Wohnungsgemeinnützigkeit empfohlen
Berlin: (hib/EB) Eine Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit stößt bei Experten überwiegend auf eine positive Resonanz. Im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sprachen sich am Mittwoch vier von sechs Sachverständigen dafür aus, die Schaffung von dauergebundenen Sozialwohnungen durch steuerliche Entlastungen zu fördern. Sowohl Linke (18/7415) als auch Grüne (18/8081) haben Anträge zu einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit eingebracht.
Aus Sicht von Jan Kuhnert von der Kommunal- und Unternehmensberatung (KUB) GmbH ist die Wohnungsgemeinnützigkeit eines der Instrumente, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zudem könne sie dazu beitragen, die Lebensqualität in Städten zu sichern und Integration zu bewältigen. Eine steuerliche Entlastung fördere, dass kleine und mittlere sowie neugegründete Unternehmen mit einer Eigenkapitalschwäche in den Bau von dauerhaft gebundenen Mietwohnungen investierten. Zusätzlich zum Bau neuer Wohnungen, müssten auch Bestandwohnungen in eine dauerhafte Sozialbindung gebracht werden, um die soziale Segregation zu verhindert, sagte Kuhnert.
Die derzeitigen Instrumente der Wohnungspolitik entfalten trotz eines relativ hohen Mitteleinsatzes nur beschränkte Wirkung, kritisierte der Sozialwissenschaftler Andrej Holm (Humboldt Universität Berlin). Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit beinhalte demgegenüber Maßnahmen für einen nachhaltigen sozialen Wohnungsbau. „Eine steuerliche Förderung im Bereich des Wohnens ist keinesfalls systemfremd“, sagte er mit Verweis auf Steuerverzichte, die der Wohnungswirtschaft auch nach Abschaffung der Gemeinnützigkeit 1989 gewährt worden seien. Die Gefahr sozialräumlicher Segregation bestehe umso weniger, je größer der gemeinnützige Sektor sei, argumentierte er.
Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund wies darauf hin, dass seit Ende der 1980er Jahre etwa vier Millionen bezahlbare Wohnungen aus der gesetzlichen oder vertraglichen Bindung gefallen seien. „Wir müssen mit diesem Hase- und-Igel-Spiel aufhören“, sagte er. In seiner schriftlichen Stellungnahme empfahl der Mieterbund, die Unternehmensbindungen durch Maßnahmen der Objektförderung, des Bodenrechts und des Planungsrechts flankierend zu ergänzen. Ropertz betonte, dass eine Wohnungsgemeinnützigkeit hinreichend Träger benötige. Neben den kommunalen Unternehmen seien hier auch Stiftungen und kirchliche Träger denkbar.
Um dauerhaft preisgünstigen und beleggebundenen Wohnraum zu sichern, müssten neue differenzierte Instrumente der Wohnungspolitik geschaffen werden, forderte Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag. Eine öffentliche Förderung durch Steuererleichterungen, Steuergutschriften, Zuschüsse und Förderdarlehen sei wünschenswert. Darüber hinaus sollte jedoch auch das Bodenrecht in den Blick genommen werden, empfahl von Lojewski. Die Gewinne aus unverdienter Bodenwertsteigerung sollten zugunsten des gemeinnützigen Wohnungssektors umverteilt werden, forderte er.
Die Stärkung der Länderprogramme solle Vorrang vor einem neuen Großprojekt des Bundes haben, sagte Torsten Mertins für den Deutschen Landkreistag. Einige Bundesländer hätten erfolgreichen Programme im Bereich des sozialen Wohnungsbaus aufgelegt. Der kommunale Spitzenverband der Landkreise habe noch keine abschließende Haltung zum Thema der Wohnungsgemeinnützigkeit entwickelt, sagte Mertins.
Ablehnend steht der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit gegenüber. Die Wohnungsgemeinnützigkeit würde den Geschäftskreis der Unternehmen beschränken, argumentierte ihr Vertreter Axel Gedaschko. „Kein Marktversagen, sondern ein krasses Staatsversagen“ liege aktuellen Engpässen auf dem Wohnungsmarkt zugrunde. Anstelle von dauerhaften Belegbindungen müsse ein Ausgleich des Mietmarktes geschaffen werden, da Miethöhen regional stark schwankten. Für viele Unternehmen bedeuteten die Steuerbefreiungen zudem keinen zusätzlichen Anreiz, etwa, wenn sie als Genossenschaften schon Steuerbegünstigungen genießen würden, sagte er.
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