei ein anonymisierter Krankenversicherungsschein ein Ausweg aus dem Dilemma.

Allerdings sollten die Leistungen nicht auf Härtefälle beschränkt sein, sondern auch Vorsorgeleistungen umfassen. Ein Härtefallfonds werde nicht befürwortet, das Ziel sei ein klarer individueller Rechtsanspruch auf eine Krankenversicherung. Im Sinne der Beitragsschuldner, plädierte die Caritas für eine Amnestieregelung.

Ärzte der Welt: Problemlage wird unterschätzt

Nach Angaben der Organisation Ärzte der Welt haben Hunderttausende Menschen in Deutschland keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Neben administrativen und praktischen Hürden verhinderten auch bundesgesetzliche Barrieren den Zugang. 2019 hätten 2.583 Personen in Deutschland die Angebote des Ärzte-Vereins wahrgenommen.

Eine Auswertung der Projektdaten habe gezeigt, dass 11,1 Prozent der Patienten Kinder unter fünf Jahren waren. 72,6 Prozent der Patienten hätten keinen Versicherungsschutz gehabt, 21,6 Prozent nur einen Anspruch auf eingeschränkte Leistungen, 94,9 Prozent hätten unter der Armutsgrenze gelebt. Es sei davon auszugehen, dass deutlich mehr Menschen in Deutschland ohne Krankenversicherung lebten, als offiziell angenommen. Die Problemlage werde unterschätzt. (pk/27.01.2021)

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