Gabriel: Auf guten Zahlen nicht ausruhen
Berlin: (hib/HLE) Der deutschen Wirtschaft gehe es gut und sie sei in guter Verfassung. Dies ist nach Aussage von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Ausschuss für Wirtschaft und Energie am Mittwoch die „zentrale Botschaft“ des vom Bundeskabinett zuvor beschlossenen Jahreswirtschaftsberichts 2015. Der Bericht steht unter dem Motto „Investieren in Deutschlands und Europas Zukunft“ und geht in diesem Jahr von einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent aus. Auch 2014 hatte das Wirtschaftswachstum 1,5 Prozent betragen. Der im vergangenen Jahr mit 42,7 Millionen Beschäftigten erreichte Beschäftigungsrekord soll in diesem Jahr noch übertroffen werden. Die Bundesregierung erwartet 170.000 zusätzliche Stellen.
Gabriel warnte davor, sich auf den guten Werten auszuruhen. Die Entwicklung werde durch den niedrigen Ölpreis und den gesunkenen Kurs der Eurowährung getrieben. Es müsse nachdenklich machen, dass das Wachstum im Wesentlichen von externen Faktoren getrieben werde. „Darauf darf man sich nicht verlassen“, warnte Gabriel. Der Minister kündigte an, dass sich Deutschland über die KfW-Bankengruppe mit rund acht Milliarden Euro an dem von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgelegten europäischen Wachstumsprogramm beteiligen werde.
Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete die von Gabriel präsentierten Zahlen als „erfreulich“. Noch vor wenigen Wochen sei vielerorts von Stagnation die Rede gewesen. Ein Sprecher der Fraktion forderte, der Konsolidierungskurs müsse eingehalten und Wachstumsbremsen müssten gelöst werden. So müsse es zur Entbürokratisierung kommen, etwa beim Mindestlohn. Bei diesem Vorhaben sei „über das Ziel hinausgeschossen“ worden. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion befürwortete auch Maßnahmen zum Abbau der Kalten Progression und eine mittelstandsfreundliche Ausgestaltung der Erbschaftsteuer.
Die SPD-Fraktion lobte den „guten Bericht“ und warnte ebenfalls davor, sich auszuruhen. Es sei nicht selbstverständlich, dass Deutschland in Europa so gut dastehe. Neben dem Konsolidieren sei aber auch Investieren wichtig. Die sozialen Sicherungssysteme seien durch Zuwanderung und Integration gestärkt worden. „Wir brauchen Zuwanderung, um die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest zu machen“, sagte der Sprecher der SPD-Fraktion.
Die Fraktion Die Linke machte die ihrer Ansicht nach zu geringe Lohnquote für die Investitionslücke verantwortlich. Würde das Lohnniveau heute so hoch sein wie vor den Arbeitsmarktreformen, würden 100 Milliarden mehr zur Verfügung stehen. Diese Nachfrage falle jedoch weg. Ein Sprecher der Fraktion kritisierte die Umverteilung von unten nach oben. So werde in Gabriels Bericht ein Anstieg der Arbeitnehmerentgelte in diesem Jahr um 3,6 Prozent erwartet, aber die Unternehmens- und Vermögenseinkommen würden mit 4,4 Prozent erheblich stärker steigen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warnte davor, sich auf dem niedrigen Ölpreis auszuruhen, auch wenn es eine Tatsache sei, dass der niedrige Ölpreis die Wirkung eines milliardenschweren Konjunkturprogramms habe. Die Fraktion verlangte eine Ausrichtung auf „ökologische Investitionen“. Angesichts der Arbeitsplatzverluste besonders in der Photovoltaik- und Windenergie-Branche müsse sich die Regierung fragen, ob diese Branchen aus dem Land getrieben würden.
In seiner Antwort auf die Stellungnahmen der Fraktionen kündigte Gabriel eine „Bürokratiebremse“ an. Zur Kritik an den Mindestlohn-Bestimmungen appellierte der Wirtschaftsminister an die Geduld und empfahl, erst Erfahrungen mit dem neuen Gesetz abzuwarten. „Schnellschüsse machen keinen Sinn“, sagte Gabriel.
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