Seibert: Schwere Vertrauenskrise
Berlin: (hib/WID) Die Bundesregierung hat die Snowden-Affäre im Sommer und Herbst 2013 als schwere Vertrauenskrise wahrgenommen. Dies sei damals die Hauptsorge Angela Merkels (CDU) gewesen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am späten Montag abend in seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsausschuss (NSA): „Der Bundeskanzlerin ging es wirklich nie in erster Linie um ihr Handy, sondern um ganz grundsätzliche Fragen.“ Weiteren Vertrauensverlust zu vermeiden, Vertrauen zurückzugewinnen, wo es gestört gewesen sei, das habe aus Sicht der Regierung für das Verhältnis zum wichtigsten Bündnispartner USA gegolten, aber auch zu den Bürgern in Deutschland, die sich zu Recht gefragt hätten, ob hierzulande noch deutsche Gesetze zu befolgen seien, und wie gegebenenfalls mit ihren eigenen Daten umgegangen werde.
Seibert mochte sich auf einen Vorhalt des Abgeordneten Konstantin von Notz (Grüne) hin nicht eindeutig zu der Frage äußern, ob er womöglich der Urheber des mittlerweile geflügelten Kanzlerinnen-Wortes war: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“ Er wies darauf hin, dass Merkel „ja keinen Souffleur“ brauche. Sie habe mit diesem Satz, den sie im Sommer und Herbst 2013 mehrfach aussprach, ihre „sehr tiefe eigene Überzeugung formuliert“. Nachdem mittlerweile die Spitzelaktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) ins Rampenlicht gerückt sind, sei ja auch klar, wie anspruchsvoll der Satz im Grunde sei. Er stehe weiterhin zu Merkels damaliger Festlegung, meinte Seibert, die er in mehreren Pressekonferenzen ja auch selber „variiert“ habe.
Tatsächlich war Seibert wohl der Erste gewesen, der die Formulierung überhaupt benutzt hatte, und zwar in der Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2013. Damals war es um die Frage gegangen, ob die amerikanische National Security Agency (NSA) Botschaften europäischer Länder und EU-Einrichtungen abgehört hatte. Wenn sich das bestätige, „dann müssen wir ganz klar sagen: Abhören von Freunden ist inakzeptabel. Das geht gar nicht“, hatte dazu der Kommentar des Regierungssprechers gelautet. Erst knapp drei Wochen später, am 19. Juli 2013, hatte sich Merkel erstmals ähnlich eingelassen mit den Worten, „dass man das unter Freunden nicht macht. Das geht nicht.“
Seibert wies darauf hin, dass die Kanzlerin gegenseitige Spitzelaktivitäten befreundeter Staaten nicht zuletzt für eine „totale Verschwendung von Zeit und Energie“ gehalten habe. Zur Klärung des Ursprungs der berühmten Formulierung, die den Ausschuss über zahlreiche Sitzungen hinweg immer wieder beschäftigt hat, vermochte er im übrigen nichts beizutragen: „Ich kann mich wirklich nicht erinnern, wie es zu diesem Satz kam.“ Sollte er ihn tatsächlich als Erster ausgesprochen haben, so hätte er damit schlicht das „originäre Gefühl“ der Kanzlerin in Worte gefasst sowie das „Leitbild unserer Politik“ in der Snowden-Affäre.
Vordringliches Anliegen sei damals die vollständige Aufklärung der Vorwürfe gegen die NSA gewesen, darüber hinaus auch das Bestreben, einen „besseren Kooperationsrahmen mit den amerikanischen Partnern“ herzustellen. Es sei darum gegangen, ein Verhältnis zu schaffen, das „stärker, als es in der Vergangenheit der Fall war, dem Status von Freunden und Partnern entspricht“. Diesem Ziel hätten im Spätsommer und Herbst 2013 Verhandlungen über einen gegenseitigen Spionageverzicht unter dem Stichwort „no spy“ gegolten. Wie mehrere ranghohe Zeugen vor ihm, äußerte sich Seibert überzeugt, die deutsche Seite habe bis Anfang 2014 Grund zu der Hoffnung gehabt, ein solches Abkommen werde zustande kommen.
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