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21.10.2016 1. Untersuchungsausschuss (NSA) — Ausschuss — hib 618/2016

Kanzleramts-Fachebene uninformiert

Berlin: (hib/wid) Über die Verwendung politisch fragwürdiger Selektoren durch den Bundesnachrichtendienst wurde die zuständige Fachebene im Kanzleramt erst anderthalb Jahre später informiert als die Spitze des Hauses. Dies bestätigten am Donnerstag der Leiter des Referats 603, Albert Karl, sowie die verantwortliche Referentin Friederike Nökel dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Das Referat 603 führt die Fachaufsicht unter anderem über die mit Abhörmaßnahmen befasste Abteilung Technische Aufklärung (TA) beim BND. Der heute 54-jährige Politologe Karl steht seit August 2013 an der Spitze des Referats. Die 44-jährige Volkswirtin Nökel gehört dem Referat seit November 2013 an.

Beide erklärten übereinstimmend, sie hätten erst im März 2015 davon erfahren, dass der BND in seiner strategischen Fernmeldeaufklärung auch Suchmerkmale eingesetzt hatte, die zur Ausspähung von Partnerstaaten in EU und Nato geeignet waren. Dies hatte der damalige BND-Präsident Gerhard Schindler aber bereits Ende Oktober 2013 in einem persönlichen Gespräch dem noch amtierenden Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Geheimdienstkoordinator Günter Heiß mitgeteilt. Er erhielt die mündliche Weisung, den Einsatz der politisch fragwürdigen Selektoren umgehend zu beenden.

„Mir wurde erst im März 2015 bekannt, dass es schon im Oktober 2013 eine Besprechung gegeben haben soll“, betonte Karl. Warum Heiß, der als Leiter der Abteilung 6 ihr direkter Vorgesetzter ist, ihnen die Information nicht sofort weitergab, wussten weder er noch Nökel schlüssig zu beantworten. „Wenn für die Dienst- und Fachaufsicht etwas zu veranlassen war, war es naheliegend, das zu tun. Damals ist das nicht geschehen“, sagte Karl und fügte später hinzu, er könne den Vorgang „nicht nachvollziehen“, denn er liege „außerhalb der Wahrnehmungen und Einschätzungen, die ich eigentlich für normal halte“. Auch Nökel meinte: „Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, wir hätten's gewusst.“

Beide erklärten, von dem Vorgang erstmals Kenntnis genommen zu haben, als der BND selbst über die Existenz von Dateien berichtete, in denen wegen politischer Bedenken aussortierte Selektoren gespeichert waren. Zuvor hatte am 20. März 2015 eine Delegation aus dem Kanzleramt unter Leitung von Amtschef Peter Altmaier (CDU) der Geheimdienstzentrale in Pullach einen Besuch abgestattet. Was sie zu lesen bekamen, versetzte Karl nicht minder als Nökel, wie sie berichteten, in Verwunderung. „Ich war zum Teil doch erstaunt, dass die sowas machen“, meinte Nökel über die Abhörgepflogenheiten des BND. „Ich war im ersten Reflex überrascht“, sagte Karl und setzte hinzu: „Meine Überraschung weitet sich sehr schnell zu Empörung aus - manchmal.“ Der Einschätzung, dass die Abteilung TA beim BND seit langem ein „Eigenleben“ führe, wollte der zuständige Referatsleiter im Kanzleramt nicht rundheraus widersprechen.

Im Frühjahr 2015 entfaltete jedenfalls das Referat 603 eine fieberhafte Aktivität, um weitere Klarheit über den heiklen Sachverhalt zu gewinnen. Die Abteilung TA wurde mit Anfragen ihrer Fachaufsicht zum Einsatz von Selektoren gegen Verbündete überhäuft. „Die Bearbeitung der Abteilung TA hat mit März, April schon eine gewisse Dynamik erfahren“, wie Karl formulierte. Dies sei normal, wenn ein Sachverhalt erstmals auf dem Radar auftauche: „Es gab viele für uns unbekannte technische und methodische Komplexe.“ Schließlich habe sich das Referat bis dahin mit dem Einsatz von Selektoren durch den BND nie genauer befasst.

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