Dobrindt: Autohersteller nicht geschont
Berlin: (hib/STU) Das Bundesverkehrsministerium weist Vorwürfe zurück, es habe nach Entdecken des VW-Skandals andere Hersteller geschont. „Die sind nicht freigesprochen worden“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Donnerstagabend im Abgas-Untersuchungsausschuss. Es habe bei vielen Autos Zweifel gegeben, ob die verwendete Emissionsstrategie mit europäischen Regelungen vereinbar sei. Man habe Ihnen daher die „Aufgabe gegeben“, ihre Fahrzeuge „in einen optimierten Zustand zu bringen“
Die von eingesetzte Untersuchungskommission hatte 53 Diesel-Modelle untersucht, um herauszufinden, ob auch andere Autoproduzenten wie VW unzulässige Einrichtungen zum Abschalten der Abgasreinigung verwenden. Die Kommission teilte die Autos dann in drei Gruppen ein. In Gruppe eins kamen Fahrzeuge, die keine Abschalteinrichtung nutzen oder deren Verwendung schlüssig erklären konnten. Gruppe drei umfasste die Autos aus dem VW-Konzern, die wegen der verbotenen Software umgerüstet werden sollten. In der Gruppe zwei sortierte man jene Autos ein, bei denen die Kommission nach Feststellung hoher Stickoxidwerte am Ende Zweifel hatte, ob die entsprechende Software noch legal ist und gänzlich mit dem Schutz des Motors begründet werden kann. Diese Hersteller nutzten sogenannte Thermofenster, außerhalb derer die Abgasreinigung abgeriegelt wird. Sie erklärten sich freiwillig zu „Serviceaktionen“ bereit. Die Nachrüstung betraf rund 630.000 Autos von Audi, Mercedes, Opel, Porsche und Volkswagen.
Ein Sonderfall stellt Fiat dar. Dort sah die Kommission die Verwendung einer illegalen Abschalteinrichtung als gegeben an und bat den Hersteller zum Gespräch. Bei einem ersten Treffen zeigte sich der Fiat-Vertreter laut Dobrindt ahnungslos, ein zweites Treffen ließ Fiat platzen mit dem Hinweis, die Kommission sei nicht zuständig, sondern die italienische Typgenehmigungsbehörde. Auch weist Italien die Vorwürfe zurück. Das Vorgehen sei vollkommen unangemessen, schließlich befänden sich diese Fahrzeuge im deutschen Markt, sagte Dobrindt. Der Streit ist nicht entschieden, er befindet sich in einem Mediationsverfahren, bei dem die EU-Kommission vermittelt. Dobrindt mahnte, die EU dürfe nicht nur moderieren, sondern sollte eine Schiedsrichterrolle einnehmen.
In seiner viereinhalbstündigen Befragung betonte der Minister, er habe am 19. September 2015 erst aus den Medien von der Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen durch VW erfahren und umgehend gehandelt. Am 21. September habe er sich in München mit VW-Chef Martin Winterkorn und dem Präsidenten des Kraftfahrt-Bundesamtes, Ekhard Zinke, getroffen. Am selben Tag habe er die Einsetzung der Untersuchungskommission entschieden, die einen Tag später erstmals und bislang 70 mal tagte. Dass die Kommission nur mit Vertretern des Ministeriums und des KBA unter Hinzuziehung eines externen Sachverständigen bestückt war, erklärte Dobrindt damit, dass die Aufklärung schnell erfolgen sollte. Auch sei beim KBA die Fachkenntnis vorhanden, zudem sei sein Haus politisch verantwortlich.
Erneut kritisierte Dobrindt die EU-Verordnung 715 von 2007, die Abschalteinrichtungen verbietet, aber Ausnahmen erlaubt. Die unklare Regelung sei ein „Scheunentor für Missbrauch“. Wann die Untersuchungskommission ihren Bericht zu den CO2-Messungen vorlegt, ließ der Minister offen. Die Untersuchungen dauerten an. Der Report zu den Stickoxidwerten wurde bereits am 22. April 2016 publik gemacht.
Die Fraktionen bewerteten die Aussagen des Ministers gegensätzlich. Eine Skandalisierung des Verhaltens der Bundesregierung sei definitiv nicht zu erkennen, sagte der Obmann von CDU/CSU, Ulrich Lange. „Es gibt kein Versagen der Bundesregierung oder staatlicher Stellen“, sagte der CSU-Politiker. Es handele sich um einen VW-Skandal. Es stellten sich weiter Fragen zur Verantwortung des VW-Aufsichtsrates. SPD-Obfrau Kirsten Lühmann betonte, die Abweichungen der realen von den Laborwerten seien lange bekannt, aber mit der Entwicklung von Regelungen für Straßentests habe man auf europäischer Ebene etwas getan. Bei den Sanktionen könne man aber künftig weiter gehen als der von Dobrindt genannte Entzug der Typgenehmigung.
Unzufrieden zeigte sich die Opposition nach Dobrindts Vernehmung. Der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Linke) monierte, es habe keinen Erkenntnisfortschritt gegeben. Die Antworten des Ministers blieben zum Teil hinter dem zurück, was man ohnehin wusste. Wichtige Fragen seien weiter offen und müssten im Abschlussbericht benannt werden. Grünen-Obmann Oliver Krischer sah den Vorwurf seiner Fraktion erhärtet, dass Staatsversagen den Skandal begünstigt habe. „Das Problem ist konsequent ignoriert worden“, kritisierte Krischer.
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