Politische Forderungen nach Anschlag
Berlin: (hib/PK) Nach dem verheerenden Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt hat sich der Innenausschuss des Bundestages aktuell über den Ermittlungsstand informieren lassen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie die Spitzen der Sicherheitsbehörden standen den Abgeordneten dazu in der 100. Sitzung des Ausschusses am Mittwoch im Parlament Rede und Antwort.
Zu Beginn der Sondersitzung des Innenausschusses äußerte sich der Vorsitzende Ansgar Heveling (CDU) in einer kurzen Ansprache betroffen und schockiert über den „feigen“ Anschlag, bei dem am Montag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin zwölf Menschen getötet und weitere 53 zum Teil schwer verletzt wurden. Alle Teilnehmer der Ausschusssitzung erhoben sich im Gedenken an die Opfer des Anschlags zu einer Schweigeminute.
In der zweistündigen Ausschusssitzung schilderten neben dem Innenminister der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, Generalbundesanwalt Peter Frank, der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, Details aus der Ermittlungsarbeit im Zusammenhang mit diesem aktuellen Fall.
Nach der Sitzung sagte der Minister vor der Presse, es werde nach einem Tatverdächtigen gefahndet. Es handele sich aber nicht zwingend um den Täter, das müssten erst die weiteren Ermittlungen ergeben. De Maizière betonte, es werde weiter in alle Richtungen ermittelt, alle Spuren würden verfolgt. Er wandte sich entschieden gegen jede Art von Spekulationen und vorschnellen Urteilen in dem Fall. Entscheidend seien die Ermittlungsergebnisse, nicht Schnelligkeit oder Spekulationen.
Sprecher der Fraktionen äußerten sich nach der Sitzung des Ausschusses zufrieden mit den dort erlangten aktuellen Informationen und der Informationspolitik der Behörden nach diesem Anschlag insgesamt.
Stephan Mayer (CSU) sagte vor Journalisten, die Abgeordneten seien umfassend informiert worden. Er forderte zugleich politische Konsequenzen unter anderem im Umgang mit sogenannten Gefährdern sowie Anpassungen im Aufenthaltsrecht. Er sehe ein „Sammelsurium an gesetzgeberischem Handlungsbedarf“. So stehe der Anschlag für eine „Zäsur“, der Terror habe in Deutschland eine neue Dimension erreicht. Da könne man nicht zur Tagesordnung zurückgehen. Das habe auch nichts mit Aktivismus oder Populismus zu tun.
Burkhard Lischka (SPD) sagte, die Sicherheitsbehörden seien gerade „ hochprofessionell und mit Sorgfalt“ dabei, den Anschlag aufzuklären. Dafür müssten sie auch die nötige Zeit bekommen. Sollte sich herausstellen, dass es in dem Fall im Zusammenhang mit dem Täter „Versäumnisse“ gegeben habe, sollten diese Sicherheitslücken geschlossen werden. Vor einer möglichen politischen Diskussion gehe es aber darum, Fakten zu sammeln.
Auch Frank Tempel (Linke) wies auf die nach wie vor unklare Faktenlage hin und warnte vor vorschnellen politischen Konsequenzen. Die zur Verfügung stehenden Informationen müssten sachlich ausgewertet und dürften nicht populistisch genutzt werden. „Nebengeräusche“ wie Debatten über die Asylgesetzgebung oder sogenannte sichere Herkunftsstaaten seien nicht angebracht. Es sei jedoch wohl sinnvoll, über eine verbesserte Videoüberwachung zu diskutieren.
Für die Grünen-Fraktion lobte Konstantin von Notz die „intensive und aufschlussreiche“ Ausschusssitzung. Auch er betonte, der jetzige Kenntnisstand eigne sich nicht, um daran politische Forderungen zu knüpfen. So gebe es viele Hinweise, Vermutungen und Spuren, aber eben noch „keinen klaren Sachverhalt“ in dem Fall. Die vom Minister genannte neue Spur sei immerhin „spannend und schlüssig“. Notz lobte das umsichtige Agieren der Behörden und sprach sich zugleich dafür aus, die sogenannten Gefährder mit mehr Personal wirksamer zu überwachen.
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