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01.06.2017 Inneres — Unterrichtung — hib 355/2017

Bewertung des PKGr zum Fall Amri

Berlin: (hib/STO) Eine „erläuternde Sachverhaltsdarstellung zur öffentlichen Bewertung des Parlamentarischen Kontrollgremiums“ (PKGr) vom 29. März dieses Jahres zum Fall des Attentäters Anis Amri, bei dessen Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 zwölf Menschen ums Leben kamen, liegt als Unterrichtung (18/12585) durch das Gremium vor. Sie befasst sich unter anderem mit den Aktivitäten Amris in Deutschland, der Gefährdungsbewertung im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) sowie mit „Kenntnislage und Tätigwerden“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes (BND). Daneben beinhaltet sie auch die Sondervoten der Abgeordneten André Hahn (Die Linke) und Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) sowie als Anlage die öffentliche Bewertung des PKGr vom 29. März zum Bericht seines Ständigen Bevollmächtigten.

Dieser sollte laut Vorlage im Auftrag des Gremiums die Tätigkeit des BfV und des BND einschließlich der Zusammenarbeit mit weiteren Behörden im GTAZ im Zusammenhang mit dem Fall Amri untersuchen. Am 29. März legte er dem PKGr seinen Bericht vor, auf dessen Grundlage das Gremium zu seiner Bewertung kam.

Danach wurde „aufgrund der polizeilich etablierten Betrachtung der Gefährdungshinweise“ die von Amri ausgehende Gefahr falsch eingeschätzt. Amri als sehr gefährlich einzuschätzen, sei „auf Basis der vielfältigen vorliegenden Informationen zwingend“ gewesen. Um so unverständlicher sei, „dass seine Handlungsspielräume, insbesondere nach Einstellung der Überwachungsmaßnahmen ab dem 21. September 2016, nicht konsequenter eingeschränkt wurden“.

Ferner stellte das PKGr in seiner Bewertung fest, dass das System der Gefährdungsbewertung zur Wahrscheinlichkeit einzelner Anschlagshinweise zu kurz greife und weiterentwickelt werden müsse. Die persönliche Gefährlichkeit des Verdächtigen müsse systematisiert bewertet und in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden. Ein einheitliches Vorgehen bei der Behandlung von Gefährdern sei notwendig, „also die koordinierende Steuerung von Informationen und Maßnahmen“. Zugleich bedürfe es bundesweit einheitlicher Instrumente für den Umgang mit Gefährdern.

Eine solche einheitliche Behandlung von Gefährdern werde auch eine engere Einbindung von Justiz und Ausländerbehörden erfordern, heißt es in den Feststellungen des PKGr unter anderem weiter. In diesem Zusammenhang sei es notwendig, regelmäßig bei Gefährdern eine Bündelung sämtlicher Verfahren bei einer Staatsanwaltschaft zu prüfen. Die derzeitigen Mechanismen der Information der kommunalen Ausländerbehörden über Gefährder und die entsprechenden Zusammenarbeitsformen mit den Sicherheitsbehörden für die gegenwärtige Gefährdungslage seien nicht ausreichend. Zudem sei der BND bei Auslandsbezügen in derartigen Sachverhalten stärker einzubinden.

Wie aus der Unterrichtung ferner hervorgeht, heißt es in Ströbeles Sondervotum vom 18. April 2017 unter anderem, der Anschlag Amris „hätte nicht nur verhindert werden können, sondern hätte auch verhindert werden müssen“, doch hätten die Sicherheitsbehörden versagt. Verantwortlich für das „Versagen der Bundesbehörden“ sei die Bundesregierung. Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt (BKA) hätten „ihre Aufgaben und Pflichten zur Verhinderung und Verfolgung terroristischer Straftaten nicht erfüllt, als sie die Übernahme des Falles Amri in federführender Zuständigkeit ablehnten“. Die Sicherheitsbehörden in Bund und den betroffenen Ländern hätten bis zum Anschlag gewusst, dass Amri äußerst gefährlich war. „Nicht gehandelt zur Gefahrenabwehr“ hätten BKA, BfV sowie die Landeskriminalämter und Landesbehörden für Verfassungsschutz in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Das „Totalversagen der Sicherheitsbehörden“ erinnere „an das beim NSU“.

Hahn führt der Vorlage zufolge in seinem Sondervotum vom 31. Mai aus, dass der vom Ständigen Bevollmächtigten vorgelegte Bericht „unvollständig und daher nur bedingt beziehungsweise gar nicht geeignet“ sei, die Vorgänge um den Anschlag umfassend aufzuklären. Das liege insbesondere daran, dass dem PKGr von den Behörden in Nordrhein-Westfalen „so gut wie keine Unterlagen übergeben“ worden seien. Auch suggeriere der Bericht, dass die zuständigen Behörden fast alles richtig gemacht hätten, was aber offenkundig nicht der Fall gewesen sei. Es habe „schwere Pannen, Versäumnisse und Fehlentscheidungen“ gegeben, „die in dem Bericht und auch in der Bewertung des Kontrollgremiums nur unzureichend oder gar nicht zur Sprache kommen“, heißt es unter anderem in dem Sondervotum Hahns, der sich darin den Kernaussagen Ströbeles anschließt.

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