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28.06.2017 Sport — Ausschuss — hib 410/2017

Anabolika-Doping in Westdeutschland

Berlin: (hib/HAU) Beim Doping mit anabolen-androgenen Stereoiden (Anabolika) in der westdeutschen Leichtathletik der 1960er, 1970er und 1980er Jahre haben neben den Athleten selber auch Mediziner, Trainer, Sportfunktionäre und Sportpolitiker mitgewirkt. Das sagte der Pharmakologe Simon Krivec, Autor der Studie: „Die Anwendung von anabolen-androgenen Steroiden im Leistungssport der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1960 bis 1988 unter besonderer Berücksichtigung der Leichtathletik“ am Mittwoch vor dem Sportausschuss. Krivec hatte für seine Dissertation 112 ehemalige Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) kontaktiert. Von den 61 Sportlern die geantwortet hatten, hätten 31 ihm gegenüber die Einnahme von Anabolika zugegeben, sagte der Wissenschaftler vor dem Ausschuss.

Seinerzeit sei ein geringes Problembewusstsein der Spitzensportverbände, aber auch des Bundestags-Sportausschusses zu konstatieren gewesen, sagte Krivec. Spätestens nach den Olympischen Spielen in Montreal 1976 und der aufgekommenen Diskussion um Manipulationsmethoden zur Leistungssteigerung könne aber ein Wissen um den Einsatz von Anabolika im westdeutschen Sport von den handelnden Personen nicht mehr geleugnet werden, sagte er. Beim DLV habe man aber erst Anfang der 1990er Jahre nach dem Fall der Sprinterin Katrin Krabbe damit begonnen, dass vorhandene Dopingregelwerk auch anzuwenden.

Zu den von Krivec befragten ehemaligen Top-Athleten gehört auch der ehemalige Diskuswerfer Klaus-Peter Hennig, mehrfacher Deutscher Meister und Olympiateilnehmer 1968 und 1972. Hennig, der die Einnahme von Anabolika einräumt, sagte vor den Abgeordneten, mit Blick auf die Olympischen Spiele 1972 in München hätten Sportpolitik, Verbandsfunktionäre und Sportmediziner ein System erschaffen, welches aktiv oder durch Duldung Doping unterstützt hat. Doping sei damit systemimmanent geworden. Die Politik und die Verbände hätten den Athleten Erfolgsvorgaben gemacht, die ohne Doping nicht erreichbar gewesen wären, schätzte Hennig ein. In diesem Dilemma steckten auch heutige Athleten, so der ehemalige Diskuswerfer. Seiner persönlichen Meinung nach seien olympische Medaillen ohne Doping nicht mehr möglich.

Alwin Wagner, fünffacher Deutscher Meister im Diskuswerfen und Teilnehmer der Olympischen Spiele in Los Angeles 1984, bestätigte Hennigs Aussagen. Seiner Ansicht nach haben die DLV-Verantwortlichen seinerzeit über den Anabolika-Einsatz Bescheid gewusst. Als er selbst 1981 via Bild-Zeitung diese Praktiken angeprangert und davon gesprochen habe, dass Werfer immer mehr Pillen schlucken müssten, um die vom DLV extra hoch angesetzten Normen für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen zu erfüllen, sei er mundtot gemacht worden, beklagte Wagner.

Krivec, Hennig und Wagner kritisierten auch die derzeitige Spitzensportförderung. Am Ende werde auch im neuen Sportförderkonzept die Medaillenchance als hartes und messbares Kriterium bei der Förderung vorrangig sein, sagte Krivec.

Dem widersprach Ole Schröder (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Vorhandene Potenziale für die Plätze eins bis acht seien nicht die einzigen Kriterien für die Förderung, sagte er. Vielmehr orientiere sich diese auch an Anti-Doping Vorkehrungen oder auch der Nachwuchsförderung der Verbände. Die Behauptung, ohne Doping könnten keine olympischen Medaillen gewonnen werden, wies Schröder zurück. Deutsche Sportler wollten und könnten zeigen, dass es auch ohne Doping möglich ist, Weltspitze zu sein.

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