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01.12.2016 1. Untersuchungsausschuss (NSA) — Ausschuss — hib 715/2016

Briten von Snowden weniger beeindruckt

Berlin: (hib/WID) In einer Anhörung vor dem 1. Untersuchungsausschuss hat der britische Politologe Richard Aldrich bestätigt, dass die Enthüllungen des US-Geheimdienstkritikers Edward Snowden in seinem Land weit weniger Aufsehen erregt haben als in Deutschland. Es gebe eine Menge Briten, die ganz zufrieden seien mit dem Ausmaß staatlicher Überwachung und sich sogar mehr davon wünschten, sagte Aldrich, der an der Universität Warwick internationale Sicherheitspolitik lehrt, am Donnerstag. Außer ihm hörte der Ausschuss als Sachverständige aus Großbritannien den Unabhängigen Beauftragten für die Aufsicht über die Antiterror-Gesetzgebung, David Anderson, die Referentin für Politik und Datenschutz bei der Menschenrechtsorganisation „Liberty“, Silkie Carlo, und den Bürgerrechtsanwalt Ben Jaffey.

Aldrich, dessen Forschungsinteresse in erster Linie den Geheimdiensten gilt, wies darauf hin, dass 90 Prozent der im Internet zirkulierenden Daten in den vergangenen zwei Jahren entstanden seien. Wir erlebten also erst den Anfang einer Entwicklung, mit der der Datenverkehr und damit auch die Möglichkeiten der Überwachung „exponentiell“ anwachsen würden. Er sehe, meinte Aldrich, diesen Trend aber nicht pessimistisch.

Zwar werde sich der einzelne Bürger nur noch in eingeschränktem Maße auf den Schutz seiner Privatsphäre verlassen können. Zugleich seien aber auch Unternehmen und Behörden immer weniger in der Lage, ihr Handeln vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Der US-Geheimdienst CIA etwa gehe jetzt schon davon aus, dass er nur noch unter Bedingungen einer „Verzögerung der Offenlegung“, also lediglich halb geheim, operieren könne. Hinweisgeber wie Snowden, die bisher mit „unglaublichen Problemen“ und „negativen Konsequenzen“ zu rechnen hätten, müssten in Zukunft rechtlich besser gestellt werden, forderte Aldrich.

Anderson widersprach dem Eindruck, dass in Großbritannien eine Massenüberwachung stattfinde. Er kenne aus seiner Amtspraxis zahlreiche Mitarbeiter der Geheimdienste GCHQ, MI6 und MI5: „Die Vorstellung, dass diese Menschen unsere Bevölkerung unter vollständiger Kontrolle halten würden, ist einfach lächerlich.“ Die Massensammlung von Daten, die in der seit dieser Woche rechtskräftigen Novelle des britischen Geheimdienstgesetzes ausdrücklich festgeschrieben ist, sei aber zur Kriminalitätsbekämpfung und Terrorabwehr durchaus sinnvoll. Es gelte immer, zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der öffentlichen Sicherheit abzuwägen. Wichtig seien Transparenz und eine geregelte Kontrolle, die nicht von Enthüllungen einzelner Hinweisgeber abhängen dürfe. Dank besserer Transparenz habe sich die Debatte seit der Snowden-Affäre wesentlich entspannt.

Widerspruch erntete Anderson von der Bürgerrechts-Aktivistin Carlo, nach deren Ansicht es durchaus angemessen ist, in Großbritannien von einer Massenüberwachung zu reden. Das neue Geheimdienstgesetz bewertete Carlo als Lizenz zum Spitzeln. Es verschaffe den staatlichen Spähern Befugnisse zum Abgriff großer Datensätze und zur Vorratsdatenspeicherung, die es zuvor nicht gegeben habe, und müsse unbedingt nachgebessert werden. So bedürfe es auch in Großbritannien der Vorschrift, nach Abhörmaßnahmen Betroffene zu informieren.

Jaffey betonte, dass sich dank Snowden die Zahl der Klagen vor Gericht gegen Maßnahmen der Geheimdienste erhöht habe. Ein Problem seien aber die dehnbaren Formulierungen im Gesetz, die im Zweifelfall immer eine Auslegung zugunsten der Dienste ermöglichten. Ein Problem sei auch, dass vielfach die Interpretation des Gesetzestextes selber als geheim eingestuft sei.

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