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21.03.2017 Recht und Verbraucherschutz — Anhörung — hib 174/2017

Fußfessel für Terrorunterstützer umstritten

Berlin: (hib/PST) Die Pläne der Großen Koalition, die sogenannte Elektronische Fußfessel vermehrt bei Haftentlassenen einzusetzen, denen terroristische Taten zugetraut werden, stoßen bei Fachleuten auf ein geteiltes Echo. Dies zeigte eine öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses am Montag zu einem Gesetzentwurf (18/11162) der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur „Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern“.

Bisher kommt die „elektronische Aufenthaltsüberwachung“ nur bei Personen infrage, die wegen Terrorakten verurteilt worden waren und nach ihrer Haftentlassung weiterhin als gefährlich eingestuft werden. Nach dem Gesetzentwurf soll sie auch bei Haftentlassenen möglich sein, die wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Terrorismusfinanzierung, des Unterstützens einer in- oder ausländischen terroristischen Vereinigung sowie des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer einer in- oder ausländischen terroristischen Vereinigung verurteilt waren. Bei einem Teil dieser Delikte soll auch die Sicherheitsverwahrung verhängt werden können.

Karl Greven vom Hessischen Justizministerium begrüßte den Gesetzentwurf. Er ist zuständig für die gemeinsame Einrichtung der Länder in Bad Vilbel zur Überwachung der Träger elektronischer Fußfesseln. Diese seien ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, der aber gerechtfertigt sei, wenn eine erhebliche Gefährdung potentieller Opfer durch neue Delikte bestehe. Dies werde sorgfältig geprüft. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern seien die Zahlen, in denen die Fußfessel in Deutschland zum Einsatz komme, „fast verschwindend“.

Ganz anders bewertete Jörg Kinzig, Direktor des Kriminologischen Instituts der Universität Tübingen, den Gesetzentwurf. Die Überwachung von Verbotszonen, bei deren Betreten Alarm ausgelöst wird, bringe wenig, da ein entschlossener Terrorist leicht auf andere Ziele ausweichen könne. Und selbst wenn ein Alarm ausgelöst würde, käme die Polizei wahrscheinlich zu spät, meinte Kinzig. Insofern unterschieden sich Terroristen von Sexualstraftätern, für die die Elektronische Fußfessel zunächst gedacht gewesen sei. Er sehe jedenfalls keinen Sicherheitsgewinn, der die Nachteile aufwiege.

Der Berliner Rechtsanwalt Stefan König, Mitglied im Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins, stimmte Kinzig zu. Er kritisierte die Ausweitung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auf Verurteilte wegen Delikten, die „weit in die Vorbereitungsstraftaten hineinreichen“. Es werde unterschätzt, wie tief das Tragen einer Fußfessel in die Persönlichkeitsrechte eingreift. Da sie für Dritte nicht immer zu verbergen sei, bedeute sie eine Stigmatisierung.

Der in der Bewährungshilfe tätige Münchener Richter Andreas Maltry verwies darauf, dass in der Rechtspraxis „sehr besonnen und zurückhaltend“ von der elektronischen Aufenthaltsüberwachung Gebrauch gemacht werde. Sie sei „nur eine in einem Bündel von Maßnahmen zur Führungsaufsicht“. Das Entdeckungsrisiko könne durchaus einen Teil der potentiellen Täter von einer Tat abhalten, denn nicht jeder sei zu allem entschlossen. Angesichts der derzeitigen terroristischen Bedrohung sei „die maßvolle Ausweitung zu begrüßen“.

Für und Wider äußerte der Rostocker Richter Dirk Manzewski, Behördenleiter des Landesamtes für ambulante Straffälligenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern. Bei einem Teil der extremistischen Täter könne das Instrument helfen, urteilte er, aber man solle „bei den hier genannten Tätergruppen nicht zu hohe Erwartungen an die Wirksamkeit stellen“. Grundsätzlich seien seine Erfahrungen mit der Fußfessel positiv, berichtete Manzewski. Von 18 Probanden in seinem Verantwortungsbereich sei ein einziger rückfällig geworden. Er sei „der festen Überzeugung, dass die Fußfessel bei uns Straftaten verhindert hat“, auch wenn sich das natürlich nicht belegen lasse. Skeptisch beurteilte er allerdings die Verhängung von Verbotszonen, die ein potentieller Terrorist nicht betreten darf. Dazu gebe es in Städten zu vielfältige potentielle Anschlagsziele.

Der Bremer Strafverteidiger Helmut Pollähne kritisierte die Bundesregierung dafür, dass sie eine vom Bundesjustizministerium selbst in Auftrag gegebene Studie ignoriert habe. Diese habe sich einerseits gegen eine Ausweitung des Einsatzbereichs von Fußfesseln ausgesprochen und andererseits für den bereits geltenden Einsatzbereich strengere Verfahrensregeln gefordert. Als die Fußfessel vor sechs Jahren eingeführt worden sei, sei dies für „ganz wenige Fälle“ geschehen. Damals schon sei vor einem Dammbruch gewarnt worden, und der geschehe mit diesem Gesetzentwurf. Ein „starkes Stück“ sei die darin ebenfalls vorgesehene Ausweitung der Sicherungsverwahrung. Auf diesem Aspekt gingen die anderen Teilnehmer der Anhörung nicht weiter ein.

Die Münchener Richterin Barbara Stockinger, Präsidiumsmitglied des Deutschen Richterbunds, hob hervor, dass die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes der Fußfessel immer vom Richter geprüft werden müsse. Deshalb werde es „nur sehr wenige Fälle“ geben, in denen die Neuregelung zur Anwendung kommt. Es sei aber gut, dass die Richter ein weiteres Instrument in die Hand bekämen, um „auf solche Täter zu reagieren“. Wer wegen Taten im Vorfeld des Terrorismus verurteilt war, gehöre in der Regel „gerade nicht zu den zu allem entschlossenen Tätern“. Deshalb könne sich die Fußfessel bei dieser Tätergruppe als wirksam erweisen, urteilte Stockinger.

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