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24.04.2017 Haushalt — Anhörung — hib 259/2017

Modernisierung der Haushaltsregeln

Berlin: (hib/SCR) Ein Vorstoß der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Reform der Haushaltsregeln und Vermögensaufstellung des Bundesvermögens ist bei Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses am Montag auf ein geteiltes, in der Tendenz skeptisches Echo gestoßen. In einem Antrag (18/11188) fordern die Grünen, dass das Bundesvermögen künftig in Anlehnung an die kaufmännische Bilanzierung dargestellt werden soll. Damit wollen die Grünen den „Verschleiß der öffentlichen Infrastruktur“ transparent machen. Dies soll mit einer neuen Investitionsregel einhergehen. Abschreibungen auf das Vermögen sollen demnach mindestens durch Neuinvestitionen ersetzt werden. Zudem setzt sich die Fraktion dafür ein, auch Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) bei der Anwendung der Schuldenbremse zu berücksichtigen. Es entstünde dadurch eine „Schattenverschuldung“, kritisieren die Grünen.

Friedrich Heinemann (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim) griff die Prämissen des Antrags kritisch auf. So sei die damit vorausgesetzte „Vermögenskonstanz“ des Staates keineswegs zwingend, sondern abhängig von den jeweiligen Umständen. Zudem sei die Sichtweise, dass Investitionen Schlüssel zu mehr Wachstum seien, „sehr verengt“. Weiterhin sei die Definition von Investition als „wachstumsorientierte Ausgabenkategorie“ schwierig.

Auch Mark Hallerberg (Hertie School of Governance) betonte, dass die Definition von Investitionen grundsätzlich problematisch sei. Zudem habe die bis 2009 im Grundgesetz verankerte „Bruttoverschuldungsregel“ (Art. 115 Grundgesetz alte Fassung) schon nicht funktioniert und zu regelmäßig steigenden Schulden geführt. Eine Fiskalregel, wie von den Grünen vorgeschlagen, sei daher unnötig.

Für den Bundesrechnungshof führte Dieter Hugo Bedenken gegenüber der Investitionsregel an. Neben der praktischen Handhabung - Hugo stellte ebenfalls auf das Definitionsproblem ab - kritisierte der BRH-Vertreter die vorgeschlagene Regelung in Hinblick auf die Budget-Hoheit des Parlaments und mit Verweis auf die bisheriger Praxis, nach der Ausgaben nicht priorisiert würden.

Für eine Investitionsregel im Sinne der Grünen sprach sich Michael Thöne (Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln) aus. Er argumentierte, dass Investitionen in der Politik „strukturell benachteiligt“ seien. Es bestehe aber Handlungsbedarf, eine Investitionsregel sei daher zumindest zum „Nettovermögenserhalt“ sinnvoll. Die aktuellen Indikatoren der Haushaltspolitik - einerseits Budgetsaldo, andererseits die Tragfähigkeitsberichterstattung - seien beide gut, aber „investitionsblind“. Die Diskussionen über Investitionsbedarfe werde darin „systematisch nicht abgebildet“, kritisierte Thöne.

Neben der ebenfalls kontrovers diskutierten Frage, ob und wie das Bundesvermögen kaufmännisch bilanziert und bewertet werden könne, diskutierten die Sachverständigen zudem über ÖPP-Projekte.

Grundsätzliche Kritik an ÖPP-Projekten übte Carl Friedrich Waßmuth (Gemeingut in BürgerInnenhand e.V.). ÖPP sei Teil einer Kette, die durch die Schuldenbremse („wichtigster Privatisierungstreiber“) ausgelöst werde, an deren Ende mangelnde staatliche Kontrolle und möglicherweise kaputte Infrastruktur stehe. Diese „Privatisierungsform“ sollte entsprechend zurückgedrängt und langfristig gänzlich abgeschafft werden, forderte Waßmuth in seiner schriftlichen Stellungnahme.

Tanja Kessel (Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig) wiederum betonte, dass es sich bei ÖPP eben nicht um ein Finanzierungsmodell handle, sondern um ein Beschaffungsmodell. Maßgeblich sei bei ÖPP-Projekten, ob sie im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorteilhafter seien als etwa die kommunale Beschaffung - und nicht die Haushaltsgestaltung. Der möglichen Verschleierung öffentlicher Verschuldung durch ÖPP würden einerseits durch die Schuldenbremse, andererseits - sogar weitergehender - durch Vorgaben des Europäischen Fiskalpakts Grenzen gesetzt, führte Kessel in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus.

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