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08.06.2018 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 389/2018

„EU-Kooperation in Asylpolitik defizitär“

Berlin: (hib/wid) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“) hat eine leitende Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ein düsteres Bild der europäischen Kooperation in der Asylpolitik gezeichnet. „Es gibt nirgends eine wirklich reibungslose Zusammenarbeit“, sagte Regierungsdirektorin Birgit Gößmann in ihrer Vernehmung am Donnerstag. Die 57-jährige Verwaltungsjuristin koordiniert als Referatsleiterin die Auslandskontakte ihrer Behörde. Ihr obliegt die Betreuung der Verbindungsbeamten, die das BAMF in mittlerweile sechs Mitgliedsländern sowie in fünf weiteren Staaten außerhalb der Europäischen Union vertreten.

Mit dem Urheber des verheerenden Terroranschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz, dem Tunesier Anis Amri, habe sie ihrer Erinnerung zufolge erstmals unmittelbar nach dem Attentat im Dezember 2016 zu tun gehabt, berichtete die Zeugin. Damals habe das Bundesinnenministerium sie angewiesen, in Italien nochmals nachzufragen, was dort möglicherweise über Amri bekannt war. Der Tunesier war im Juli 2015 aus Italien kommend nach Deutschland eingereist. Den deutschen Behörden war damals unbekannt, dass Amri in Italien wegen Brandstiftung vier Jahre im Gefängnis gesessen hatte und eigentlich hätte abgeschoben werden sollen. Die Italiener hatten versäumt, seine Fingerabdrücke in das europäische Erfassungssystem Eurodac einzuspeisen.

Ein erstes Auskunftsersuchen der deutschen Seite in Italien war bereits Anfang 2016 im Sande verlaufen. Amri, der unter verschiedenen Alias-Namen unterwegs war, war in den Dateien der italienischen Behörden nicht eindeutig zu identifizieren. Auch die zweite Anfrage Ende 2016 sei erst nach längerer Zeit beantwortet worden, berichtete Gößmann. Die Auskunft habe gelautet, dass Amri in Italien kein Asylverfahren durchlaufen habe.

Italien ist neben Frankreich, den Niederlanden, Griechenland, Polen und Ungarn eines der EU-Länder, in denen das BAMF mit Kontaktbeamten vertreten ist. Die Mitarbeiterin in Rom ist einer Abteilung der dortigen Migrationsbehörde eingegliedert, die für „Dublin-Fälle“ zuständig und in Räumen des italienischen Innenministeriums untergebracht ist. Im sogenannten Dublin-Verfahren geht es darum, zu ermitteln, in welchem EU-Staat ein Asylbewerber erstmals europäischen Boden betreten hat, und ihn gegebenenfalls dorthin zurückzuführen. Allerdings seien auf italienischer Seite die Möglichkeiten einer effizienten Kooperation außerordentlich begrenzt, klagte die Zeugin: „Die Personalkapazität ist dort nicht so, dass alle Anfragen immer und sofort beantwortet werden.“

Die Italiener hätten zu verstehen gegeben, dass sie nicht in der Lage seien, mehr als zehn deutsche Vorgänge in der Woche zu bearbeiteten. Derweil blieben „zigtausende“ Bitten um Auskunft sowie Anträge, illegal aus Italien nach Deutschland eingereiste Asylbewerber zurückzunehmen, sogenannte „Übernahmeersuchen“, einfach liegen: „Die meisten Übernahmeersuchen in Italien verfristen, weil Italien nicht antwortet“, klagte die Zeugin. Sobald sechs Monate verstrichen sind, bleiben die Asylbewerber dann in Deutschland.

„Mit viel Diplomatie und gutem Willen kann man kleine Fortschritte erreichen“, sagte Gößmann. Das sei zuvörderst Aufgabe der Verbindungsbeamten vor Ort. Das Problem sei allein damit aber nicht nachhaltig zu lösen: „Wenn alles technisch und kapazitätsmäßig ausgebaut ist, müsste der Austausch funktionieren.“

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