Zwangsadoptionen in der DDR
Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch einstimmig beschlossen, zu einer von der „Interessengemeinschaft gestohlene Kinder der DDR“ Anfang April eingereichten Petition eine öffentliche Sachverständigenanhörung am 25. Juni 2018 durchzuführen. Die Petition fordert eine Aufarbeitung des Themas Zwangsadoptionen in der DDR. Hintergrund ist, dass seinerzeit Kinder - vielfach auch Säuglinge - von staatlichen Stellen für tot erklärt wurden (plötzlicher Kindstod), tatsächlich aber zur Adoption freigegeben wurden. In anderen Fällen wurden die Eltern durch den Druck staatlicher Stellen der DDR zur Adoption gezwungen.
Nach Ansicht der Petenten ist die Aufarbeitung von Zwangsadoption und ungeklärtem Säuglingstod in der ehemaligen DDR „bis heute nicht umfassend und vollständig erfolgt“. Die betroffenen leiblichen Eltern würden noch immer nach Antworten suchen, schreiben die Petenten. Sie fordern unter anderem die Schaffung von Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, eine „neutralen und rechtsstaatlichen Grundsätzen folgende Aufklärung“ zu betreiben. Dazu bedürfe es der Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle mit umfassenden Ermittlungsrechten.
Außerdem müssten die Aufbewahrungsfristen aller relevanten Informationen auf mindestens einhundert Jahre verlängert werden. Die Digitalisierung sowie die zentrale Aufbewahrung dieser Dokumente müsse bei einer zentralen noch festzulegenden Stelle erfolgen, fordern die Petenten. Sie plädieren außerdem für die Einrichtung und Ausstattung eines Fonds „Aufklärung Säuglingstod und Zwangsadoption DDR“ zur Sicherstellung der Finanzierung aller im Zusammenhang mit der vollständigen Aufklärung entstehenden Aufwendungen und Kosten. In der Petition wird des Weiteren die Einrichtung und Finanzierung von regional zuständigen hauptamtlichen Familienbetreuungscentern zur umfassenden Betreuung Betroffener insbesondere zur Unterstützung und Begleitung beim Wiederherstellen familiärer Beziehungen zwischen adoptierten Kindern und leiblichen Eltern sowie den Adoptions-Eltern gefordert.
Wie die Abgeordneten während der Sitzung ebenfalls einstimmig beschlossen, sollen zu der Anhörung auch Betroffene eingeladen werden. Außerdem sollen Historiker und Rechtsexperten gehört werden.
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