Grünes Licht für Istanbul-Konvention
Berlin: (hib/AW) Der Familienausschuss hat der geplanten Ratifizierung der sogenannten Istanbul-Konvention zugestimmt. Der Ausschuss verabschiedete am Mittwoch einstimmig den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (18/12037). Alle Fraktionen begrüßten die Ratifizierung der Konvention, die Deutschland am 11. Mai 2011 zusammen mit zwölf weiteren Mitgliedstaaten des Europarates unterzeichnet hatte, ausdrücklich. Bis heute haben insgesamt 43 Staaten das Übereinkommen unterzeichnet und 23 haben es ratifiziert. Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen bezeichneten die Ratifizierung als überfällig. Es sei „peinlich“, dass Deutschland die Konvention erst als 24. Staat ratifiziere. CDU/CSU und SPD verwiesen darauf, dass die Koalition gründlich gearbeitet habe. So habe man mit der Reform des Sexualstrafrechts und der Verankerung des Grundsatzes „Nein heißt Nein“ die nötige rechtliche Voraussetzung für eine Ratifizierung geschaffen.
Die Istanbul-Konvention ist der erste völkerrechtliche Vertrag, dem europäische Staaten beitreten können, mit dem umfassende und spezifische Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie zum Schutz der Opfer formuliert wurden. Sie sieht vor, dass die Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen und Rechtssystem der Unterzeichnerstaaten verankert werden muss und alle diskriminierenden Vorschriften abzuschaffen sind. Unter anderem sieht sie eine Rechtsberatung, psychologische Betreuung, finanzielle Beratung und den Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten zum Beispiel in Frauenhäusern vor. Zudem verpflichten sich die Vertragsstaaten, gegen alle Formen körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt, gegen Zwangsheirat, Genitalverstümmelung, Zwangsabtreibung und Zwangssterilisation vorzugehen.
Linke und Grüne forderten die Bundesregierung auf, ihren Vorbehalt gegen Artikel 59 der Istanbul-Konvention zurückzuziehen, um geflüchteten oder migrierten Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind oder als Zeuginnen in Strafverfahren aussagen, ein sofortiges eigenständiges Aufenthaltsrecht zu ermöglichen. Die beiden Oppositionsfraktionen bemängelten zudem die nicht ausreichende Finanzierung von Frauenhäusern in Deutschland. Hier müsse sich der Bund stärker engagieren. Union und SPD hielten dagegen, dass die Finanzierung der Frauenhäuser Aufgabe der Länder und Kommen sei. Einen Antrag, in dem die Linksfraktion einen Rechtsanspruch auf sofortige umfassende Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder sowie eine dauerhafte Finanzierung der Frauenhäuser fordert (18/7540), wurde vom Familienausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Linken und Grünen abgelehnt.
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