Bilanzüberschuss und Wettbewerbsfähigkeit
Berlin: (hib/HLE) Die CDU/CSU-Fraktion hat die positiven Seiten der deutschen Leistungsbilanzüberschüsse hervorgehoben. Die von der EU-Kommission festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte durch den Leistungsbilanzüberschuss würden die deutsche Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Stärke zeigen, erklärt ein Sprecher der Unionsfraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Energie bei der Beratung des von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/8116) vorgelegten „Nationalen Reformprogramms 2016“. Wer die Überschüsse verringern wolle, schränke zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ein. Nach Ansicht des Sprechers der SPD-Fraktion profitieren vom deutschen Leistungsbilanzüberschuss auch andere europäische Länder durch Zulieferungen nach Deutschland. Der Sprecher der SPD-Fraktion sprach sich dafür aus, die Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene zu vertiefen. Die Entwicklung in Deutschland verlaufe mit einem Wachstum von 1,6 Prozent sehr positiv. Im nunmehr vierten Jahr könne ein ausgeglichener Haushalt vorgewiesen werden.
Die Bundesregierung vertritt im „Nationalen Reformprogramm 2016“ die Ansicht, der deutsche Leistungsbilanzüberschuss stelle kein übermäßiges Ungleichgewicht in der Europäischen Union dar. Ein großer Teil dieses Überschusses sei durch Faktoren begründet, die kurzfristig kaum durch wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen in Deutschland beeinflusst werden könnten. Dazu rechnet die Bundesregierung den günstigen Kurs des Euro und die stark gesunkenen Ölpreise.
Die EU-Kommission hatte in einer Analyse für Deutschland Ungleichgewichte festgestellt. Der Leistungsbilanzüberschuss hatte im Jahr 2015 257 Milliarden Euro betragen (8,5 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, BIP). Damit sei der Überschuss in Relation zum BIP nur noch halb so hoch wie 2007, berichtet die Regierung in der Unterrichtung, die vom Ausschuss zur Kenntnis genommen wurde. Für das laufende Jahr 2016 werde ein Rückgang des Leistungsbilanzüberschusses auf 6,8 Prozent erwartet, und auch im Jahr 2017 soll der Wert weiter sinken. Die Bundesregierung weist darauf hin, Deutschland habe im letzten Jahr nahezu 60 Prozent seiner Importe aus der EU bezogen. Gleichzeitig würden über 40 Prozent der deutschen Exporte aus importierten Vorleistungen bestehen. „Sowohl die Länder des Euroraums als auch die anderen EU-Mitgliedstaaten profitieren somit von den deutschen Exporterfolgen in Ländern außerhalb der EU“ betont die Regierung.
Die Fraktion Die Linke bezeichnete demgegenüber die Überschüsse als Problem. Seit dem Jahr 2000 würden sich die Überschüsse auf inzwischen zwei Billionen Euro summieren. Die Überschüsse könnten nur durch eine Verschuldung anderer Länder finanziert werden. Der Maßstab, Schulden zu verringern, gelte wohl nicht für das Ausland, kritisierte die Fraktion Die Linke. Wenn es einen Schuldenerlass geben sollte, bedeute dies, dass Güter und Dienstleistungen jahrelang umsonst geliefert worden seien.
Die Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen waren nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Faktor der Finanzkrise. Die EU-Kommission habe ganz klar rauf die negative Wirkung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses hingewiesen. Die Binnennachfrage müsse angekurbelt werden, verlangte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
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