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22.06.2017 Menschenrechte — Anhörung — hib 392/2017

Disput um Zwei-Staaten-Lösung

Berlin: (hib/HLE) Die Lage der Menschenrechte in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten wird von Experten kontrovers beurteilt. In einer Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwoch entzündete sich die Diskussion der Experten vor allem an der Frage der Zwei-Staaten-Lösung sowie an der Blockade des Gazastreifens und der Lage in den israelisch besetzten Gebieten im Westjordanland. „Das Gros der Menschenrechtsverletzungen gibt es in den palästinensischen Gebieten und resultiert in der auf Dauer angelegten militärischen Besatzung“, sagte Muriel Asseburg (Stiftung Wissenschaft und Politik). Israel verletzte hier etwa durch Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Anwendung der Militärjustiz für Palästinenser, der häufigen Verhängung von Administrativhaft und der Zerstörung von Häusern bürgerliche, wirtschaftliche und soziale Rechte. Ein weiterer Grund für Menschenrechtsverletzungen sei die innerpalästinensische Spaltung von Fatah und Hamas. Weder im Westjordanland, noch im Gaza-Streifen hätten die Regierungen politische Legitimation, in beiden Gebieten gebe es keine Gewaltenteilung, sagte Asseburg.

Michael Borchard, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel, erinnerte daran, dass Israel als einziger Demokratie in der Region bei Pluralität, Meinungs- und Redefreiheit, Wahlrecht regelmäßig ein „gutes bis sehr gutes Zeugnis“ ausgestellt werde. Allerdings lasse sich dieser „hohe Grundrechtsstandard“ nur halten, wenn Israel auf die Zwei-Staaten-Lösung als „einzig gangbare Lösung“ setze. Borchard warb dafür, dass die internationale Gemeinschaft Israel bei diesem Ziel weiter unterstützen solle: „Jedes Zaudern und Zögern“ werde im äußerst rechten politischen Spektrum in Israel instrumentalisiert. Borchard bekräftigte, dass es nach wie vor in Umfragen eine Mehrheit für die Zwei-Staaten-Lösung gebe, dass Misstrauen auf beiden Seiten aber groß sei.

Jeff Halper (Israeli Commitee Against House Demolitions, ICAHD) hingegen sagte, dass die Zwei-Staaten-Lösung längst „vom Tisch“ sei. Es gebe heute de facto ein Land zwischen Mittelmeer und Jordan mit einer Armee, einer Währung und einer Regierung. 800.000 Israelis lebten heute in „besetzten Gebieten“. Offiziell nenne Israel diese Siedlungen im Westjordanland „umstrittene“ oder „verwaltete Territorien“ und leugne damit, „dass es eine Besatzungsmacht“ sei. Halper kritisierte, dass Israel mit der faktischen Verabschiedung der Zwei-Staaten-Lösung auf dem Weg in die „Apartheid“ sei. Er forderte, dass die internationale Gemeinschaft Israel auf einem Weg zu einem „multikulturellen Staat“ unterstützen solle: „Einen jüdischen Staat kann man nicht haben, wenn man keine Zwei-Staaten-Lösung will.“

In genau diesem Punkt widersprach Kerstin Müller (Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv) vehement: Wer einen „multikulturellen Staat“ Israel fordere, verabschiede sich von Gründungsidee und Anspruch eines jüdischen, demokratischen Staates. Das Land sei eine stabile Demokratie mit einer „sehr, sehr lebendigen Zivilgesellschaft“, einer bunten Medienlandschaft, einer funktionierenden Justiz mit einem „Supreme Court“ als „Leuchtturm“. Als „Stachel im Fleisch“ und „harte Bewährungsprobe für den Kernstaat“ Israel bezeichnete Müller die „Besatzung der Westbank“, die unter anderem zur Folge habe, dass für jüdische Siedler ziviles Recht, für die dort lebenden knapp drei Millionen Palästinenser hingegen Militärrecht gelte. Müller wandte sich allerdings gegen die Vorstellung, dass ein Ende der Besatzung von heute auf morgen möglich sei, wenn Israel das nur wolle. „Der israelisch-palästinensische Konflikt ist eine Geschichte der verpassten Möglichkeiten“ auf beiden Seiten.

Auch Jonathan Heuberger, Rechtsanwalt und Experte für Völkerrecht und Völkerstrafrecht, warb dafür, an der Zwei-Staaten-Lösung festzuhalten und betonte, dass auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, sich in den vergangenen Jahren mehrfach zu dieser bekannt habe. Alternativen zu dieser Lösung würden den „Charakter Israels als demokratischer, jüdischer Staat“ unterminieren. Heuberger ging unter anderem auf ein umstrittenes Gesetz ein, das Arbeit und Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Israel regelt und über das unter dem Gesichtspunkt einer Einschränkung der Zivilgesellschaft auch im Ausland diskutiert wurde. Bei aller Kritik daran stelle sich in der Tat die Frage, inwieweit es sich noch um Nichtregierungsorganisationen handle, wenn diese mehr als 50 Prozent ihrer Finanzierung von ausländischen staatlichen Stellen erhielten. Heuberger hob dabei hervor, dass es in Israel - „Insel der Stabilität, der Sicherheit und der Demokratie“- mehr NGOS gebe als im gesamten Nahen Osten.

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