Änderung des Gesetzes zur Antiterrordatei
Berlin: (hib/STO) Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf „zur Änderung des Antiterrordateigesetzes und anderer Gesetze“ (18/1565) stößt unter Sachverständigen auf ein unterschiedliches Echo. Dies wurde am Montag bei einer öffentlichen Experten-Anhörung des Innenausschusses zu der Vorlage deutlich. Mit dem Gesetzentwurf sollen Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April vergangenen Jahres (1 BvR 1215/07) umgesetzt werden. Danach ist die Errichtung einer Antiterrordatei als Verbunddatei verschiedener Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus „in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar“, wie die Regierung in der Vorlage ausführt. Bei einigen Regelungen verlange das Gericht jedoch „im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Übermaßverbot Änderungen“.
Dies betreffe die „Bestimmung der beteiligten Behörden, die Reichweite der als terrorismusnah erfassten Personen, die Einbeziehung von Kontaktpersonen, die Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten“ und die „Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten“, schreibt die Bundesregierung in der Begründung des Entwurfs. Ebenfalls betroffen sind danach „die Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht und die Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei, die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden“.
Nach der Neuregelung soll unter anderem das Bundeskriminalamt (BKA) dem Bundestag und der Öffentlichkeit alle drei Jahre - erstmalig zum 1. August 2017 - über den Datenbestand und die Nutzung der Antiterrordatei berichten müssen. Darüber hinaus sollen die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder nach dem Vorschlag künftig im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Datenschutzkontrollen mindestens alle zwei Jahre durchführen, wie die Bundesregierung schreibt. Neben den vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Vorschriften im Antiterrordateigesetz sollen mit der Novelle auch die entsprechenden Vorschriften im Rechtsextremismus-Datei-Gesetz geändert werden.
Der Direktor des Forschungsinstituts für Öffentliche und Private Sicherheit der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht, Professor Clemens Arzt, sagte in der Anhörung, das Verfassungsgericht habe „mit gutem Grund eine Reihe von Normen beanstandet“. Aus seiner Sicht gehöre indes „das gesamte Instrument rechtstaatlich auf den Prüfstand“.
Professor Matthias Bäcker von der Universität Mannheim betonte, der Gesetzentwurf setze die Vorgaben des Verfassungsgerichts „mehr oder weniger“ um. Dabei beseitigten einige der vorgeschlagenen Regelungen die Defizite nicht vollständig. Vom Verfassungsgericht nicht vorgegeben sei zudem die „Verschärfung des Antiterrordateigesetzes durch die sogenannte erweiterte Nutzung“. Dabei werde die informationelle Trennung von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten für die Dauer eines bestimmten Rechercheprojekts aufgehoben. Er könne sich nicht vorstellen, dass diese Vorschrift eine Überprüfung durch das Verfassungsgericht überstehen würde.
Professor Matthias Rossi von der Universität Augsburg verwies darauf, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, die vorgeschlagenen Änderungen zu unterbreiten. Es sei dessen Entscheidung, ob die Vorschriften zum Jahresende auslaufen oder fortdauern. Für den Fall, dass er von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch macht, habe ihm das Verfassungsgericht einen „sehr engen Weg“ vorgezeigt. Bei den „verfassungsgerichtsmotivierten“ Gesetzesänderungen beschränke sich die Vorlage auf verfassungsmäßige Mindeststandards. In den allermeisten Fällen genügten diese Mindeststandards indes, um die Verfassungskonformität der Vorschlage zu begründen.
Professor Kyrill-Alexander Schwarz von der Universität Würzburg argumentierte, dass Verfassungsgericht habe „Reparaturen“ des Antiterrordatei-Gesetzes angemahnt. Diesen Reparaturauftrag habe der Gesetzgeber „im Wesentlichen“ erfüllt. Schwarz verwies zugleich darauf, dass es sich bei der Terrorismusbekämpfung um eine „legitime Aufgabenwahrnehmung“ der Sicherheitsbehörden handle. Dabei besteht nach seinen Worten ein „erhebliches Bedürfnis“ für solche Verbunddateien.
Professor Heinrich Amadeus Wolff von der Universität Bayreuth sagte, die zwingenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erschienen ihm ordentlich umgesetzt. Er habe hier in dem Gesetzentwurf „keine großen Schnitzer gefunden“. Allerdings bestehe bei der Definition der Kontaktpersonen eine gewisse Unsicherheit. Mit Blick auf den Paragrafen 6a zu erweiterten Datennutzung sagte Wolff, die Vorschrift berge ein „hohes Risiko“, im Falle einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle aufgehoben zu werden. Dieses Risiko könne jedoch etwas verringert werden, indem man unter anderem die Vorschriften etwas klarer fasst.
Catrin Rieband vom Bundesamt für Verfassungsschutz bewertete die Antiterror- und die Rechtsextremismus-Datei als „wesentliche Bausteine in der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik“. Sie seien wesentliches Instrument, um den Informationsausstauch zwischen den Sicherheitsbehörden effektiv und schnell zu gestalten. Sie ermöglichten eine zeitnahe Verifizierung oder auch Falsifizierung von Verdächtigen und dienten dem zielgerichteten Auffinden von Informationen. Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, betonte, der Kampf gegen den Terrorismus sei ein „Wettlauf mit der Zeit“. Dabei sei die Antiterrordatei ebenso wie die Rechtsextremismusdatei „unverzichtbar“.
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