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Ausschüsse

14. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik (Berichtszeitraum 1. Oktober 2018 bis 30. September 2020)

Zeit: Mittwoch, 5. Mai 2021, 14 Uhr bis 17 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 800

Der 14. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik im Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 20. September 2020 (19/25000) ist am Mittwoch, 5. Mai 2021, auf Lob und Kritik der Experten gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe unter Leitung von Gyde Jensen (FDP) würdigten die Sachverständigen die regelmäßige Berichterstattung der Bundesregierung, sahen jedoch auch zum Beispiel Nachbesserungsbedarf bei der Auswahl der Länderberichte. Zudem mahnten die Experten einen noch konsequenteren Einsatz der Bundesregierung für die Menschenrechte an – international wie auch in Deutschland selbst.

Mehr Druck auf Saudi-Arabien

So forderte Lina Al-Hathloul, Schwester der gerade mit dem Václav-Havel-Preis für Menschenrechte ausgezeichneten saudi-arabischen Frauenrechtsaktivistin Loujain Al-Hathloul, den Druck auf Saudi-Arabien zu erhöhen. Deutschland müsse als einer der wichtigsten Handelspartner den Druck auf das Königreich erhöhen und echte Menschenrechtsreformen zur Voraussetzung für jede Art der weiteren Zusammenarbeit machen.

Es dürfe sich auch nicht etwa von Förderprogrammen für Frauen täuschen lassen, mit denen die Regierung versuche, Imagepflege zu betreiben und von ihren massiven Menschenrechtsverletzungen abzulenken.

Kritik an Grundrechtseinschränkungen in der Corona-Zeit

Der Publizist Dr. Dr. David Berger lenkte den Blick nach Deutschland und kritisierte die Einschränkungen von Grundrechten im Zuge der Pandemiebekämpfung: Dies habe der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung im Einsatz für die Menschenrechte geschadet.

Auch die Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes und die Neuregelung des Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches, der eine „im politischen Leben stehende Person“ vor übler Nachrede oder Verleumdung schützen soll, geißelte der Journalist und Blogger: In Deutschland sei ein Klima entstanden, in dem „die Mehrzahl der Bürger, wichtige Journalisten und inzwischen auch Schauspieler Angst haben, ihre Meinung zu sagen“.

Armut in Deutschland begünstigt Grundrechtsverletzungen

Dr. Johannes Pieper vom Paritätischen Gesamtverband wies auf die wachsende Armut in Deutschland hin. Dies sei besorgniserregend, da weitere Benachteiligungen etwa im Bereich Bildung, Wohnen oder Gesundheit damit einhergingen, sagte der Sachverständige und drängte darauf, die Harz-IV-Regelsätze zu erhöhen.

Als eine Verletzung des Menschenrechts auf Wohnen monierte Pieper zudem Stromsperren. Betroffene hätten keine Möglichkeit, warmes Wasser zuzubereiten, zu kochen oder auch zu heizen. Die Übernahme der Stromkosten in Hartz IV müsse dringend neu geregelt werden, so die Forderung des Experten.

„Klarere Kante“ gegen Erosion von Menschenrechten zeigen

Dr. Julia Duchrow von Amnesty International begrüßte, dass die Bundesregierung regelmäßig über ihre Menschenrechtspolitik informiere. Allerdings merkte sie auch an, dass der Bericht „aussagekräftiger“ wäre, wenn er sich auch kritisch damit auseinandersetzen würde.

Nicht überzeugend sei zudem die Auswahl der Länderberichte. Engagiert und konstruktiv sei die Mitarbeit Deutschlands im UN-Menschenrechtsrat. Doch es müsse noch „klarere Kante“ im Rahmen der Vereinten Nationen und in der Europäischen Union zeigen, um der Erosion der globalen Menschenrechtsregime entgegenzuwirken. Hart ins Gericht ging Duchrow mit der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik: Illegale Push-backs an den EU-Außengrenzen widersprächen den menschenrechtlichen Standards, Kooperationen mit Drittstaaten wie der Türkei oder Libyen seien ein „Irrweg“.

„Iran sieht in Deutschland einen schwachen Staat“

Die Kritik an der Auswahl der Länderberichte teilte Martin Lessenthin, Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, ebenfalls: Dass etwa die gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Kuba darin nicht zur Sprache kämen, sei ein Manko.

Der Sachverständige warnte auch vor verfrühten Hoffnungen hinsichtlich einer Rettung des Atomabkommens mit Iran. Das Land stehe vor Wahlen, mit weiteren Repressionen sei zu rechnen, so der Experte auch mit Blick auf das Schicksal von verhafteten Ausländern und Iranern mit doppelter Staatsbürgerschaft wie der Architektin Nahid Taghavi. Die Bundesrepublik betrachte der Iran als „schwachen Staat“, den man leicht unter Druck setzen könne, um wirtschaftspolitische Ziele oder Vorteile bei den Atomverhandlungen zu erreichen. Daher sei der Anreiz, Geiseln zu nehmen, groß.

Strategie zum Schutz der Menschenrechte

Eine „eklatante Verschlechterung“ der Menschenrechtssituation in Iran beklagte auch Neda Soltani, Referentin für gefährdete und geflüchtete Wissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin: Tausende Menschenrechtler, Rechtsanwälte, Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten, aber auch „hochbegabte, junge Studierende“ seien willkürlich in Haft. Die Zahl der Hinrichtungen und Misshandlungen in Gefängnissen steige.

Damit wolle Teheran jede Kritik unterbinden, so Soltani. Angesichts dessen reiche ein „schriftliches Bekenntnis zu den Menschenrechten“ nicht. Die Bundesregierung brauche eine überzeugende Strategie zu ihrem Schutz. Einen Kompromiss in den Verhandlungen über das Atomabkommen dürfe es mit „diesem autoritären Regime“ nicht geben.

Schärfere Gesetze gegen sexuelle Ausbeutung gefordert

Dietmar Roller, Vorstandsvorsitzender der International Justice Mission Deutschland, einem Netzwerk, das sich gegen moderne Sklaverei einsetzt, konstatierte eine Zunahme von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. Menschenhändler nutzten ganz gezielt Migrationsbewegungen, um Frauen und Minderjährige nach Europa zu schleusen.

Für sexuelle Ausbeutung insbesondere auch von Kindern würden jedoch zunehmend auch Internet und digitale Technologien genutzt. Ein neuer Trend, den die Corona-Pandemie verstärkt habe, so Roller, und dem die Bundesregierung mit schärferen Gesetzen entschiedener entgegentreten müsse.

14. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung

Ein Schwerpunktthema des Berichts ist Deutschlands Einsatz für die Menschenrechte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN). Zudem nimmt der Bericht im Kapitel „Aktionsplan Menschenrechte 2021/2022“ auch zukünftige Prioritäten des Menschenrechtsengagements in den Blick – etwa die Stärkung des Menschenrechtsschutzes in Zeiten digitalen Wandels.

Das Kapitel „Menschenrechte in Deutschland und im Rahmen der gemeinsamen Justiz- und Innenpolitik der Europäischen Union“ gibt Auskunft über den Umsetzungsstand von Empfehlungen des UN-Menschenrechtsrats etwa zum Schutz vor Folter. Im Kapitel „Menschenrechte in der Außen- und Entwicklungspolitik“ bietet die Bundesregierung erstmalig auch eine Darstellung von Menschenrechtsprojekten, die von ihr gefördert wurden. Die Menschenrechtslage in ausgewählten Ländern stellt die Bundesregierung schließlich im Kapitel „Menschenrechte weltweit“ dar.

Darüber hinaus kommt die Bundesregierung in ihrem Bericht einer Forderung des Bundestages nach und informiert über ihr Engagement im Bereich von „Brennpunktthemen“, darunter der Kampf gegen sexuelle Gewalt in Konflikten, Straflosigkeit und der Schutz von zivilgesellschaftlichen Handlungsspielräumen. Zu den Ergebnissen des Monitorings des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“ gibt der Bericht ebenso Auskunft wie über das Engagement der Bundesregierung zur Abschaffung der Todesstrafe weltweit. (sas/06.05.2021)

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