Sorge um Zukunft der Ebola-Staaten
Berlin: (hib/PK) Die drei von der Ebola-Epidemie in Westafrika am stärksten betroffenen Länder Liberia, Sierra Leone und Guinea werden nach Einschätzung des Ebola-Sonderbeauftragten der Bundesregierung noch lange Zeit auf die Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft angewiesen sein. Botschafter Walter Lindner sagte am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages, die wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen in den betroffenen Gebieten seien immens. Die Krisenländer bräuchten in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, bei der Gesundheits-versorgung, den Bildungsinstitutionen und der Wirtschaft eine schnelle und nachhaltige Wiederaufbauhilfe.
Lindner schilderte den Ausschussmitgliedern nach einem Besuch in Westafrika detailliert, wie sich die soziale Lage in den drei Staaten durch die Krankheit grundlegend verändert hat. So sei das soziale Leben „auf den Kopf gestellt“. Die einstige Lebens- und Kontaktfreude der Menschen sei einer allgegenwärtigen Angst vor Ansteckung gewichen. Die Menschen gingen nicht mehr aus und hätten Angst vor Berührungen. Krankenhäuser würden gemieden, Schulen und Universitäten seien geschlossen, Reisen beschränkt, Märkte zusammengebrochen. Hinzu komme die Stigmatisierung von Leuten, die verdächtigt würden, mit dem Ebola-Virus in Kontakt gekommen zu sein, also etwa Ärzte und Krankenschwestern.
Die allgemeine Vermeidung von Körperkontakt führe auch dazu, dass Alte und Kranke keinen Zuspruch mehr bekämen, keine Wärme, keine Nähe, kein Mitleid. Mütter müssten ihre Kinder bisweilen an „Leute in Marsanzügen“ abgeben, was viele Frauen natürlich auch verweigerten. Die traditionellen Beerdigungsriten seien insgesamt infrage gestellt, zumal hier mit der Nähe zu den Toten das größte Infektionsrisiko überhaupt lauere.
Lindner sagte, die sozialen Auswirkungen der Gesundheitskrise seien destabilisierend für die drei betroffenen Länder. Die jeweiligen Präsidenten hätten davor gewarnt, dass Liberia, Sierra Leone und Guinea bald zu den sogenannten „failed states“ gehören könnten, also zu jenen Ländern, wo die staatliche Kontrolle verloren gegangen ist.
Der Diplomat würdigte zugleich die immense Kraftanstrengung, die von inländischen wie ausländischen Helfern in der Krise erbracht werde. Die angelaufene internationale und deutsche Hilfe sei vor Ort auch schon sichtbar, entweder unmittelbar, oder in ihren positiven Auswirkungen. Das gelte für die Luftbrücke ebenso wie für die aufgebauten Labore. Lindner sagte, die internationale Hilfe sei spät angelaufen, zeige nun aber Wirkung. Umso wichtiger sei es, schon jetzt auch die langfristige Entwicklung der Staaten im Blick zu behalten.
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