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28.02.2013 2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus) — hib 113/2013

Zeuge: V-Mann „Otto“ nicht vor der Polizei gewarnt

Berlin: (hib/KOS) Der ehemalige V-Mann-Führer von Tino Brandt hat bestritten, den bis 2001 für das Erfurter Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) als Spitzel „Otto“ tätigen führenden Kopf des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“ (THS) vor polizeilichen Untersuchungen gegen ihn gewarnt zu haben. Vor dem Untersuchungsausschuss, der Pannen und Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu der dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) angelasteten Mordserie durchleuchten soll, erklärte Norbert Wiesner am Donnerstag zum Auftakt der Zeugenvernehmungen auf entsprechende Fragen von SPD-Obfrau Eva Högl und Linken-Sprecherin Petra Pau, unter seiner Verantwortung seien solche vertraulichen Informationen nicht aus dem Amt nach außen gedrungen: „Ich habe das selbst nie gemacht.“ Der 66jährige Ruheständler sagte, er habe gar nichts von Aktionen des Landeskriminalamts (LKA) gegen den THS-Mann gewusst. Högl und Pau wiesen den Zeugen darauf hin, dass Brandt nach eigenen Angaben fast immer von polizeilichen Durchsuchungen gewarnt worden sei und dass in einem Fall bei der Ankunft der LKA-Ermittler sogar die Festplatte aus seinem Computer ausgebaut gewesen sei.

Wiesner bezeichnete „Otto“, der für seine mehrjährige Spitzeltätigkeit vom Geheimdienst rund 200.000 Mark erhalten haben soll, als seinerzeit wichtigste Quelle in der rechtsextremen Szene Thüringens, zu der das LfV ansonsten nur schwer Zugang habe finden können. Zu der Behauptung Brandts, er habe das Honorar des Geheimdiensts vorwiegend zur Finanzierung des THS genutzt, meinte der Zeuge, der V-Mann habe dies nach seiner Enttarnung 2001 so darstellen müssen, um weiter in seinem thüringischen Umfeld wohnen bleiben zu können. Wiesner räumte ein, dass der Verfassungsschutz im Prinzip nicht wisse, was seine Quellen mit dem an sie gezahlten Geld machen.

FDP-Obmann Hartfrid Wolff zeigte sich „erstaunt“, dass der Geheimdienst über die rechtsextreme Szene gut unterrichtet gewesen sei, über Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe indes kaum etwas erfahren haben will. Dieses Jenaer Trio, das nach seinem Abtauchen im Januar 1998 zum NSU mutiert ist, war zuvor im THS aktiv. Clemens Binninger (CDU) kritisierte, dass beim Einsatz von V-Leuten „Aufwand und Risiko in keinem Verhältnis zum Ertrag“ stünden. Wiesner bestritt die Angaben anderer Zeugen, wonach beim LfV 1997 vorübergehend erwogen worden sei, Zschäpe als Informantin anzuwerben, worauf dann aber verzichtet worden sei. Er könne sich solche Aussagen „nicht erklären“, so der Zeuge, „diesen Sachverhalt kenne ich nicht“.

Jens Petermann (Linke) monierte, dass Brandt als Spitzel geführt worden sei, obwohl das LKA gegen ihn über 30 Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Wiesner konterte, es sei nie zu einer Verurteilung Brandts gekommen, weshalb er weiterbeschäftigt worden sei. Grünen-Obmann Wolfgang Wieland erinnerte an den Vorwurf des ehemaligen LfV-Chefs Helmut Roewer, Wiesner habe ein zu enges persönliches Verhältnis zu dem THS-Mann gepflegt und habe sich sogar noch nach dessen Abschaltung mit ihm getroffen. Der Zeuge wies diese Kritik Roewers „auf das Schärfste“ zurück. Die mit Zustimmung seines Vorgesetzten organisierte Begegnung mit Brandt habe nur der ordnungsgemäßen Abwicklung der Tätigkeit als Quelle gedient. Wiesner empörte sich, dass zu jener Zeit Roewer sein Handy habe abhören lassen.

Bei der Suche nach dem Anfang 1998 untergetauchten Jenaer Trio sei der LKA-Zielfahnder Sven Wunderlich über die Erkenntnisse des LfV stets umfassend unterrichtet worden, betonte der Zeuge. Wunderlich sei sogar bei LfV-Aktionen persönlich dabei gewesen. So habe man dessen Vorwurf entkräften wollen, nicht alle Informationen des Geheimdiensts zu erhalten. Lange Zeit habe ihn der Zielfahnder öfters sogar aufgefordert, ihm endlich die Adresse der drei Untergetauchten zu nennen, berichtete Wiesner. Umgekehrt habe das LfV zu der verschwundenen Gruppe kaum etwas vom LKA erfahren: Es sei um „Konkurrenz“ gegangen, die LKA-Fahnder hätte die Gruppe zuerst finden wollen. Eine „ungesunde Rivalität“, kommentierte Binninger.

Laut dem Zeugen bekam er die von Mundlos angefertigte Liste mit zahlreichen Kontaktadressen aus dem rechtsextremen Milieu, die im Januar 1998 von der Polizei in einer Jenaer Garage entdeckt worden war, nie zu Gesicht. Diese Liste wäre eine „Blaupause für eine erfolgreiche Fahndung“ nach dem abgetauchten Trio gewesen, sagte Binninger. Am Rande der Sitzung teilten die Obleute mit, dass inzwischen sogar noch eine weitere Adressliste aufgetaucht sei, die der Polizei bei der Durchsuchung der Garage in die Hände gefallen sei. Der Ausschuss will nun näher prüfen, wie diese neue Liste ausgewertet wurde und ob sie weitere Hinweise auf Aufenthaltsorte der drei Untergetauchten hätte liefern können.

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