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08.03.2017 Finanzen — Anhörung — hib 143/2017

Einfachere Produktblätter zumeist begrüßt

Berlin: (hib/HLE) Wertpapierexperten haben die Absicht der Koalition, mit vereinfachten Produktinformationsblättern die Aktienkultur in Deutschland zu fördern, überwiegend positiv beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch zu dem von der Bundesregierung eingebrachten „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte“ (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 18/10936) begrüßte das Deutsche Aktieninstitut den als Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vorliegenden Vorschlag der Koalition, ein standardisiertes Produktinformationsblatt einzuführen. Dieses könne es kleinen Banken erleichtern, wieder in Einzelaktien zu beraten. „Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zur Aktienkultur in Deutschland“, so das Institut. Auch Professorin Dörte Poelzig (Universität Passau) begrüßte den Vorschlag grundsätzlich, „da die Schutzbedürftigkeit der Privatanleger bei der Anlageberatung zu Aktien, die an einem organisierten Markt gehandelt werden, im Vergleich zu anderen Finanzinstrumenten geringer ist“. Das Informationsbedürfnis der Anleger beschränke sich im Wesentlichen auf Risiken, Chancen und Rechte, die allgemein mit Aktien und nicht mit dem konkret empfohlenen Einzelwert verbunden seien.

Dagegen steht die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz einem „Gattungs-Produktinformationsblatt“ „eher kritisch“ gegenüber, da nur allgemeine Informationen gegeben würden und auf die spezifischen Merkmale einer Aktie nicht eingegangen werde. Die Schutzvereinigung schlug die Einrichtung eines elektronischen Registers mit Produktinformationsblättern vor, so dass auch selbst entscheidende Anleger jederzeit die gewünschten Informationen zu den verschiedensten Finanzprodukten an einem einzigen Ort abrufen könnten.

Auch ein anderes Ziel des Gesetzentwurfs, das bisherige Beratungsprotokoll für Anleger durch eine Geeignetheitserklärung zu ersetzen, wurde unterschiedlich beurteilt. In der Erklärung muss erläutert werden, wie die Beratung auf Präferenzen, Anlageziele und andere Merkmale des Kunden abgestimmt wurde. Die bisherigen Beratungsprotokolle seien eher hinderlich gewesen und hätten zudem dazu geführt, dass sich die Beweissituation von fehlerhaft beratenen Anlegern verschlechtert habe, so die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Rechtsanwalt Peter Mattil erklärte: „Die Aufgabe des Beratungsprotokolls halten wir für falsch.“ Wenn der Kunde vom Unternehmen informiert werde, dass die empfohlene Anlage für ihn geeignet sei, „wird er beruhigt sein und keinen Anlass sehen, den genauen Inhalt der Geeignetheitserklärung zu prüfen“. Und der Berater werde dazu verleitet, die Angaben des Kunden im Beratungsgespräch und dessen Ablauf in der für ihn günstigen Weise darzustellen, betonte Mattil, der auch die Aufzeichnung von Telefongesprächen durch die Berater als „unpraktikabel“ ablehnte. Dagegen stellte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, fest, mit der Regelung zur Sprachaufzeichnung „können wir leben“. Die Sprachaufzeichnungspflicht beginnt, wenn das Gespräch auf relevante Sachverhalte kommt.

Der Bundesverband Deutscher Vermögensberater begrüßte die Geeignetheitserklärung wiederum, die zu einer „nicht minder wertvollen Dokumentation für die Anleger“ führe. „Wir sind daher optimistisch, dass mit diesem Wechsel das flächendeckende Angebot der Anlageberatung gestärkt wird und damit auch ein Mehrwert für den Anlegerschutz erreicht werden kann“, so die Organisation. Die deutsche Kreditwirtschaft regte in ihrer Stellungnahme mehrere Änderungen im Zusammenhang mit der Geeignetheitserklärung an.

Der Fondsverband BVI schlug unter anderem vor, Fondsanteile aus der Bemessungsgrundlage für die Umlage für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) herauszunehmen, da ein Großteil der damit abzudeckenden Aufsichtspflichten bei Fondsanteilen nicht anfalle. Die BaFin finanziert sich durch diese Umlage, die von den beaufsichtigten Firmen aufgebracht werden muss. In Deutschland ansässige Unternehmen würden benachteiligt, da die Bestimmung auf in Deutschland vertriebene Fonds aus dem EU-Ausland keine Anwendung finde, so der Fondsverband, der auch Änderungen bei den Anlegerinformationen anregte. Mehrere nebeneinander bestehende Informationspflichten würden sonst zu widersprüchlichen Anlegerinformationen führen, „die den Verbraucherschutz nicht steigern, sondern im Gegenteil reduzieren“.

Grundsätzliche Änderungen verlangte die Verbraucherzentrale (Bundesverband) und empfahl, innerhalb von fünf Jahren eine Abkehr von der Provisionsberatung vorzunehmen. Der Ausstieg aus der heute üblichen Provisionsberatung sei mit Blick auf die Schäden für Verbraucher und die resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden unausweichlich. Die Übergangsfrist gebe den Filialbanken Zeit, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von Provisionserlösen zu verringern „und gesamtgesellschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln“. Der Versuch, die unabhängige Beratung durch das „Honoraranlageberatergesetz“ zu stärken, sei eine „Totgeburt“ gewesen. Das Gesetz habe keine Alternativen am Markt etabliert. Mattil schilderte in seiner Stellungnahme einen Fall, in dem von einer Investitionssumme von 50.000 Euro direkt 10.000 Euro als Provision abgezogen worden seien. Bei Schiffsfonds oder Medienfonds lägen ihm Nachweise über Provisionen von 25 Prozent vor, so der Anwalt.

Ein anderer Aspekt des Gesetzes, durch Beschränkungen bei Derivaten die Spekulationen mit Nahrungsmitteln zu begrenzen, stieß auf Kritik. Die Organisation „Brot für die Welt“ bezeichnete die vorgesehenen Maßnahmen als nicht ausreichend, um diese Spekulationen zu begrenzen.

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